Kreis Segeberg. Viele Jahre haben das Sozialwerk Norderstedt und der Landesverein für Innere Mission in Schleswig-Holstein/ATS Norderstedt die vom Kreis Segeberg ausgeschriebenen Leistungen der Suchtberatung in Norderstedt gemeinsam erbracht. Nun endet die bis hierhin erfolgreiche Zusammenarbeit zum 31. Mai.
Die Suchtberatung in Norderstedt umfasst Einzel- und Gruppenangebote, Unterstützung für Angehörige sowie die Suchtprävention an Schulen. Diese Aufgaben hatten in der Vergangenheit beide Träger gemeinschaftlich übernommen.
"Wir müssen seit geraumer Zeit feststellen, dass der Personalnotstand auch in der Suchtberatung angekommen ist", erklärt Jeannine Strozynski, Geschäftsstellenleiterin des Sozialwerkes. Künftig konzentriert sich das Sozialwerk daher auf den Ausbau seiner anderen Geschäftsbereiche wie die psychologische Beratung, das Familienzentrum Glashütte, das NeNo (Netzwerk Norderstedt), Senior*innenwohnungen und Senior*innentreffs.
"Wir haben uns die Entscheidung – gemeinsam mit unserem Vorstand – nicht leicht gemacht und bedanken uns bei unseren Klient*innen für das entgegengebrachte Vertrauen über all die Jahre. Wir werden, wie gewohnt, auch in Zukunft ein guter Ansprechpartner sein und unseren Klient*innen die allerbeste Unterstützung bieten", so Strozynski.
Der Kreis Segeberg bedauert die Entscheidung des Sozialwerkes: "Wir verlieren einen zuverlässigen Partner und sehen mit Sorge die Entwicklung auf dem Personalmarkt", sagt Dr. Sylvia Hakimpour-Zern, Leitung des Fachdienstes Sozialpsychiatrie und Gesundheitsförderung. "Dennoch blicken wir optimistisch in die Zukunft, da beide Träger in ihren jeweiligen Aufgabenfeldern sehr gute Arbeit leisten, die den Norderstedter*innen in verschiedenen Lebenslagen zugutekommen."
Karin Nordwald, Regionalleitung der ATS, bestätigt die angespannte Personalsituation und bedauert den Austritt des Sozialwerkes ebenfalls: "Die ATS wird ihr Angebot fortführen und erweitern. Um weiterhin möglichst viele Menschen erreichen zu können, nehmen wir perspektivisch auch jüngere Klient*innen in den Fokus und bieten ab sofort auch Onlineberatungen an – einfach buchbar im Internet unter www.suchtberatung-sh.de. Auf diese Weise wollen wir den Zugang zum Hilfesystem erleichtern", sagt Nordwald.
Kreis Segeberg. Rund 15 Prozent aller Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren in Deutschland sind übergewichtig. Etwa sechs Prozent davon sehr stark. Das sind 1,7 Millionen Betroffene. "Kinder und Jugendliche mit Übergewicht erfahren oft Beleidigungen, Ablehnung, Ausgrenzung und Mobbing", weiß Dr. Sylvia Hakimpour-Zern, Leiterin des Fachdienstes "Sozialpsychiatrie und Gesundheitsförderung" beim Kreis Segeberg. Dies belaste die Psyche zusehends.
Neben Übergewicht gibt es jedoch noch viele weitere Belastungen, die Einfluss auf die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen nehmen. Wie erkenne ich belastete Kinder in Schule und Kita? "Die Kinder und Jugendlichen fallen oftmals durch ihr Verhalten auf, sind vielleicht aggressiv, zeigen einen Leistungsknick, entwickeln körperliche Symptome oder ziehen sich auffällig zurück. Was ist nur eine Verhaltensauffälligkeit und wann beginnen eine Verhaltensstörung und eine behandlungsbedürftige Erkrankung?", fragt Hakimpour-Zern. Antworten auf diese und viele weitere Fragen gab es beim 15. Segeberger Workshop für Kinder und Jugendgesundheit.
