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ALLRIS - Vorlage

Drucksache - DrS/2020/178

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

Der Kreistag beschließt das Rahmenkonzept zur modellhaften Erprobung präventiver Hausbesuche und seniorenbezogener Sozialraumarbeit auf Amtsebene gemäß Ziff. 2 der DrS/2020/178 und beauftragt die Verwaltung, auf der Basis dieses Konzeptes die weiteren Umsetzungsschritte vorzunehmen, insbesondere die Auswahl des/der Projektraumes/-räume den Gremien zur Beschlussfassung vorzulegen.

 

 

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Sachverhalt

Sachverhalt:

Zusammenfassung

 

Für die Handlungsoption „Gemeindeschwester auf Amtsebene“ besteht die Möglichkeit einer medizinischen sowie einer präventiven und sozialraumorientierten Ausrichtung, sog. Präventiver Hausbesuch (PHB). Aufgrund des nachhaltigen und innovativen Ansatzes und der Förderung der hausärztlichen Versorgung durch den Kreis wird der PHB präferiert. Hierzu wird ein Rahmenkonzept zur Beschlussfassung vorgelegt.

 

Sachverhalt

 

Nach dem Prüfauftrag des Kreistages vom 27.06.2019, resultierend aus der DrS/2019/101, ist durch die Verwaltung die Handlungsoption „Gemeindeschwester auf Amtsebene“ auf Bedarf und Machbarkeit zu prüfen und den Kreisgremien ggf. ein Umsetzungsvorschlag zu unterbreiten. Auf der Grundlage des Eckpunktepapiers vom 08.10.2019 (DrS/2019/250) wurden für die Förderung der Einführung einer „Gemeindeschwester“ in bis zu zwei Pilotprojekten im Haushalt 2020 Mittel i. H. v. 71.200,00 € mit Sperrvermerk bereitgestellt sowie in der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2021 und 2022 jeweils bis zu 142.400,00 € und für das Jahr 2023 bis zu 71.200,00 € eingeplant. Da mit der möglichen Umsetzung aufgrund der erforderlichen Konzept- und weiteren Vorarbeiten im laufenden Jahr nicht mehr begonnen werden kann, sieht der Haushaltplanentwurf  2021 einen auf 142.400,00 € aufgestockten Betrag für 2023 in der Finanzplanung vor.

 

Zum Prüfauftrag wird wie folgt berichtet:

 

1. Mögliche Ausrichtungen einer „Gemeindeschwester“-Arbeit

 

Für den Begriff der „Gemeindeschwester“ ist nicht verbindlich bestimmt, welcher Aufgabenkreis damit einhergeht.

 

In Deutschland wurden und werden seit ca. 20 Jahren zahlreiche Modellvorhaben durchgeführt, die die Versorgung älterer Menschen in der Häuslichkeit  mit unterschiedlichen Konzeptansätzen zum Inhalt haben. Zu unterscheiden sind dabei medizinisch/ärztliche sowie präventive / sozialraumorientierte Ausrichtungen.

 

1.1 Medizinscher Ansatz

 

Stellvertretend für den medizinischen Ansatz ist das AGnES-Konzept als Modell zur Delegation ärztlicher Leistungen in der Häuslichkeit zu nennen. Im AGnES-Konzept (Arztentlastende, Gemeindenahe, E-Health-gestützte, Systemische Intervention) können Hausärzte Krankenbesuche und medizinische Tätigkeiten an qualifiziertes Personal (Nichtärztliche Praxisassistenten; NäPa) delegieren und damit einen größeren Patientenstamm versorgen.

 

Seit 2005 wurden AGnES-Modellprojekte in mehreren Bundesländern durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten eine hohe Akzeptanz bei beteiligten Praxen und Patienten und waren Grundlage einer Gesetzesänderung im SGB V, wonach ab 2009 eine Überführung in die Regelversorgung möglich ist. Seit 2015 besteht für Hausarztpraxen die Möglichkeit, nach Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung den Einsatz von NäPAs abzurechnen. Hausarztpraxen, die eine/n NäPa beschäftigen, erhalten außerdem eine quartalsweise Förderung (Strukturzuschlag).

