Drucksache - DrS/2012/154-1
Grunddaten
- Betreff:
-
Fracking-Resolution: Nein zum"Fracking"-Verfahren im Kreis Segeberg!
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Drucksache
- Federführend:
- FB Umwelt, Planen, Bauen
- Bearbeitung:
- Anja Cordts
- Verfasser 1:
- Thorsten Wolf
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Hauptausschuss
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Vorberatung
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04.12.2012
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Erledigt
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Kreistag des Kreises Segeberg
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Entscheidung
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06.12.2012
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Beschlussvorschlag
Beschlussvorschlag:
Der Hauptausschuss empfiehlt, der Kreistag beschließt folgende Resolution:
Der Segeberger Kreistag fordert die Landesregierung von Schleswig-Holstein auf, das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) anzuweisen, etwaige Anträge auf Erkundung von und Förderung aus unkonventionellen Erdgaslagerstätten mit Hilfe des sogenannten Frackingverfahrens im Kreis Segeberg bis auf weiteres abzulehnen.
Für das Gefährdungspotential des Frackingverfahrens für Tektonik, Grundwasser, Landschaft und Klima liegen zwar zahlreiche, aber noch nicht ausreichend belastbare wissenschaftliche Forschungsergebnisse für Norddeutschland vor.
Das Verfahren wird in Wissenschaft und Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.
Das tatsächliche Eintreten möglicher Risiken wäre für den Kreis Segeberg aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen schädlich. Bis zum Vorliegen belastbarer und einschätzbarer wissenschaftlicher Forschungsergebnisse lehnt der Segeberger Kreistag eine Anwendung des Frackingverfahrens ab.
Des Weiteren fordert der Segeberger Kreistag, dass auf Landes- und Bundesebene eine politische Diskussion geführt wird, um die Beteiligungsrechte der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu sichern und die Verpflichtung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) einzuführen sowie das Bergrecht dahingehend zu ändern.
Sachverhalt
Sachverhalt:
Resolution: Nein zum „Fracking“-Verfahren im Kreis Segeberg
I. Vorbemerkung
Der Ausschuss für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz hatte sich auf seiner Sitzung am 14.11.2012 mit dem o. g. Thema befasst. Der Ausschuss empfiehlt dem Kreistag, die dieser Vorlage als Anlage beigefügte Resolution (Anlage 4) zu verabschieden. Die Resolution ist wortgleich im Beschlussvorschlag niedergeschrieben.
II. Gegenwärtiger Verwaltungssachstand
Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Niedersachsen, welches auch für Tief-Bodenerkundungen in Schleswig-Holstein fachlich zuständige Behörde ist, hat mit Schreiben vom 05.09.2012 das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein aufgefordert, eine Stellungnahme bezüglich eines Antrages einer Erlaubnis zur Aufsuchung/Erkundung von Kohlenwasserstoffen im Erkundungsgebiet Bad Bramstedt abzugeben (siehe anliegende Karte – Anlage 1). Der Antrag an das LBEG wurde von einer Fa. mit Sitz in Berlin gestellt.
Zur Zeit geht es lediglich um die Frage der Erkundung, ob sich das Gebiet überhaupt für eine mögliche Methode zur Gewinnung von Kohlenwasserstoffen eignet. Es geht noch nicht um die Erlaubnis zur (kommerziellen) Gewinnung von Kohlenwasserstoffen. Die Erkundungen selbst, die mittels Probebohrungen durchgeführt würden, ergäben erst die Erkenntnis über die Zusammensetzung der Gesteinsschichten. Welche Methode zur Gewinnung von Kohlenwasserstoffen später zur Anwendung kommen kann, hängt entscheidend von der geologischen Zusammensetzung ab. Das Fracking ist hierbei eine Methode unter mehreren möglichen; die Frage, auf welche Art und Weise das Fracking durchgeführt würde, hängt ebenfalls von der Zusammensetzung der Gesteinsschichten ab.
Die Frist zur Abgabe der Stellungnahme des Landes wurde mittlerweile auf Anfang/Mitte Dezember verlängert (formelle Beteiligung des Landesumweltministeriums im Rahmen von § 11 Nr. 10 BBergG bezüglich der Frage, ob überwiegende öffentliche Interessen die Aufsuchung im gesamten Erkundungsgebiet ausschlössen).
Das Umweltministerium SH wiederum ist mit E-Mailschreiben vom 11.10.2012 an den Kreis Segeberg/die UNB herangetreten, um dessen Stellungnahme zu dem obigen Antrag zu erhalten. Der Kreis (die UNB und die Wasserbehörde) hatte eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum 16.11.2012. Die Stellungnahme des Kreises ist eine Anhörung im Rahmen des öffentlichen Interesses und erfolgte fristgerecht am 15.11.2012 (siehe Anlage 5). Der Kreis hat jedoch keine Möglichkeiten, das Verfahren aufzuhalten oder maßgeblich zu bestimmen.
