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ALLRIS - Vorlage

Bericht der Verwaltung - DrS/2010/086

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Sachverhalt

Sachverhalt:

Die Finanzierung der laufenden Betriebskosten der Kindertagesbetreuung (Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege) ist in Schleswig-Holstein seitens des Landesgesetzgebers weitgehend ungeregelt.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 des Gesetzes zur rderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen (Kindertagesstättengesetz - KiTaG) werden die Betriebskosten der Kindertageseinrichtungen (Personal- und Sachkosten) von Trägern nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KiTaG aufgebracht durch

 

  1.          Zuschüsse des Landes,
  2.          Teilnahmebeiträge und Gebühren,
  3.          Zuschüsse des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (Kreis),
  4.          Zuschüsse der Gemeinden,
  5.          Eigenleistungen des Trägers.

 

Die jeweils zu erbringenden Anteile sind im Gesetz nicht quantifiziert. Voraussetzung für die finanzielle Förderung ist die Aufnahme in den Bedarfsplan (§ 7 Abs. 3 S. 6 KiTaG). Für die Kindertagespflege gilt dies entsprechend, sofern die Tagespflegeperson bei einem Träger der Jugendhilfe sozialversicherungspflichtig angestellt ist (im Kreis Segeberg lediglich 1% der tätigen Tagespflegepersonen).

 

Die Grundlage für die Erhebung von Teilnahmebeiträgen und Gebühren ergibt sich aus § 90 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Absatz 1 Satz 3 der Vorschrift ermöglicht grundsätzlich die Festsetzung von Teilnehmerbeiträgen und Gebühren für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen.

 

Der Landesgesetzgeber hat in § 25 Abs. 3 KiTaG zudem festgelegt, dass „Personensorgeberechtigte einen angemessenen Beitrag zu den Kosten der Kindertageseinrichtungen zu entrichten haben. Teilnahmebeiträge und Gebühren sollen so festgesetzt werden, dass Familien mit geringem Einkommen und Familien mit mehreren Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Tagespflegestellen eine Ermäßigung erhalten. Eine Ermäßigung der durch die Sozialstaffelregelung bedingten Einnahmeausfälle erfolgt durch den örtlichen Jugendhilfeträger“.

 

Die Höhe des sog. Regelelternbeitrages wird dabei durch den jeweiligen Träger der Kindertageseinrichtung unter Mitwirkung des Beirates der Einrichtung bestimmt. Die Staffelung der Teilnahmebeiträge und Gebühren nach Einkommensgruppen und Kinderzahl wird als Sozialstaffel bezeichnet.

 

Nach § 25 Abs. 3 Satz 4 und 5 KiTaG sind die Kreise verpflichtet, kreisweit geltende Regelungen zur Sozialstaffel  und zum Bewilligungsverfahren zu treffen. Für die Berechnung der Sozialstaffelermäßigung dürfen die Bedarfsgrenzen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII nicht unterschritten werden. Dabei sind nach Landesrecht abweichend von SGB XII nur 85 % der Regelsätze zu berücksichtigen (§ 25 Abs. 3 Satz 6 und 7 KiTaG). Weitere Vorgaben insbesondere zur Staffelung oder zum Antrags-, Bewilligungs- und Berechnungsverfahren werden seitens des Landesgesetzgebers nicht gemacht.  

 

r den Kreis Segeberg ergibt eine überschlägige Hochrechnung anhand der bisher bekannten Daten des Jahres 2009, dass sowohl r das Jahr 2009 (im Haushaltsjahr 2010), als auch r das Jahr 2010 (im Haushaltsjahr 2011) ein erheblicher Anstieg der Sozialstaffelaufwendungen im Bereich der Kindertageseinrichtungen zu verzeichnen ist (Anstieg der überplanmäßigen Ausgaben: Prognose r 2010 + 10%). Aufgrund der erst nach Abschluss eines Haushaltsjahres durchgeführten Abrechung ist bei einer periodengerechten Abgrenzung für die Jahre 2008 bis 2011 von einem Ausgabenanstieg von insgesamt mehr als 30% für Sozialstaffelaufwendungen in Kindertageseinrichtungen innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren auszugehen. Die Entwicklung der Sozialstaffelzahlungen in den Jahren 2004 bis 2010 stellt sich im Einzelnen wie folgt dar (vorläufiger Stand 09.08.2010):

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch im Bereich der Erstattungen für Aufwendungen der Kindertagespflege ist von einem entsprechenden Ausgabenanstieg auszugehen. Für die Jahre 2008 bis 2010 ergibt sich:

 