 

Dieser erste AGnES-Ansatz war auf medizinisch unterversorgte Gebiete und auf Hausarzt-Patienten über 60 Jahre beschränkt. In Brandenburg wurde 2011 in Kooperation der KV Brandenburg mit drei Krankenkassen das Projekt agnes zwei aufgelegt. Hierbei geht es im Schwerpunkt um ein Fall- und Schnittstellenmanagement in der Fläche für besonders betreuungsintensive chronisch kranke oder multimorbide Menschen – unabhängig von Alter und Versorgungsstruktur der Region. Die Anbindung kann an Haus- oder Facharztpraxen sowie an MVZ und Ärztenetze erfolgen. Die Aufgabe erfordert neben einer Ausbildung als Fachkraft in einem medizinischen Beruf (z.B. MFA, Gesundheitspflege, NäPA) eine Zusatzqualifikation im Case-Management. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Vorlage DrS/2019/101 unter Ziff. 4.2 verwiesen.

 

Zielgruppe dieser Ansätze ist der bereits erkrankte und/oder pflegebedürftige Mensch.

 

Zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung fördert der Kreis die Weiterbildung zur/zum NäPa.

 

 

 

1.2  Präventiver und sozialraumorientierter Ansatz (Präventive Hausbesuche)

 

In zahlreichen Modellvorhaben wurde das Konzept der sog. Präventiven Hausbesuche (PHB) erprobt.

 

Der präventive Hausbesuch hat das Ziel, die Chancen von älteren Menschen zu erhöhen, so lange wie möglich und gewünscht in ihrer eigenen Häuslichkeit leben zu können. Es ist eine Maßnahme zur

▪ frühzeitigen individuellen Information, Beratung, Vermittlung und Begleitung

▪ von selbstständig lebenden älteren Menschen in ihrer Häuslichkeit (zugehende Beratung)

▪ zu Themen der selbstständigen Lebensführung, Gesunderhaltung, Krankheitsvermeidung und Vorbeugung bzw. Hinauszögern von Pflegebedürftigkeit

 

Hierzu gehört auch,

▪ vorhandene soziale Netzwerke und individuelle Stützsysteme zu aktivieren sowie

▪ nicht bekannte Netzwerke im Sozialraum zugänglich zu machen

 

Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, gesellschaftliche Teilhabe, Mobilität und Lebensqualität im Alter sollen ermöglicht bzw. gefördert werden. Je nach Lage des Einzelfalles dienen PHB außerdem als Hilfen zur Bewältigung und Überwindung von Isolation und Vereinsamung.

 

Zusätzlich beinhaltet dieser Ansatz – je nach Modellprojekt - auch Beiträge zur seniorenbezogenen Sozialraumentwicklung: d.h. Identifizieren von Bedarfen und Initiieren entsprechender Angebote vor Ort unter Einbindung der relevanten Akteure.

 

Die in diesem Sinne verstandene „Gemeindeschwester“ erbringt keine Leistungen, die bereits heute von ambulanten Pflegediensten oder anderen geeigneten Anbietern erbracht und von den Kranken- oder Pflegekassen nach SGB V oder SGB IX finanziert werden. Sie stellt daher keine Konkurrenz zu diesen Diensten dar. Vielmehr soll für Menschen ohne Pflegebedarf, die jedoch Unterstützung und Beratung zur weiteren Lebensgestaltung benötigen, eine Leistungslücke geschlossen werden.

 

Beispielhaft werden folgende Projekte angeführt:

 

a) „PräSenZ“ Baden-Württemberg

(„Prävention für Senioren Zuhause“)

 

Projektzeitraum: 2014 – 2017

 

Modellregionen: 3 unterschiedlich große Kommunen in Baden-Württemberg:

Gemeinde Neuweiler, rd. 3.100 EW, sowie die Städte

Rheinfelden und Ulm

 

Zielgruppe:  Menschen ab dem 75. Lebensjahr (Gemeinde Neuweiler und

   Stadt Rheinfelden); 75- bzw. 80-jährige Jubilarinnen und

   Jubilare in zwei Stadtteilen in Ulm

 

Finanzierung: Förderung durch das Land Baden-Württemberg, gesetzliche

   und private Pflegeversicherungen sowie die kommunalen

Landesverbände BW

 

