01.07.2010 - 8 Wirtschaftsförderung
Grunddaten
- TOP:
- Ö 8
- Gremium:
- Kreistag des Kreises Segeberg
- Datum:
- Do., 01.07.2010
- Status:
- öffentlich (Sitzungsgeld freigegeben)
- Uhrzeit:
- 18:00
- Anlass:
- Sitzung
Wortprotokoll
Herr Dieck (CDU) führt aus, dass dieses Thema bereits seit einem Jahr in den politischen Gremien beraten werde. Es gelte nun den Kreis Segeberg fit und zukunftsfähig für den Wettbewerb der Regionen zu machen und dabei die Lagegunst zu nutzen. In Bezug auf die Inhalte und Ziele bestehe weitgehend Einigkeit zwischen den Fraktionen, lediglich bei der Frage der Organisationsform und der finanziellen Ausstattung nicht. Die in dem vorliegenden Antrag aufgelisteten Ziele hätten keine Ausschlusswirkung, sie würden lediglich den Aufgabenschwerpunkt für die ersten drei Jahre darstellen. Die zukünftige Wirtschaftsentwicklung solle Vermittler zwischen Unternehmen und Verwaltung sein. Dafür sei es nötig, dass diese unabhängig von der Verwaltung ist. Daher sprechen sich CDU- und FPD-Fraktion für eine privatrechtliche Lösung aus. In einem zweiten Schritt könnten die Kommunen eingebunden werden. Ohne eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung im Kreis könne der Kreis langfristig keinen ausgeglichenen Haushalt erreichen. Abschließend bittet er um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag.
Herr Ehlers (SPD) erklärt, dass hier die Chance auf eine Lösung vertan werde, welche mit großer Mehrheit getragen werden könne. Die Verwaltung habe die Gemeinsamkeiten aus allen Anträgen herausgearbeitet und versucht diese zu verbinden. Mit einer Entscheidung im Konsens könnten die Weichen für eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung gestellt werden. Er sei überzeugt, dass die Verwaltung diese Aufgabe übernehmen könne. Er verweist darauf, dass diese es geschafft habe in den vergangenen Jahren rd. 9,6 Mio. Euro Fördermittel in den Kreis zu holen. Einige Punkte des vorliegenden Antrages könne die SPD mittragen, jedoch wünsche er sich, dass dieses Thema in dem Fachausschuss weiter beraten werde. Der neu eingerichtete Ausschuss für Wirtschaft sei bisher nicht befasst worden. Die SPD-Fraktion spreche sich für eine Wirtschaftsentwicklung innerhalb der Verwaltung aus. Es solle nicht viel Geld für die Gründung einer Gesellschaft verbraucht werden.
Frau Loedige (FDP) erklärt, dass der von Herrn Ehlers angesprochene Konsens nicht erreicht werden könne. Die FDP-Fraktion spreche sich gegen eine Lösung in der Verwaltung aus. Die Wirtschaftsentwicklung müsse auf Augenhöhe mit den Unternehmen agieren können. Ihr Wunsch sei es gewesen weiterhin mit der WEP zusammen zu arbeiten. Dies sei nicht gewollt gewesen, daher müsse nun Vieles neu aufgebaut werden. Die von der Landrätin vorgestellte Projektlösung halte sie nicht für geeignet für eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung. Auch die Bürgermeister würden sich für eine eigenständige Lösung aussprechen. Es sei wichtig den Beschluss jetzt zu fassen, um mit den Nachbarkreisen mithalten zu können. Außerdem sei der Rückhalt seitens der IHK ein entscheidender Faktor. Diesen hätte der Kreis, wenn er dem vorliegenden Antrag folge. Abschließend bittet sie um Zustimmung.