Der signifikante Ausgabenanstieg im Rahmen der Sozialstaffelleistung ist Folge des verstärkten Ausbaus des Betreuungsangebotes für Kinder unter drei Jahren. Betrug die Anzahl der Kinder unter drei Jahren in Betreuung im Jahre 2008 noch 819 (Stichtag 15.03.2008), waren es zum Stichtag 01.03.2009 1.198 Kinder und zum Stichtag 01.03.2010 bereits 1.384 Kinder (Anstieg um 69% innerhalb von 2 Jahren). Bis 2013 ist von einer weiteren Steigerung der Betreuungszahlen auszugehen, so dass bei gleichbleibenden Förderbedingungen ein Ausgabenanstieg im Umfang von schätzungsweise 14% pro Jahr angenommen werden muss.

 

Die Sozialstaffelaufwendungen als ein Teil der Finanzierung der Kindertageseinrichtungen decken durchschnittlich rund 10% der Gesamtbetriebskosten der Einrichtungen im Kreis Segeberg. Insgesamt verteilen sich die Gesamtbetriebskosten im Kreis Segeberg auf die verschiedenen Finanzierungsbeteiligten in vereinfachter Darstellung wie folgt:

 

 

Ausgehend von den belegten Plätzen (9.973) kostete im Jahre 2009 ein Betreuungsplatz im Kreis Segeberg (bei Berücksichtigung aller Betreuungsarten) überschlägig rund 420,-- EUR monatlich. Eine Differenzierung der einzelnen Betreuungsarten (Krippe, Regelgruppe 3 bis 6 Jahre, altersgemischte Gruppe, Hort) konnte nicht vorgenommen werden, da die bisherigen Datenerhebungen und Angaben der Träger der Einrichtungen für eine entsprechende Auswertung nicht ausreichen.

 

Lediglich im Bezug auf die Höhe der Elternbeiträge ist eine entsprechende Differenzierung möglich. Ergebnis einer Auswertung der seitens der Träger der Kindertageseinrichtungen eingereichten Gehrensatzungen ist, dass die Elternbeiträge in Kindertageseinrichtungen im Kreis erheblich voneinander abweichen. Dabei ergeben sich die Abweichungen nicht nur wie erwartet aufgrund unterschiedlicher Kostenstrukturen der Betreuungsformen (z.B. Stellenschlüssel), sondern auch bei Betreuungsformen der gleichen Art mit vergleichbarem Betreuungsumfang. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise je nach Träger der von den Eltern zu leistende Beitrag für den Besuch eines Kindergartens (0 bis 3 Jahre) unterschiedlich hoch ist.

 

 

Elternbeitrag Krippe

Elternbeitrag KiGa

Elternbeitrag                        altersgemischte Gruppe

Elternbeitrag Hort

 

0 bis 3 Jahre

3 bis 6 Jahre

0 bis 6 Jahre

3 bis 14 Jahre

ab 6 Jahre

niedrigster Beitrag/Stunde

                  0,54 EUR

                      0,83 EUR

       1,09 EUR

                    0,46 EUR

                  0,67 EUR

chster Beitrag/Stunde

                  3,88 EUR 

                      3,16 EUR

       1,48 EUR

                    1,35 EUR

                  1,48 EUR

Beitragsdurchschnitt/ Stunde

                  1,67 EUR 

                      1,35 EUR

1,36 EUR

                    0,96 EUR

                  0,95 EUR

 

 

 

 

 

 

niedrigste                     Stundenanzahl/Woche

                   2,50  

                       6,00  

               25,00  

                     4,00  

                 10,00  

chste                         Stundenanzahl/Woche

                 60,00  

                     55,00  

               47,50  

                   55,00  

                 45,00  

Stundendurchschnitt/  Woche

                 29,27  

                     29,80  

               36,37  

                   35,00  

                 32,12  

 

 

 

 

 

 

 

Zwar ist seitens des Kreises Segeberg für eine (anteilige) Erstattung der Teilnahmebeiträge und Gehren (Elternbeiträge) im Rahmen der Richtlinie des Kreises Segeberg zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen (sog. Sozialstaffelermäßigung) die Höhe der Elternbeiträge auf max. 40% der Gesamtbetriebskosten der Einrichtung beschränkt, aufgrund unterschiedlicher Kalkulationen der Einrichtungsträger (z.B. im Bezug auf die Berücksichtigung kalkulatorischer Kosten, Beteiligung der Standortkommune etc.) ergeben sich jedoch für Eltern erheblich voneinander abweichende Bedingungen.