Anstellungsträger: Kommunen

 

Die Projekte wurden durch das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) wissenschaftlich begleitet. Kernbestandteil waren PHB für selbstständig lebende ältere Menschen unter Einbezug ehrenamtlichen Engagements. Die Gemeinde Neuweiler im Landkreis Calw wurde als Modellkommune stellvertretend für kleinere Ortschaften mit ländlicher Prägung ausgewählt. Neuweiler besteht aus sieben Ortsteilen mit räumlichen Distanzen untereinander von bis zu 6,5 km. Angebote für die Deckung des täglichen Bedarfs (u.a. Lebensmittel und Arztpraxen) sind nicht vor Ort, sondern erst in den umliegenden größeren Städten vorhanden; die Anbindung Neuweilers an den ÖPNV ist eingeschränkt. In den ländlich geprägten Amtsgebieten des Kreises Segeberg sind ähnliche infrastrukturelle Rahmenbedingungen vorzufinden.

 

Die Evaluation der Modellvorhaben hat zusammenfassend folgende positive Ergebnisse aufgezeigt:

 

Das Angebot hatte eine hohe Akzeptanz. Bis zu 51 % der Kontaktierten nahmen das Beratungsangebot an. Überwiegend wurde bei den Teilnehmenden eine stärkere Sensibilisierung im Hinblick auf die eigene Gesundheit, Selbstständigkeit und mögliche Risiken im Alter erreicht, die Fähigkeit zur Selbsthilfe und das Sicherheitsgefühl gestärkt. Gesundheitliche Bedrohungen konnten frühzeitig erkannt und die Betroffenen in Hilfen und Unterstützung vermittelt werden. Die Beratungen waren auf den jeweiligen Bedarf der Teilnehmenden zugeschnitten. Dabei erwies sich ein Qualifikationsmix der Beratenden  - Pflegefachkräfte und Fachkräfte der Sozialen Arbeit – als besonders positiv. Die kommunale Vernetzung sowie die Gewinnung und der Einbezug ehrenamtlich Engagierter ist gut gelungen; in allen drei Kommunen sind neue Strukturen und Angebote entstanden, die nach der Projektlaufzeit weitergeführt werden sollen, z.B. ein wöchentlicher Stammtisch mit Bewegungsangeboten, Gedächtnistraining u.Ä., die in eine Tagespflegeinrichtung überführt wurde (Neuweiler). Die Modellkommunen verzeichnen für sich einen Imagegewinn („gelebte kommunale Fürsorge“) und erhielten Impulse zur Weiterentwicklung der seniorenbezogenen Infrastruktur.

 

b) „Gemeindeschwester plus“ Rheinland-Pfalz

 

Projektzeitraum: Juli 2015 – Dezember 2018

 

Modellregionen: Erprobung in sechs Landkreisen und drei Städten mit 12,5

   Vollzeitstellen

 

Zielgruppe:  Menschen ab einem Alter von 80 Jahren ohne Einstufung in

   eine Pflegestufe.

 

Finanzierung: zu 100 % durch das Land Rheinland-Pfalz

Förderhöhe: 60.000,00 € je Vollzeitstelle / Jahr

(Pflegefachkräfte)

 

Anstellungsträger: Kommunen, Landkreise und andere

 

Hierbei handelt sich um ein präventives- und gesundheitsförderndes Beratungs- und Vernetzungsangebot, das sich an hochbetagte Menschen richtet, die noch keine Pflege brauchen, sondern Unterstützung und Beratung in ihrem aktuellen Lebensabschnitt. Die Besuche erfolgten nach vorheriger Zustimmung zu Hause. Die Beratung war  präventiv ausgerichtet, etwa zur sozialen Situation, gesundheitlichen und hauswirtschaftlichen Versorgung, Wohnsituation, Mobilität  und Kontakten. Bestandteil war auch die Vermittlung von wohnortnahen Teilhabeangeboten, z.B. Bewegungsangeboten, Veranstaltungen, sowie die Anregung und Initiierung solcher Angebote.