Die nachfolgenden Ausführungen stellen summarische Prüfungsergebnisse der Verwaltung dar und dienen der Information des Ehrenamtes.
III. Erläuterung – Definition „Fracking“
Fracking (kurz für "Hydraulic Fracturing") ist eine Methode zur Erdgas/-Erdölförderung aus unkonventionellen Lagerstätten, d.h., Lagerstätten, die eine nur geringe Durchlässigkeit aufweisen, so dass das Erdgas/Erdöl bei Druckentlastung nicht einfach entweicht. Zu den unkonventionellen Erdgasvorkommen zählen das Kohleflösgas sowie Erdgas, das in Schiefergestein und Sand- oder Kalksteinhorizonten gebunden ist. Beim Fracking werden durch hohen hydraulischen Druck Risse im Gestein erzeugt, damit das Erdgas/Erdöl über diese entweichen und gefördert werden kann.
Die Bohrung wird i.d.R. durch eine vertikale Bohrung bis in die interessanten Gesteinsschichten, z.B. bei Schiefergaslagerstätten bis ca. 1.000 m, abgeteuft, von der dann z.B. sternförmig horizontal Bohrungen abgehen, über die die Lagerstätte erschlossen wird. Sowohl die vertikale als auch die horizontalen Bohrungen werden mit zementierten Stahlrohren ausgebaut. Im nächsten Schritt werden in die horizontalen Bohrungen in regelmäßigen Abständen Löcher in die Verrohrung geschossen, so dass beim anschließenden Einpressen der Frackingflüssigkeit diese mit hohem Druck (bis 1.000 bar) durch die Löcher tief in das Gestein eindringt. Die Frackingflüssigkeit, von der große Mengen (500 – 5.000 m³) in den Untergrund gepresst werden, besteht aus 80 – 90 % aus Wasser, Quarzsand und chemischen Additive (0,5 – 2 %). Durch den hohen hydraulischen Druck werden künstliche Risse im Gestein erzeugt. Das eingepresste Fracfluid, welches unter dem Druck der Gesteinsschicht steht, wird bei der anschließenden Entspannung teilweise zurückgepumpt. Der beigesetzte Sand verbleibt in den Rissen und hält diese gegen den anstehenden Gesteinsdruck für den Fluss von Erdgas offen. Ebenfalls an den Gesteinsrissen verbleiben teilweise die beigesetzten Chemikalien. Sie sollen das Herauslösen von Mineralien verhindern, den Transport und die Sandablagerung gewährleisten und mikrobiologischen Bewuchs in der Lagerstätte unterdrücken.
IV. Mögliche Auswirkungen
Zu befürchten sind eine Verschmutzung der Umwelt und eine Verunreinigung des Grundwassers, insbesondere wegen des Chemikalieneinsatzes und der Entsorgung des anfallenden Fracfluids, aber auch Erdbebenrisiken. Der Anteil der eingesetzten Chemikalien im Fracfluid ist prozentual gemessen gering, jedoch werden insgesamt sehr große Mengen von dem Fracfluid benötigt.
Hinsichtlich der möglichen gesundheitsschädlichen Auswirkungen wird auf die Anlagen 2 und 3 verwiesen. Die Anlagen enthalten Erklärungen – herausgegeben vom Umweltbundesamt – zu möglichen gesundheitsschädlichen Stoffen, die beim Fracking entstehen können. Gleichwohl bestehen in der Wissenschaft Meinungsverschiedenheiten, welche der Stoffe tatsächlich gesundheitsschädliche Auswirkungen haben. Die Kreisverwaltung kann mangels besserer Kenntnis nicht die dort gemachten Angaben verifizieren oder widerlegen.
Es gibt unterschiedliche Durchführungsmethoden des Frackings. Die gängigste Methode ist jedoch eine Bohrung, bei der ein Rohr in das Bohrloch zementiert wird. Unklar ist hierbei, ob sich diese Abdichtung als dauerhaft erweisen würde. Bei späterer Undichtigkeit des Zementmantels könnten daher Schadstoffe, z.B. aus der Frackingflüssigkeit oder dem Lagerstättenwasser, in das Grundwasser übertreten.
Ein weiteres Risiko ist, dass die durch das Fracking entstehenden Risse im Gestein größere Ausmaße als geplant einnehmen, so dass die Frackingflüssigkeit oder auch Lagerstättenwasser in wasserdurchlässige Schichten gelangen und sich von dort im Untergrund unkontrolliert weiterbewegen kann.