 

Hinzu kommt, dass sich - trotz jährlich steigender Kosten für den Kreis - insbesondere für Eltern mit geringem Einkommen (ohne SGB II-Bezug) vergleichsweise geringe Ermäßigungsbeträge ergeben. Auch werden bei den Ermäßigungsberechnungen entsprechend der aktuellen Richtlinien berufstätige Alleinerziehende oder Familien mit nur einem Kind gegenüber Familien mit mehreren Kindern, welche eine einkommensunabhängige Ermäßigung (ab dem 3. Kind in voller Höhe) erhalten, benachteiligt. Die Abrechnungsmodalitäten sind dabei sowohl für die Kindeseltern als auch für die Einrichtungsträger aufwendig und wenig transparent.

 

Aus Sicht des Fachdienstes ist eine Überarbeitung der derzeitigen Abrechnungs- und Erstattungsverfahren sowohl im Bezug auf die Kindertageseinrichtungen, als auch im Bezug auf die Kindertagespflege unumgänglich. Wesentliche Eckpunkte einer Überarbeitung sollten dabei die Festlegung eines einheitlichen Fördermaßstabes für den Besuch einer Kindertageseinrichtung (z.B. Elternbeitrag i.H.v. 35% der Gesamtbetriebskosten), die Berechnung des anrechenbaren Einkommens nach § 82 SGB XII, die Neuregelung der Geschwisterermäßigung sowie die Festlegung eines Stundensatzes für Tagespflegepersonen sein.

 

Neben den benannten Punkten besteht aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen seit in Kraft treten des Kinderförderungsgesetzes (KiföG) sowie aktueller Rechtssprechung zudem erheblicher Handlungsbedarf im Bezug auf das aktuelle Erstattungs- bzw. Abrechnungsverfahren im Bereich der Kindertagespflege.

 

Parallel zu den Überlegungen der Verwaltung hat das Ministerium für Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein vor dem Hintergrund eines Landtagsauftrages zur Vereinheitlichung der Sozialstaffel im Land Schleswig-Holstein die bestehende Sozialstaffelregelung im Bezug auf die bundesrechtlichen Vorgaben überprüft. Ergebnis der rechtlichen Prüfung ist, dass die derzeitige landesrechtliche Ausgestaltung des § 90 SGB VIII einer Überarbeitung bedarf. Zu diesem Zweck hat das Ministerium eine Arbeitsgruppe „Soziale Ermäßigungen von Elternbeiträgen“, bestehend aus Vertretern des Ministeriums, der Kommunalen Landesverbände sowie der Kreise und kreisfreien Städte eingesetzt. Die Arbeitsgruppe, in welcher auch der Kreis Segeberg vertreten ist, arbeitet derzeit unter Ausnutzung des eingeräumten Landesrechtsvorbehalts an der Umsetzung eines einheitlichen und transparenten Ermäßigungsverfahrens. Hierbei soll unter Berücksichtigung des bestehenden bundesrechtlichen Anspruches gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Erlass bzw. Übernahme der Elternbeiträge gemäß § 90 Abs. 3 und 4 SGB VIII die Einkommensberechnung, die Einkommensgrenze sowie die Heranziehung des Einkommens oberhalb der Einkommensgrenze landeseinheitlich festgelegt werden. Landeseinheitliche Vorgaben zur sozialen Staffelung sollen dafür entfallen.

 

Einer landesrechtlichen Neuregelung der Sozialstaffel kann nicht vorweggenommen werden, jedoch wird seitens der Verwaltung unter Hinweis auf die obigen Aushrungen empfohlen, noch vor einer voraussichtlich zum Kindergartenjahr 2011/2012 bevorstehenden Änderung der landesrechtlichen Gesetzgebung, die Richtlinien des Kreises Segeberg zur Bildung einer Sozialstaffel für die Teilnehmerbeiträge oder Gebühren in Kindertageseinrichtungen sowie der Richtlinie zur rderung von Kindern in Tagespflege zum Teil zu überarbeiten. Kurzfristig ergibt sich aus Sicht des Fachdienstes  Handlungsbedarf im Bezug auf

 

1. die derzeit gewährte einkommensunabhängige Geschwisterermäßigung,

2. das Abrechnungsverfahren im Bereich der Sozialstaffel Kindertageseinrichtungen,

3. die Auszahlung an Tagespflegepersonen (sog. „Nettoprinzip“ statt „Bruttoprinzip“) und

4. die Höhe der den Tagespflegepersonen gewährten angemessenen laufenden Geldleistung.

 

Aufgrund der Komplexität des Themenkreises werden die vier benannten, kurzfristigen Handlungsbedarfe jeweils in einer separaten Vorlage dargestellt.

 

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