 

Der Evaluationsbericht (Universität zu Köln) zieht eine positive Bilanz des dreijährigen Modellprojektes. Es habe dazu geführt, dass sich die besuchten Personen in ihrer Kommune sicherer fühlten; es wurde vielfach als ein vertrauensbildendes und geborgenheitsförderndes Angebot wahrgenommen. Die beteiligten Kommunen profitierten zusätzlich von den Informationen zu Bedarfen und Wünschen der älteren Einwohnerschaft sowie zu Stärken und Schwächen der kommunalen Infrastruktur. Diese wurden zur Weiterentwicklung der seniorenbezogenen Infrastruktur genutzt.  Es wird jedoch auch über Startschwierigkeiten bei der Implementierung der Gemeindeschwesterplus berichtet. Diese betrafen Schnittstellenthemen zu den Pflegestützpunkten. Diese sind im weiteren Projektverlauf durch eine zielgerichtete Kooperation zwischen beiden Akteuren positiv verändert worden, indem es gelang, die Arbeiten der Gemeindeschwesterplus und der Pflegestützpunkte sinnvoll zu kombinieren.

 

Ab 2019 wurde das Projekt mit 10,5 zusätzlichen Vollzeitstellen bei 12 weiteren Kommen unter Mitfinanzierung (25 %) durch die Krankenkassen im Rahmen der Förderung kommunaler Gesundheitsförderungskonzepte fortgeführt.

 

c) Präventive Hausbesuche in Lübeck-Moisling

 

Projektzeitraum: 2019 – 2021      

 

Modellregion: Stadtteil Moisling in Lübeck                 

 

Zielgruppe:  Menschen ab 75 Jahren ohne Pflegegrad bei Projektbeginn,

   herabgesetzt auf 65 Jahre nach dem 1. Jahr

 

Finanzierung: Hansestadt Lübeck, Krankenkassen und der Caritasverband

 

Anstellungsträger: Caritasverband für das Erzbistum Hamburg e.V.

 

Der Schwerpunkt liegt auf den PHB; die seniorenbezogene Sozialraumarbeit ist eher untergeordnet. Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass das zunächst gewählte Mindestalter (75) zu hoch angesetzt war, da stadtteilspezifisch (sozialer Brennpunkt) Beratungs- und Unterstützungsbedarf früher besteht. Nach Herabsetzung auf 65 Jahre war zu beobachten, dass das Angebot von der jüngeren Gruppe der unter 70-Jährigen wenig genutzt wird. Vielfach bestehen mit Blick auf einen Hausbesuch große Ängste bei den Menschen, etwa ihre Wohnung zu verlieren, so dass sie wenig geneigt sind, das Angebot von sich aus zu nutzen. Das Werben um Vertrauen, die Zusammenarbeit mit Arztpraxen, eine Präsenz im Stadtteil (Info-Stand) und weitere Öffentlichkeitsarbeit sind daher besonders wichtig.

 

Zusammenfassend stellt sich der Ansatz der PHB als besonders innovativ und nachhaltig dar, da sowohl der ältere Mensch davon profitiert – und zwar in seiner gesamten Lebens- und Gesundheitssituation - als auch Nutzen für den Sozialraum (Quartiersgedanke) entsteht. Unter Berücksichtigung der bereits bestehenden Förderungen zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung (Facharztweiterbildung, NäPA-Weiterbildung) durch den Kreis wird vorgeschlagen, mit der Einführung einer „Gemeindeschwester“ den Ansatz der Präventiven Hausbesuche mit nachfolgend dargestelltem und zur Beschlussfassung vorgelegtem Rahmenkonzept zu verfolgen:

 

 

2. Rahmenkonzept zur modellhaften Erprobung präventiver Hausbesuche und seniorenbezogener Sozialraumarbeit  auf Amtsebene im Kreis Segeberg

 

A. Zielgruppe Menschen ab einem Alter von 70 Jahren, die nicht pflegebedürftig sind und in der eigenen Häuslichkeit leben

 

B. Aufgaben

 

1. Klientenbezogene Aufgaben (Fallsteuerung)

 

▪ Durchführung präventiver Hausbesuche

      Erfassung der Gesundheits- und Lebenssituation auf der Grundlage eines Fragebogens / Assessments

