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ALLRIS - Vorlage

Bericht der Verwaltung - DrS/2021/113

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

Zusammenfassung:

Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung vom 05.05.2021 den „Gesetzesentwurf zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter“ (GaFöG) auf den Weg gebracht. Sollte das Gesetz wie geplant noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten, haben alle Kinder der ersten Klasse in Deutschland ab dem Schuljahr 2026/2027 einen täglichen Tagesbetreuungsanspruch bis zum Erreichen der fünften Klasse. Strittig ist unter anderem noch die Form und der Umfang der Finanzierung des Vorhabens sowie dessen gesetzliche Verankerung im SGB VIII. Im Kreisgebiet sind zurzeit noch 18 Grundschulen keine Offenen Ganztagsgrundschulen nach den Maßgaben des Bildungsministeriums. Das Bildungsmanagement des Kreises startet am 26.05.2021 das Netzwerk „Auf dem Weg zur Ganztagsgrundschule“ mit einer Prozessbegleitung und weiterer fachlicher Begleitung. Ziel ist die Unterstützung der Grundschulen bei der Entwicklung eines Konzeptes für eine Offene Ganztagsgrundschule zum Schuljahr 2022/2023.   

 

Sachverhalt:

Die Bundesregierung hat die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztags-betreuung in der Grundschule auf den Weg gebracht. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatten das Bundesfamilien- und das Bundesbildungsministerium eingereicht.

 

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Kinder, die ab dem Schuljahr 2026/2027 in die erste Klasse der Grundschule eingeschult werden, "bis zum Beginn der fünften Klassenstufe" einen Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung (8 Stunden pro Tag, inkl. Unterrichtszeit) erhalten.

 

Nach den bisherigen Plänen der Bundesregierung soll der Rechtsanspruch stufenweise ab dem 01.08.2026 eingeführt werden. Dazu sollen zunächst nur die zu diesem Zeitpunkt in der ersten Klasse an Grundschulen startenden Schüler*innen und Schüler den Rechtsanspruch wahrnehmen können. Mit den Schuljahren 2026/2027ff. sollen dann die Klassenstufen zwei bis vier jährlich aufwachsend folgen.

 

Allerdings sind grundlegende Fragen wie die Finanzierung des Vorhabens zwischen Bund, Ländern und in der Folge auch den Kommunen noch nicht geklärt. Ebenso fehlt bisher die Klärung, in welcher Zuständigkeit über das SGB VIII die spätere Umsetzung abgewickelt werden soll. Wie nachfolgend der gemeinsamen Stellungnahme der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände vom 21.04.2021 zu entnehmen ist, sind hierfür verschiedene landegesetzliche Regelungen möglich:

 

„Wir unterstützen grundsätzlich, perspektivisch einen individuellen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder einzuführen, da dieser gesellschafts- und bildungspolitisch notwendig ist. Es darf beim Wechsel von der Kindertageseinrichtung zur Grundschule für Familien keinen Bruch geben. Bereits jetzt bauen die Kommunen daher im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Ganztagsangebote für Grundschulkinder in Schulen und Horten massiv aus. Wir vertreten aber weiterhin die Auffassung, dass ein individueller Rechtsanspruch vorrangig eine Angelegenheit der Länder ist, die für die schulische Bildung zuständig sind. Zumindest muss im SGB VIII ein Landesrechtsvorbehalt zur Festlegung der Zuständigkeit verankert werden. Mit diesen Landesgesetzen wäre auch die Entscheidung verbunden, ob die Rechtsansprüche jeweils im Schul- oder Kinder- und Jugendhilfegesetz des jeweiligen Landes geregelt werden sollten. …

 

Der unvollständige Gesetzentwurf macht deutlich, dass eine für die Kommunen ausreichende finanzielle Lösung für diese neue, jährliche Kosten in Milliardenhöhe verursachende Aufgabe, nicht gefunden worden ist.…

 

Die Übertragung der Aufgaben erfolgt durch die Länder. Die Länder sind demzufolge auch in der Pflicht, den Kommunen die damit verbundenen finanziellen Mehrbelastungen auszugleichen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Bund im Verhältnis zu den Ländern für einen finanziellen Ausgleich sorgt. Wir sehen nicht, dass die Länder zu einem vollständigen Ausgleich der entstehenden Kosten gegenüber den Kommunen gewillt und in der Lage sind. Es ist aber zwingend erforderlich, dass Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände sich vor Einführung eines solchen Rechtsanspruchs verbindlich auf eine dauerhafte und verlässliche Finanzierung einigen.…