Herr Kittler (Die LINKE) erklärt einführend, dass seine Fraktion die zu diesem Thema veröffentlichten Presseberichte begrüße, da diese Transparenz schaffen würden. Bezüglich der Position seiner Fraktion zur Wirtschaftsförderung verweist er auf die Ausführungen in der Kreistagssitzung im November 2009. Den von der Verwaltung, der SPD-Fraktion und der Fraktion von B90/Die Grünen aufgezeigten Weg betrachte er als genau den richtigen Weg. Dem gemeinsamen Antrag der CDU- und der FDP-Fraktion könne er nicht zustimmen. Die Kosten seien viel zu hoch und die bestehenden Betriebe würden zu kurz kommen. Es sei keine Konzeption erkennbar. Für ihn mache der Antrag den Eindruck, als müssten Interessen gegen den Kreis und gegen die Verwaltung durchgesetzt werden. Seine Fraktion wünsche sich eine Wirtschaftsförderung für den Kreis Segeberg, mit Service für die Betriebe, einem Standortmarketing und die Vernetzung von vorhandenen Strukturen.
Herr Stoltenberg (B90/Die Grünen) führt aus, dass keineswegs lediglich die Frage der Organisationsform offen sei. Diese werde sich ergeben, wenn klar sei, was mit Wirtschaftsentwicklung erreicht werden solle. Zuerst müssten die Aufgaben definiert werden, welche die zukünftige Wirtschaftsentwicklung erfüllen solle. Aus dem Antrag der CDU- und der FDP-Fraktion würden zwei Ziele hervorgehen. Die Erstellung eines Leitbildes und eine Imagebildung für den Kreis. Aus seiner Sicht gebe es keine gemeinsame Identität des Kreises. Dazu seien die Regionen zu unterschiedlich. Es würde lediglich eine Marke ohne Inhalt entstehen. Daher spreche sich seine Fraktion dafür aus, dass die Verwaltung zunächst die Aufgaben gut wahrnehmen solle, welche sie in jedem Fall wahrnehmen müsse. Dieser erste Schritt könne ohne zusätzliche Kosten erfolgen. Daneben lege seine Fraktion ihr Augenmerk auf die weichen Standortfaktoren, welche von großer Bedeutung seien. Dazu verweist er auf den Tagesordnungspunkt zur Haushaltskonsolidierung, bei welchem mit vielen Maßnahmen gerade diese Faktoren kaputt gemacht werden würden. Außerdem könne der Zusammenhang mit der angedachten Erhöhung der Kreisumlage nicht ausgeblendet werden. Abschließend bittet er darum, auf dieses teure Experiment zu verzichten.
Herr Wilken (SPD) erinnert in seinem Beitrag zunächst an die bisherigen Formen der Wirtschaftsförderung im Kreis. Diese hätten keinen Erfolg gehabt. Daneben hätten die Gemeinden eine Wirtschaftsförderung durch den Kreis mit ihrer finanziellen Beteiligung abgelehnt. Auch das Innenministerium habe den Kommunen nicht bescheinigt, dass sie eine direkte Wirtschaftsförderung machen dürfen. Die SPD-Fraktion werde die Gründung einer privatrechtlichen Wirtschaftsförderung nicht unterstützen. Die Verwaltung habe in diesem Bereich stets hervorragend gearbeitet.
Pause von 20:00 Uhr – 20:25 Uhr.
Die Landrätin begrüßt es, dass alle ein großes Interesse an einer erfolgreichen Wirtschaftsentwicklung hätten. Daneben stellt sie klar, dass sie keine Vorbehalte gegen GmbH’s habe, wenn diese mit einer Gewinnerzielungsabsicht begründet seien. Zusätzlich führt sie aus, dass sie hinter sämtlichen Zielen aus den einzelnen Anträgen stehe. Eine GmbH mache jedoch nur Sinn, wenn eine Gewinnerzielung angestrebt werde. Dafür sei das Grundstücksgeschäft nötig. Dieses sei jedoch für den Start ausgeschlossen. Für reines Kreismarketing sei eine GmbH nicht nötig. Sie verweist dazu auf das Beispiel Nordgate. Und Unternehmer würden nicht nur ausschließlich eine GmbH ernst nehmen, sie würden nach Kompetenz schauen. Weiterhin erklärt sie, dass sie den Begriff der ‚Luftnummer’ nicht gebraucht habe. Sie habe nichts herabwürdigen, sondern lediglich auf Lücken in der Konzeption hinweisen wollen. Zur Frage der Organisation führt sie aus, dass sie sich in der Startphase für die Projektform ausspreche. Darin könne alles wie in einer GmbH abgebildet werden. Anschließend könne das Projekt in eine geeignete Rechtsform überführt werden. Damit würde der Kreis das Stammkapital in Höhe von 100.000 Euro einsparen. Der Kreis könne es sich nicht leisten eine Gesellschaft zu gründen ohne im Vorwege klare Ziele festzulegen. Bei den Zielen fehle ihr bisher insbesondere die Bestandspflege. Abschließend wirbt sie dafür, heute einen Beschluss mit großer Mehrheit zu fassen, da ein entscheidender Faktor bei Wirtschaftsförderung die Psychologie sei. Sie wirbt dafür, heute für die Organisation als Projekt zu stimmen.