      Identifizierung und Aktivierung von Ressourcen

      Identifizierung von Risiken selbstständiger Lebensführung

      Beratung und Information über Möglichkeiten der Gesundheitsförderung und Prävention im Alter sowie über Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten (z.B. Hausnotruf, Haushaltshilfen, Essens- und Fahrdiensten, Möglichkeiten für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, Beratung zum Sozialleistungsrecht, zur Mobilität u.v.m.), ggf. Organisation der Hilfe. Je nach individuellem Kontext kann auch eine vorübergehende psycho-soziale Begleitung zu allgemeinen Fragen des Alltags oder in Form von Entlastungsgesprächen erforderlich sein. Insgesamt hat die Beratung einen multidimensionalen Ansatz: Nicht nur die geäußerten oder vordergründigen Bedarfslagen sondern alle relevanten Lebensbereiche sollen – bei Einverständnis der Beratenen - in den Blick genommen werden. Ein professioneller Beziehungsaufbau ist dabei von entscheidender Bedeutung.

      Vor- und Nachbereitung der Hausbesuche, Dokumentation der Beratungstätigkeit

 

▪ telefonische Beratungen

 

▪ Vermittlung von Ansprechpartnern, Angeboten, Hilfsmitteln und Dienstleistungen

 

Lotsenfunktion bei Krankheit

      Erkennen von  bisher nicht beachteten Krankheitssituationen bzw. Defiziten im Umgang mit Erkrankungen (z.B. Verwirrtheit) und die Vermittlung in ärztliche Behandlung oder einschlägige Beratung  (ausschließlich mit dem Einverständnis der besuchten Person).

 

Netzwerke für die Beratenen aktivieren bzw. aufbauen

      Kontaktvernetzungen im Lebensumfeld des / der Beratenen nach Bedarf des Einzelfalles: etwa Kontakte zur Nachbarschaft herstellen, zur Teilnahme an Seniorentreffs und anderen Angeboten motivieren, Besuchsdienste von Ehrenamtlichen über den Pflegestützpunkt zu aktivieren (Rinkieker, Demenzbegleiter). Damit wird der Vereinsamung entgegengewirkt, Kompetenzen werden gestärkt, ein soziales Miteinander für den älteren Menschen (wieder) ermöglicht.

 

 

2. Sozialraumorientierte Aufgaben

 

      Anregung und Initiierung von Angeboten für festgestellte Bedarfe in der Modellregion für ältere Menschen (präventive, gesundheitsfördernde, gesellige u. ä. Angebote), ggf. auch deren Durchführung

      Netzwerkarbeit: Zusammenarbeit mit den lokalen Akteuren des sozialen und gesundheitlichen Sektors. Kooperation mit dem Pflegestützpunkt, dem Erwachsenensozialdienst (sofern in der Modellregion vorhanden), Pflegediensten, Ärzten und Wohlfahrtsverbänden, Kirchengemeinden usw.

 

 

3. Öffentlichkeitsarbeit

 

Unter dem Gesichtspunkt der Selbstbestimmung sollen die PHB nicht ohne Anfrage der Bürger durchgeführt werden. Dies setzt einen hohen Bekanntheitsgrad des Angebotes voraus. In der Startphase des Projekts liegt der Schwerpunkt daher auf der Öffentlichkeitsarbeit. Diese umfasst das Bekanntmachen des Angebotes in den örtlichen Kommunen und bei den Akteuren seniorenbezogener Angebote im Projektraum sowie bei den Haushalten der Zielgruppe. Auch im weiteren Verlauf wird eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit für erforderlich gehalten, um Vertrauen in das Projekt zu transportieren, Hemmschwellen abzubauen und neue, auch netzwerkschwache Haushalte hinzuzugewinnen.  

 

 

C. Projektzeitraum

 

 3 Jahre; beginnend im Jahr 2021

 

 

D. Qualifikation

 

Die Fachlichkeit und Erfahrung der Beratenden sind  für den Erfolg präventiver Hausbesuche und seniorenbezogener Sozialraumarbeit grundlegend. In der Praxis haben sich Teams von erfahrenen Fachkräften aus Berufsfeldern der Pflege und Sozialer Arbeit bewährt.