 

Benötigt werden zusätzlich zu den bereits bestehenden Angeboten Ganztagsplätze für rd. 1 Million Grundschulkinder. Das Deutsche Jugendinstitut hat im Auftrag von Bund und Ländern die notwendigen Investitionskosten bis zum Jahr 2025 auf rd. 7,5 Mrd. Euro geschätzt. Die laufenden Betriebskosten werden mit dem Ausbau sukzessive aufwachsen. Das Deutsche Jugendinstitut schätzt die zusätzlichen jährlichen Betriebs-kosten bis zum Jahr 2025 auf 4,45 Mrd. Euro. Die Kommunen erwarten eine vollständige Finanzierung der zusätzlichen Belastungen für die kommunale Ebene. Sowohl die Investitionskosten als auch – in noch weitaus höherem Maße – die laufenden Betriebskosten sind durch dieses Gesetz in weitem Maße nicht gedeckt. Damit werden die Kommunen in den nächsten Jahren, bei ohnehin schon stark belasteten Haushalten, jährlich in Höhe von mehreren Mrd. Euro zusätzlich belastet und vollkommen überfordert.“

 

Es bleibt abzuwarten, ob noch vor der Bundestagswahl 2021 eine Einigung zwischen Bund und Ländern gelingt. Grundsätzlich wird aber davon ausgegangen, dass das „Ganztagsförderungsgesetz“ zum geplanten Zeitpunkt, dem 01.08.2026, zur Anwendung kommen wird. So wird das geplante Vorhaben bisher von einer Mehrheit der Parteien im deutschen Bundestag im Grundsatz inhaltlich unterstützt.  

 

Was sieht das Ganztagsförderungsgesetz vor?

 

Neben den Betreuungszeiten von 8 Stunden pro Tag während der Schulzeit soll es auch einen Anspruch auf Tagesbetreuungsangebote an den Grundschulen während der Ferien geben. So werden die Schließzeiten der Angebote auf maximal vier Wochen im Jahr begrenzt.

 

Abzuwarten bleibt, ob es im Bereich des Personals klare Regelungen für dessen Qualifikation geben wird. Analog zu den im Bereich Kita mit aktuellen Gesetz- und Verordnungsregeln eingeführten Betreuungsstandards und -schlüsseln ist anzunehmen, dass das „Ganztagsförderungsgesetz“ oder dessen landesrechtliche Umsetzung ab 2025 auch einen Fachkraft-Kind-Schlüssel einführen wird.  

 

Laut Begründung zum Gesetzentwurf wünschen sich 74 Prozent aller Eltern ein an den Unterricht anschließendes Bildungs- und Betreuungsangebot. Nach Ansicht beider Ministerien ist die Schaffung eines bundesweiten Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung an den rund 15.000 Grundschulen in Deutschland aus mehreren Gründen nötig:

 

 bessere Teilhabe-Chancen von Kindern

 individuelle Förderung über die Unterrichtszeit hinaus

 Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen

 gesicherte Kinderbetreuungszeiten, auch bei Schulwechsel

 Gleichberechtigung von Frauen und Männern

 Fachkräftesicherung für Arbeitgeber

 

Was bedeutet die Einführung des Rechtsanspruches auf eine Tagesbetreuung in der Grundschule für den Kreis Segeberg?

 

Im Kreis Segeberg bestehen 47 Grundschulen, davon sind fünf Grundschulen Teil einer Gemeinschaftsschule und fungieren als Grund- und Gemeinschaftsschule. Die Grundschule Tangstedt liegt zwar im Kreis Stormarn, wird aber vom Amt Itzstedt als Schulträger verwaltet.

 

Nach einer Übersicht, die dem Kreis von der „Service Agentur Ganztägig Lernen SH zur Verfügung gestellt worden ist und die mit den eigenen Daten des Bildungsmonitorings sowie mit dem Schulamt des Kreises abgeglichen wurde, verfügen zurzeit 18 Grundschulen im Kreis noch über kein Offenes Ganztags-angebot, das auch beim Bildungsministerium offiziell angemeldet und durch das Land bestätigt wurde. Allerdings befinden sich einige dieser Schulen bereits in einem Stadium „vor Einreichung der Konzeption beim Land.