Herr Berg (CDU) stellt fest, dass alles, was der Kreis bisher im Bereich der Wirtschaftsförderung unternommen habe, suboptimal gelaufen sei. Vor diesem Hintergrund spreche er sich gegen eine erneute Lösung innerhalb der Verwaltung aus. Der gemeinsame Antrag der CDU- und der FPD-Fraktion, welcher sich im Wesentlichen mit dem Konzept der IHK decke, sei der richtige Weg. Daneben decke er sich ebenfalls mit den Zielen der anderen Anträge, lediglich bei der Frage der Organisationsform und der finanziellen Ausgestaltung bestehe Uneinigkeit. Zur finanziellen Ausstattung führt er aus, dass selbst die Vorlage der Verwaltung aus dem letzten Jahr bereits Mittel in Höhe von rd. 250.000 Euro nur für Personal vorgesehen habe. Die Ansätze aus dem vorliegenden Antrag würde alle Personal- und Sachkosten decken. Abschließend bittet er um Zustimmung zu dem Antrag.
Frau Lessing (SPD) erklärt, dass die Kommen nicht auf die Wirtschaftsförderung durch den Kreis warten würden. Die meisten Kommunen hätten kein Interesse und die übrigen Kommunen seien bereits viel weiter. Sie verweist dazu auf die Auswertung der Fragebögen der Kommunen. Der Kreistag müsse den gesamten Kreis betrachten und die die Verantwortung übernehmen.
Herr Säker (SPD) führt aus, dass alle Fraktionen sich für Wirtschaftsförderung aussprechen würden. Offen sei lediglich das Wie. Er wünsche sich daher, dass der Fachausschuss die Ziele und Aufgaben zusammenfasse. Dann könne beraten werden, wie diese Ziele am effektivsten erreicht werden könnten und welche Mittel dafür nötig seien. Dann könne auch über die Organisationsform entschieden werden. Die Anfangsphase könne jedoch in Projektform umgesetzt werden. Auch die Gemeinden würden sich nicht für die Lösung als GmbH aussprechen. Abschließend wirbt er dafür, das Thema in den Fachausschuss zu geben, damit dieser die Ziele formulieren könne.
Herr Dingeldein (CDU) erklärt, dass er die bisherigen Versuche im Bereich der Wirtschaftsförderung mitgemacht habe. Diese seien alle fehlgeschlagen. Dazu müsse man sich eingestehen, dass dies auch mit dem Personal zusammenhing. Der Antrag seiner Fraktion und der FDP-Fraktion gehe in die richtige Richtung. Daneben habe der zuständige Ausschuss den Antrag in seiner letzten Sitzung bereits beraten. Die CDU- und die FDP-Fraktion würden die Verantwortung für diesen Weg übernehmen, da sie davon überzeugt seien. Abschließend führt er aus, dass er sich wünsche, dass die Landrätin mit der neuen Gesellschaft zusammenarbeite, da er den Eindruck habe, dass mit den bisherigen Gesellschaften, wie der GMSE, keine Zusammenarbeit stattfinde.