 

 

E. Datenschutz und Ethik

 

Die präventiven Hausbesuche unterliegen den Prinzipien der Freiwilligkeit, der Selbstbestimmtheit, der Vertraulichkeit und der Neutralität. Die Besuche finden nur mit dem Einverständnis der älteren Menschen statt und unterliegen der Schweigepflicht, es sei denn, sie entbinden die Beratenden davon. Aus Gründen der Neutralität ist trägerunabhängig über alle verfügbaren und in Frage kommenden Angebote in Wohnortnähe zu informieren. Es werden nur Maßnahmen vermittelt, denen der beratene ältere Mensch zugestimmt hat. Ausgenommen sind akute Gefährdungssituationen: Hier ist die Beratungsperson verpflichtet, stellvertretend zu handeln und ohne Einwilligung z.B. Notdienste zu hinzuzuziehen. 

 

Der Umgang mit den im Rahmen der Hausbesuche und Beratungen erhobenen personenbezogenen Daten unterliegt den Datenschutzbestimmungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene.

 

 

 

3. Abgrenzung zu anderen Diensten

 

Unter den Bedingungen des Rahmenkonzeptes ergeben sich folgende Abgrenzungen:

 

3.1 Zum Erwachsenensozialdienst (ESD)

 

Die Zuständigkeit des ESD, der im Zeitraum 2019 - 2021 in den Gebieten der Ämter Trave-Land, Leezen, Bornhöved und Itzstedt sowie in einem Teil des Amtsgebietes Boostedt-Ricklung erprobt wird, ist bei allen Problemlagen Erwachsener gegeben, sofern nicht eine  Spezialzuständigkeit, wie z.B. die des Sozialpsychiatrischen Dienstes bei Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung, besteht.

 

Auch der ESD leistet zugehende Hilfe; im Gegensatz zum PHB verfolgt der ESD jedoch keinen vorwiegend präventiven Ansatz. Die Arbeit des ESD setzt i.d.R. bei bereits eskalierten Problemlagen ein.

 

Das Rahmenkonzept der PHB beinhaltet auch eine Mobilisierung und Zusammenführung brachliegenden ehrenamtlichen Engagements vor Ort (Netzwerkaufbau). Dies gehört nicht zu den Aufgaben des ESD.

 

In der Praxis wird es sich kaum vermeiden lassen, dass PHB auch bei Personen stattfinden, bei denen bereits eine Problemlage besteht. In diesen Fällen käme es zu einer Überschneidung der Aufgaben von PHB und ESD, namentlich:

 

Information über Hilfemöglichkeiten im Sozialraum

Vermittlung an zuständige Fachberatungsstellen

Anbindung an professionelle oder ehrenamtliche Unterstützungsangebote

vernetzende Zusammenarbeit mit einschlägigen Akteuren, Institutionen

 

 

3.2 Zum Pflegestützpunkt

 

Beratungen zu Leistungen nach dem SGB XI fallen in die Zuständigkeit des Pflegestützpunktes. Die PHB sollen im Vorfeld von Pflegebedürftigkeit ansetzen und könnten die Angebote des Pflegestützpunktes präventiv ergänzen. Erfahrungen aus den Modellvorhaben zeigen, dass nicht immer eine entsprechende Zuordnung möglich ist; die Übergänge sind z.T. fließend.

 

Überschneidungen werden sich wegen des engen Bezuges der Aufgabenstellungen und angesprochenen Altersgruppen nicht vermeiden lassen (Beispiel: Einbringen neuer Unterstützungsbedarfe in die Netzwerk- und Versorgungsstruktur, s. DrS/2019/242).

 

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass teilweise Funktionsüberschneidungen zum ESD und zum Pflegestützpunkt bestehen. Dies erfordert eine enge Kooperation  der Dienste, z.B. durch gemeinsame Fallgespräche und regelmäßigen Austausch. 

 

 

 

4. „Buurtzorg“-Modell

 

Mit Bezug auf Ziff. 4.4 der Vorlage DrS/2019/101  (Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung im Kreis Segeberg) hatte der OVG-Ausschuss um Einbezug des „Buurtzorg“-Modells in den Prüfauftrag zur „Gemeindeschwester“ gebeten. Hierzu wird auf Anlage 1 verwiesen.