 

Dies betrifft z.B. die Grundschule Alveslohe und die Heinrich-Rantzau-Schule in Bad Segeberg. Beide streben zum Schuljahr 2021/22 eine Genehmigung als Offene Ganztagsgrundschule beim MBWK an und haben dem Kreis als zuständigem Träger der Jugendhilfe ihre Konzept zum Offenen Ganztag zur Begutachtung vorgelegt.

 

Herausforderung für alle Grundschulen im Kreis Segeberg

 

Die Einführung eines Rechtsanspruches wird alle 47 Grundschulen und deren Schulträger in vielfältiger Weise herausfordern, denn an jedem Schulstandort wird eine intensive Neu- oder Weiterentwicklung der bestehenden Konzepte erforderlich werden. Dies betrifft die Betreuungszeiten von 8 Stunden pro Tag an 5 Tagen in der Woche, das Vorhalten von Betreuungsangeboten in den Ferien bei geringen Schließzeiten (4 Wochen pro Jahr), die durch den Rechtsanspruch nicht mehr begrenzbare Zahl der Tagesbetreuungsplätze in der Grundschule sowie die benötigte Personalausstattung insbesondere unter dem Gesichtspunkt der fachlichen Qualifizierung.

 

Für Grundschulen, die bisher noch keinen Offenen Ganztag umgesetzt haben, sind fünf Jahre auf den ersten Blick ein gut zu leistender Vorlaufzeitraum; zu bedenken ist aber, das alleine die konzeptionelle Vorbereitung und bauliche Umsetzung in normalen Zeiten vielfach bereits zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Da es aber im Bereich des „Ganztagesförderungsgesetzes“ und dessen landesrechtlicher Umsetzung noch unbekannte Variablen gibt, ist die Planung eines Offenen Ganztags, der auch den späteren Vorgaben ab 2026 Rechnung trägt, zum heutigen Zeitpunkt kaum verbindlich möglich.

 

Schulträger unter massivem Handlungsdruck

 

Zugleich sind die Gemeinden bzw. Schulträger massiv durch die Kita-Reform, den DigitalPaktSchule, das Tagesgeschäft und zusätzlich die Auswirkungen der Pandemie im Allgemeinen in ihren Ressourcen Personal, Finanzen, Planung und Umsetzung sowie in ihren gestalterischen Möglichkeiten eingeschränkt.  

 

Als Beispiel lässt sich hier das von der Bundesregierung über die Länder ausgerollte Investitionsprogramm für den beschleunigten Ganztagsausbau nennen, das aufgrund von extrem kurzfristigen Antrags-  und Umsetzungsfristen in 2021 kaum in Anspruch genommen werden kann, obwohl das Fördergeld vor Ort an den Ganztagesgrundschulen dringend gebraucht werden würde.

 

Weder die schulischen Partner noch die Schulträgerverwaltungen sind, unter den zeitlichen Vorgaben und ohne Gewissheit über die kommenden Rahmenbedingen des Rechtsanspruches auf Tagesbetreuung in der Schule, in der Lage dieses Investitionsprogramm auszuschöpfen. Gerade für Schulträger von kleinen Grundschulen und finanziell angeschlagenen Kommunen ist dieser Umstand besonders frustrierend.

 

„Qualität im Offenen Ganztag“ unterstützt die Grundschulen im Kreis

 

Die Kreisverwaltung trägt diesen Entwicklungen Rechnung und unterstützt die (Weiter-)Entwicklung von Ganztagsschulen mit dem Programm „Qualität im Offenen Ganztag“, das seit 2018 unter Federführung des Bildungsmanagements kontinuierlich ausgebaut wurde. Folgende Angebote werden durch das Programm bereits verwirklicht bzw. in 2021 fortgeführt:

 

                    kostenfreie Fort- und Weiterbildungen zur Förderung der „Qualität im offenen Ganztag“ in Zusammenarbeit mit den hauptamtlichen VHS im Kreis Segeberg für alle am Ganztag beteiligten Kräfte. Zweimal pro Jahr wird ein neues Angebotsportfolio entwickelt, 4.000 Programmhefte im Kreis verteilt und auf www.zukunftweiterbildung.de veröffentlicht.