Herr Wilken (SPD) betont, dass durch die Entscheidung für eine GmbH unnötig viel Geld verbraucht werde. Anschließend erinnert er an die Ausführungen von Herrn Jorkisch zu den Stärken des Kreises. Die Situation im Kreis bezüglich der Anzahl der Arbeitsplätze und Gewerbebetriebe sei hervorragend. Er kritisiert, dass die CDU-Fraktion in diesem Bereich viel Geld investieren wolle und im Gegenzug im Bildungsbereich Kürzungen vornehmen wolle.
Danach stellt der Kreispräsident den gemeinsamen Antrag der CDU- und der FDP-Fraktion zur Abstimmung.
Beschlussvorschlag:
Der Kreis Segeberg gründet eine Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft.
Sie führt den Namen: „Segeberger Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (SEWEG)“.
(1) Als Ziele der neuen Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft werden definiert:
a) Entwicklung eines Leitbildes
Positionierung des Kreises als Wirtschaftsbereich innerhalb der Metropolregion Hamburg und dem HanseBelt. Entwicklung einer eigenen Identität, Bildung/Erhalt von vernetzten Wirtschaftsschwerpunkten und die Schaffung eines Leitbildes.
b) Imagebildung (nach Innen und Außen)
Rückgewinnung des Vertrauens und Schaffung einer Identifikation im kreisangehörigen, insbesondere im ländlichen Bereich.
c) Regional- und Standortmarketing (incl. Aufbau einer Internetpräsenz)
Die überregionale Vermarktung des Gesamt-Wirtschaftraumes. Die Maßnahmen sollten auf Unternehmen sowie potentielle Mitarbeiter abzielen, um die Region als Wirtschaftsstandort und als attraktiven Wohnort mit einem vielfältigen Angebot darzustellen.
Gleichzeitig ist das Marketing Bestandteil der Identitätsbildung des Kreises, sowie der Positionierung innerhalb der Metropolregion.
d) Netzwerkbildung und Einbindung der vorhandenen Strukturen
Für eine erfolgreiche Arbeit der Wirtschaftsentwicklung ist eine enge Vernetzung mit den bereits vorhandenen Strukturen im Kreis sowie den benachbarten Akteuren und Regionen erforderlich.
(2) Ein Übergang der laufende Projekte (MedComm, Frau und Beruf etc.) auf die neue Wirtschaftsentwicklungsentwicklungsgesellschaft sollte sukzessive und nur unter dem Vorbehalt einer wirtschaftlich günstigeren Aufgabenwahrnehmung erfolgen.
(3) Aufgrund der Aufgabenstruktur und der engen Zusammenarbeit mit Verwaltung und Politik wird Bad Segeberg, Sitz der neuen Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft.
(4) Die Gesellschaft beginnt ihre Tätigkeit mit dem 1. Oktober 2010. Dazu wird die Gesellschaft mit einem Stammkapital von 100.000,00 Euro ausgestattet. Zur Erfüllung Ihrer Aufgaben wird die neue Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft zur sachlichen und personellen Ausstattung für das Haushaltsjahr 2010 mit einem Betrag von 100.00,00 Euro und für die Haushaltsjahre 2011 bis 2014 mit einem jährlichen Budget von bis zu 500.000,00 € ausgestattet. (Diese grundlegende Finanzierung erfolgt durch den Kreis im Rahmen seiner Ausgleichsfunktion.)
(5) Um langfristig erfolgreich arbeiten zu können muss die Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft mit allen eng zusammenarbeiten, gleichzeitig aber auch ein gewisse Unabhängigkeit haben und darf nicht einseitig vereinnahmt werden. Zur Wahrung des Flexibilität und der Akzeptanz bei Unternehmern wird als Organisationsform eine privat-wirtschaftliche GmbH gewählt.
(6) Als Gesellschafter tritt zunächst der Kreis Segeberg ein, eine Beteiligung der Kommunen als Mitgesellschafter oder auch eines (Wirtschafts-)Vereines können in einem zweiten Schritt folgen.
Als weiteres Gremium wird ein Aufsichtsrat oder Beirat installiert. Hiermit soll die Beteiligung der Kommunen, aber auch weiterer Organisationen und Verbände, sowie der Politik sichergestellt werden.