 

 

 

5. Weiteres Vorgehen und Überlegungen

 

5.1 Modellregion(en)

 

Es ist beabsichtigt, mit Blick auf die Auswahl der Modellregion(en) eine sozialplanerische Bedarfsanalyse vorzunehmen und den Gremien voraussichtlich im November 2020 einen Vorschlag zu unterbreiten.

 

 

5.2 Kosten des Modellvorhabens

 

Wie im Eckpunktepapier (DrS/2019/250) dargelegt, wurde zunächst von folgenden Kosten ausgegangen:

 

Personalkosten ~ S 11: 66.200,00 €

Sachkosten:     5.000,00 €

gesamt / Jahr  71.200,00 €

 

Angelegt auf zwei Modellräume – würden diese beschlossen werden - und drei Jahre Projektlaufzeit ergaben sich damit angenommene Gesamtkosten von 427.200,00 €.

 

Im Rahmen des Prüfauftrages wurde deutlich, dass dabei folgende Kostenbestandteile nicht berücksichtigt worden sind:

 

 

Kosten / Jahr / Projekt

(grober Schätzwert)

Gesamt (3 Jahre, 2 Projekte)

(grober Schätzwert)

Miete (sofern Raum nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt wird)

 ~ 5.000,00 €

 ~ 30.000,00 €

Projektsteuerung, ca. 10 % Vollzeitäquivalent Führungskraft

~ 7.500,00 €

 ~ 45.000,00 €

Öffentlichkeitsarbeit (Zeitungsanzeigen, Flyer, Anschreiben u.Ä.)

 Jahr 1: ~ 3.000,00 €

Jahr 2: ~ 1.500,00 €

Jahr 3: ~ 1.500,00 €

~ 12.000,00 €

 

 

 ~ 87.000,00 €

 

 

Darüber hinaus erscheint es angemessen, angesichts der anspruchsvollen Tätigkeit eine Vergütung nach S 12 analog der Stellen des ESD zugrunde zu legen. Der Jahrespersonalkostensatz für die Entgeltgruppe S 12 beträgt aktuell 70.000 €. Damit ergibt sich eine Differenz zu S 11 von 3.800 €, gesamt: 22.800,00 € (2 Stellen / 2 Projekte, 3 Jahre).

 

Insgesamt wäre daher von Mehrkosten i. H. v. schätzungsweise 109.800,00 € auszugehen, würde eine Förderung von zwei Projekten erfolgen. Bei einem Projekt wäre von Mehraufwendungen von ca. 54.900,00 € (grobe Schätzung) auszugehen. Die Verwaltung hat bereits mit an der Projektdurchführung interessierten Trägern der Wohlfahrtspflege Gespräche geführt. Dabei ist deutlich geworden, dass durch diese eine Beteiligung an den Kosten nicht erfolgen kann. Auch bei möglicher Inanspruchnahme von Fördermitteln (s. Ziff. 5.3) wären die Mehraufwendungen im Kreishaushalt zu veranschlagen (Bruttoprinzip). Alternativ kommt in Betracht, die Erprobung auf einen Modellraum zu beschränken, um im Rahmen des Gesamtkostenansatzes des Eckpunktepapiers (DrS/2019/250) zu bleiben.

 

 

5.3 Fördermöglichkeiten

 

Für die modellhafte Erprobung von PHB kommt eine Förderung aus Mitteln des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes in Betracht. Nach ersten mit Lokalen Aktionsgruppen (LAG) AktivRegion geführten Gesprächen fällt das Projekt unter den Förderschwerpunkt nachhaltige Daseinsvorsorge (Erhalt und Verbesserung  der Lebensqualität). Die aktuelle Förderperiode läuft bis Mitte 2023; ob eine Verlängerung bis Mitte 2024 erfolgt, ist zzt. noch nicht verbindlich. Die Basisförderquote beträgt 50 bis 55 % der Nettokosten je nach AktivRegion; die Förderung ist gedeckelt auf 100.000,00 € je Projekt für drei Jahre. Weitere Informationen insbesondere zum Antragsverfahren werden noch eingeholt.