Landrat Jan Peter Schröder begrüßte in der Jugend-Akademie in Bad Segeberg über 90 Teilnehmer*innen, die sich beruflich und ehrenamtlich für Kinder und Jugendliche engagieren. Dazu gehörten Lehrer*innen, Erzieher*innen, Schulsozialarbeiter*innen, Jugendhilfeträger*innen, Mitarbeiter*innen aus dem Jugend- sowie Gesundheitsamt, aber auch Kommunalpolitiker*innen. "Die vergangenen Jahre unter Corona haben uns allen noch einmal mehr gezeigt, welchen Stellenwert und Einfluss die psychische Gesundheit auch auf unser körperliches Wohlbefinden, unsere Lebensrealität und Lebensqualität hat", so der Landrat.
Referent Dr. Martin Oldenburg von der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung in Schleswig-Holstein sprach zum Thema "Übergewicht und Fehlernährung, ein verstärktes Problem unter Corona: Wie bekommen wir unsere Kinder wieder in Bewegung und in eine gesunde Ernährung?". Laut Oldenburg hatten die Corona-Einschränkungen erhebliche Auswirkungen auf das Bewegungs- und Ernährungsverhalten sowie die Freizeitgestaltung von Kindern. In der Folge sei nun eine erhebliche Zunahme von Übergewicht und Adipositas zu beobachten. Er appellierte, das Problem "Übergewicht" nicht nur individuell, sondern gesellschaftspolitisch zu sehen. Es müsse "in der Lebenswelt der Kinder angegangen werden". Das heißt zum einen: Gesundes Essen in der Tagesverpflegung durch Schule und Kita und mehr Bewegung auch in den Schulalltag bringen, zum Beispiel auf dem Pausenhof. Mindestens genauso wichtig sei es aber, Kinder und Jugendliche in ihrem Selbstbewusstsein und in ihrer Selbstwirksamkeit zu stärken. Erhebungen zeigten, dass dies einen positiven Langzeiteffekt auf das Gewicht von Kindern habe.
"Verhaltensnorm – Verhaltensauffälligkeit – Verhaltensstörung" war das Thema von Privat-Dozentin und Diplom-Psychologin Dr. Simone Goebel, psychologische Psychotherapeutin und klinische Neuropsychologin aus Kiel. Ihrer Ansicht nach zeige jedes Kind und jede*r Jugendliche ab und zu psychische Auffälligkeiten – entsprechend einem Entwicklungsstand und/oder anlassbezogen. Zudem unterlägen Verhaltensnormen immer auch kulturellen und gesellschaftlichen Schwankungen, die berücksichtigt werden müssten.
Störungen des Sozialverhaltens oder depressive Reaktionen seien dabei Lösungsversuche der Kinder und Jugendlichen, mit ihrer Not umzugehen. Diese, unter den aktuellen Umständen, "besten Strategien" würden langfristig jedoch mehr schaden, als dass sie nützen. Zu den bedeutendsten Schutzfaktoren gehören laut Goebel starke und konstante sozialen Bindungen und Beziehungen, beispielsweise auch durch stetige Anwesenheit und Zugewandtheit von Lehrer*innen/Schulsozialarbeiter*innen. Mobbing sei wiederum der stärkste Risikofaktor in der Schule. Für alle Bildungs- und Lernvorgänge sei es daher eine grundlegende Voraussetzung, dass sich Kinder und Jugendliche bindungs- und emotional sicher fühlten.
Einen weiteren Input gaben die Kinder- und Jugendpsychiaterinnen Dr. Silke Streitpferd und Dr. Jana Efken aus der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Norderstedt.
In sich anschließenden Foren hatten die Teilnehmer*innen Gelegenheit, sich auszutauschen und das Gehörte zu vertiefen. "Am Ende der Veranstaltung gingen alle zufrieden in ihre Arbeitswelt zurück. Sie waren dankbar für das neu vermittelte Wissen und den interdisziplinären Austausch", fasst Hakimpour-Zern zusammen.