Ein weiteres Problem stellte der Umgang mit dem Bohrlochwasser dar, das nach der Bohrung wieder abgepumpt und an der Erdoberfläche entsorgt werden müsste. Üblicherweise wird das Bohrlochwasser in einer weiteren Bohrung wieder in eine andere Gesteinsschicht gepresst, da eine einfache Reinigung in einem Klärwerk nicht in Betracht kommt. Da das Bohrlochwasser aus dem Fördergestein herausgepumpt wird, ist es zumeist mit umweltschädlichen Stoffen verunreinigt.
Ebenfalls nicht unbedenklich ist eine Ablösung der zugesetzten Chemikalien von den Gesteinsrissen in Grundwasserschichten. Auswirkungen würden sich erst nach längerer Zeit bemerkbar machen, da die Gesteine in der Regel in großer Tiefe liegen.
Weitere Auswirkungen auf die Umwelt können von den einzusetzenden LKWs ausgehen, die die erforderlichen Mengen von Frischwasser liefern. Von der Bohrtätigkeit selbst ginge ebenfalls eine nicht unerhebliche Lärmemission aus.
Das Fracking birgt ferner die Gefahr der Auslösung lokal schwacher Erdbeben. Um das Gestein aufzureißen, wird eine Überspannung aufgebaut. Bereits bestehende Erdspannungen könnten hierbei gelöst werden und zu kleineren Erdbeben/Versackungen führen.
Die Risiken der Erdgas-/Erdölgewinnung aus unkonventionellen Lagerstätten sind insgesamt gesehen schwer kalkulierbar.
V. Was könnte auf den Kreis Segeberg zukommen?
In dem ausgewiesenem Gebiet liegen zahlreiche Schutzgebiete, die durch das Fracking betroffen wären:
Landschaftsschutzgebiet (LSG)
- „Bornhöved und Schmalensee“
- „Latendorf“
- „Bad Bramstedt/ Osterau“
- „Hagener Moor“
- „Grotmoor“
Naturschutzgebiet (NSG)
- „Halloher Moor“
- „Brandsheide“
- „Könster Moor“
- „Stellbrookmoor“
- „Scharpbrooker Moor“
- „Katenmoor“
- „Dewsbeeker Moor“
- „Bewerlohmoor“
Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet)
- „Kiebitzholmer Moor“
- „Osterau“
- „Hasenmoor“
- „Bramau“
- „Kaltenkirchener Heide“.
Zu beachten sind die erforderlichen FFH-Verträglichkeitsprüfungen bezüglich der gebietsspezifischen Erhaltungsziele, die Prüfung der Zulässigkeiten für die anderen Schutzgebiete, die besonderen artenschutzrechtlichen Bestimmungen, sowie erforderlich werdende Kompensationsmaßnahmen.
Ca. 20 % des markierten Erkundungsgebiets betreffen ein LSG, NSG und/oder ein FFH-Gebiet.
Gegen die hier beantrage Erkundung zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen bestehen Seitens der Kreisverwaltung nur hinsichtlich der oben aufgeführten Schutzgebiete und hinsichtlich der vorhandenen Wasserwerksstandorte ökologische Bedenken, da selbst Erkundungsbohrungen zu Beeinträchtigungen derselben führen können. Bezüglich des übrigen – nicht formell geschützten - Gebietes können gegen eine Erkundung keine fachlichen Ausschlussgründe genannt werden.
Bedenken bestehen ferner gegen eine Realisierung der Erdgas-/Erdölgewinnung mittels Fracking aufgrund der schwer kalkulierbaren ökologischen Risiken für den Naturhaushalt und den Trinkwasserhaushalt. Im Kreis Segeberg wird das Trinkwasser ausschließlich aus Grundwasser gewonnen. Im beantragten Erkundungsfeld befinden sich mehrere Wasserwerksstandorte, so dass erhebliche Bedenken gegen den Einsatz von Hydraulicfracturing zur Erschließung unkonventioneller Lagerstätten – zumindest in jenen schützenswerten Gebieten - bestehen. Im weiteren Umfeld der Wasserwerksbrunnen ist der Einsatz der Frackingmethode zum Schutze der Trinkwasserversorgung daher nicht akzeptabel.
VI. Sachstand in anderen Kreisen
Mehrere Nachbarkreise sind ebenfalls von dem Thema betroffen. So hat z. B. der Kreis Herzogtum-Lauenburg auf seiner Sitzung des Ausschusses für Energie, Umwelt und Regionales am 29.10.2012 eine Resolution beschlossen und sich gegen eine derartige Exploration ausgesprochen. Der Landrat des Kreises Herzogtum-Lauenburg hat mittlerweile die Resolution an die Landrätin gesandt und um Unterstützung gebeten. Der Kreistag RZ wird sich am 6.12. mit der Resolution befassen.
Ebenso haben die betroffenen südlichen Kreise Hamburgs (u. a. Lüneburg, Harburg) Resolutionen, gleichlautend mit der Resolution des Kreises Herzogtum-Lauenburg, beschlossen.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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