 

 

5.4 Interessenbekundungsverfahren

 

Es stellt sich als zweckmäßig dar, dass die Projektdurchführung durch örtlich verankerte Träger der Wohlfahrtspflege erfolgt. Diese verfügen über soziale, sozialrechtliche und pflegerische Fachkompetenz sowie über Kompetenzen in der lokalen Netzwerkarbeit und in Steuerungs- und Planungsaufgaben. Nach Festlegung des / der Modellräume ist beabsichtigt, den in der Regionalen Pflegekonferenz des Kreises Segeberg vertretenen Trägern i. o. S. im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens Gelegenheit zu geben, sich um das / die Projekt(e) zu bewerben. Ein solches Verfahren ist auch mit Blick auf eine mögliche Förderung erforderlich.

 

 

5.5 Evaluation

 

Die Erreichung der an die Projekte geknüpften Ziele - der Nutzen für die Menschen, die das Angebot der PHB in Anspruch genommen haben, sowie  etwaige Effekte im kommunalen Umfeld – sollte auch mit Blick auf eine in Frage kommende Entscheidung über eine mögliche Verstetigung bzw. Weiterförderdung des Angebotes durch einen externen Dienstleister evaluiert werden. Dafür ist es erforderlich, bereits zu Beginn des Projektes zu planen, welche Informationen und Daten für diesen Zweck in welchem Umfang zu erheben sind. Es wird mit Gesamtkosten von ca. 50.000,00 € gerechnet. Die erforderlichen Haushaltsmittel wären ab dem Haushalt 2021 bereitzustellen und werden in die Änderungsliste aufgenommen.

 

 

 

 

 

Quellen:

 

Schulz-Nieswandt, F., Köstler, U., Mann, K. (Universität zu Köln) Mai 2018: Evaluation des Modellprojekts „Gemeindeschwesterplus“ des Landes Rheinland-Pfalz

 

Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V., Mai 2019: Empfehlungen aus dem Modellprojekt Gemeindeschwesterplus von 2015 bis 2018 in Rheinland-Pfalz

 

Weidner, F.; Gebert, A.; Brünett, M.; Ehling, C.; Seifert, K., Sachs, S., Hrsg. Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V., Januar 2018: PRÄSENZ  Prävention für Senioren Zuhause  Abschlussbericht des Modellvorhabens „PräSenZ“ in Baden-Württemberg (2014 – 2017)

 

Weidner, F.; Gebert, A.; Weber, C.; Brünett, M.; Ehling, C.; Seifert, K.,  Hrsg. Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.V., Mai 2018: PRÄSENZ  Prävention für Senioren Zuhause  Handreichung für Kommunen, Umsetzung präventiver Hausbesuche für Seniorinnen und Senioren.

 

 

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Finanz. Auswirkung

Finanzielle Auswirkungen:

 

Nein

 

X

Ja:

 

X

Darstellung der einmaligen Kosten, Folgekosten

 

vgl. DrS/2019/250 und oben Ziffer 5.2

 

 

Mittelbereitstellung

X

Teilplan: 315100   Soziale Einrichtungen für pflegebedürftige ältere Menschen

 

In der Ergebnisrechnung 2020:  71.200

                                    2021: 142.400

                                    2022: 142.400

                                    2023:   71.200

 

Produktkonto:53180000

 

In der Finanzrechnung investiv

Produktkonto:

 

 

Der Beschluss führt zu einer über-/außerplanmäßigen Aufwendung bzw. Auszahlung

 

in Höhe von

 

Euro

 

(Der Hauptausschuss ist an der Beschlussfassung zu beteiligen)

 

 

Die Deckung der Haushaltsüberschreitung ist gesichert durch

 

Minderaufwendungen bzw. -auszahlungen beim Produktkonto:

 

 

 

 

 

Mehrerträge bzw. -einzahlungen beim Produktkonto:

 

 

Bezug zum strategischen Management:

 

Nein

 

X

Ja; Darstellung der Maßnahme

           Ziel 3:
           Wir verfolgen und schützen eibn gesundes und soz8iales Aufwachsen,
            Leben, Arbeiten, Wohnen und Älterwerden von Menschen in einer
            intakten Umwelt.

 

Belange von Menschen mit Behinderung sind betroffen:

 

Nein

 

X

Ja

 

Belange von Menschen mit Behinderung wurden berücksichtigt:

 

 

Nein

 

X

Ja

 

 

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Anlagen

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