 

                    das Programm wird 2021 ca. 50 Fort- und Weiterbildungen anbieten, von denen die Mehrzahl derzeit online durchgeführt werden. In Kooperation mit der „Service Agentur Ganztägig Lernen SH werden durch die VHS auch „Zertifikatskurse“ zur Qualifizierung von Mitarbeiter*innen in der Ganztagesbetreuung angeboten.

 

                    einjähriges Netzwerk des Bildungsmanagements für Grundschulen „Auf dem Weg in den Offenen Ganztag 2021/22“, mit Prozessbegleitung, Moderation und fachlicher Begleitung durch die „Service Agentur Ganztägig Lernen SH. Das Schulamt, vertreten durch Frau Schulrätin Harder, ist ebenfalls aktiver Partner des Netzwerkes. Das Angebot richtet sich an Grundschulen ohne genehmigten Offenen Ganztag und hat das Ziel, die beteiligten Schulen und Schulträger gemeinsam zu einer Beantragung zum Schuljahr 2022/2023 fachlich und konzeptionell zu begleiten. Die Teilnahme ist kostenfrei und startet am 26.05.2021.

 

                    einjähriger, kostenpflichtiger Zertifikatskurs „Qualifizierung zur Koordinationskraft in der Ganztagsschule“. Ab dem Sommer/Herbst 2021 wird in Entwicklungspartnerschaft mit dem Kreis Herzogtum-Lauenburg und in Kooperation mit der „Service Agentur Ganztägig Lernen SH ein neu entwickeltes Weiterbildungsangebot für kommende und bestehende Mitarbeiter*innen von Ganztagsschulen gestartet. Das Angebot hat einen Umfang von sechs 2-tägigen Modulen mit ca. 80 UE und bietet Platz für 16 Teilnehmer*innen je Kursdurchlauf. Aufgrund der hohen Grundkosten des Kurses von ca. 40.000 Euro je Durchlauf (Dozenten, Organisation, Materialien, Räume, Unterbringung und Verpflegung) können die beiden Kreise nur eine anteilige finanzielle Unterstützung für den Kurs ermöglichen. Ein Großteil der Kosten wird daher durch Teilnahmegebühren finanziert. Dieser Kurs wird im Rahmen der kooperativen Fachkräftestrategie zum Aufbau, Ausbau und der Sicherung von Fachkräften in der pädagogischen Betreuung von Kinder- und Jugendlichen als wichtiger Baustein angesehen. Das Land hat auf Anfrage des Kreises keine Förderung in Aussicht gestellt. 

 

Ausblick

 

Der FB Jugend und Bildung strebt eine dauerhafte Verstetigung der Programme zur Verbesserung der Qualität im Offenen Ganztag an. Dazu werden die o.a. Fort- und Weiterbildungsangebote kontinuierlich weiterentwickelt und den Bedarfen im Kreis Segeberg angepasst.

 

Es ist davon auszugehen, dass der Prozess zur Umsetzung des „Gesetzes zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter“ (GaFöG), sollte dieser beschlossen und zum 01.08.2026 in der dargelegten Form in den ersten Klassen starten sowie in den Folgejahren für alle Grundschulklassen aufwachsen, eine starke Veränderung der kreisweiten Betreuungslandschaft für Kinder mit sich bringen wird. Davon betroffen werden auch sämtliche Horte, die gegenwärtig als Kindertageseinrichtungen i.S. des SGB VIII gelten und finanziert sind, sein.

 

Neben dem sich verstärkenden Fachkräftebedarf, den steigenden finanziellen Aufwendungen für die Schulträger und dem konzeptionellen sowie räumlichen Weiterentwicklungsbedarf aller Ganztagesgrundschulen im Kreis, werden auch die koordinierenden, verwaltenden und mit der Abwicklung der gesetzlichen Vorgaben befassten Bereiche der Kreisverwaltung mit deutlichen Mehraufgaben konfrontiert sein; ähnlich dem Aufgabenzuwachs des Kreises mit der Kitareform.

 

 

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Anlagen

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