Inhalt

31.07.2023: Aktionsplan: Jugendamt stellt sich neu auf


Kreis Segeberg. "Das Wohl der Kinder hat für uns stets an erster Stelle zu stehen. Punkt", sagt Landrat Jan Peter Schröder. Was scheinbar banal klingt, entwickelt sich für die öffentlichen und freien Träger zunehmend zu einer Mammutaufgabe: Die steigende Zahl an Kindeswohlgefährdungen auf der einen und immer weniger Fachkräfte und Kinderheimplätze auf der anderen Seite. Um den immer herausfordernder werdenden Rahmen- und Arbeitsbedingungen in der Jugendhilfe und im Kinderschutz wirksam zu begegnen, hat der Kreis Segeberg nun einen umfassenden Aktionsplan entwickelt und mit dessen Umsetzung auch schon begonnen.

"Unter keinen Umständen dürfen Defizite auf den Rücken der Schwächsten unserer Gesellschaft, den Kindern, ausgetragen werden", bekräftigt Andrea Terschüren. Sie hat im Februar 2022 die Leitung des Fachbereichs "Jugend und Bildung" beim Kreis übernommen und nach einer gründlichen Analyse der Lage gemeinsam mit ihrem Team den Aktionsplan ausgearbeitet. Sie weiß dabei Landrat Jan Peter Schröder eng an ihrer Seite, der sich das Thema Kinderschutz "ganz groß auf die Fahne geschrieben" hat.

So sollen die rund 100 Mitarbeiter*innen des Jugendamts den vielschichtigen Problemstellungen, mit denen sie tagtäglich konfrontiert werden, schrittweise angemessener begegnen können. Auch sollen mögliche "Sicherheitsmängel" so noch besser vermieden werden. Zugleich soll sich die Gesamtsituation für die Mitarbeiter*innen künftig verbessern.

Belastungen möglichst gleichmäßig verteilen

"Insbesondere bei der Ausübung des staatlichen Wächteramtes leiden die Fachkräfte unter enormen Belastungen und andauernden Drucksituationen", beschreibt Terschüren, die die Sorgen und Nöte ihrer Kolleg*innen sehr ernst nimmt. Angesichts dessen sei es unerlässlich, Belastungen möglichst gleichmäßig zu verteilen, Verfahren gemeinsam zu reflektieren und wo nötig, Anpassungen vorzunehmen. Dazu gehören auch die Befassung mit Haltungsfragen, eine angemessene Fehlerkultur und durch abgestimmte, verbindliche Konzepte Sicherheit beim Handeln zu schaffen. Wichtigstes Ziel ist dabei, den sensiblen Kinderschutzbereich stets genau im Blick zu behalten.

"Das gesamte System bedarf einer Behandlung gegen Fehleranfälligkeit", ergänzt der Landrat. Die Gründe seien vielschichtig und fingen bei überforderten Eltern und damit einhergehenden Misshandlungen an und endeten bei einem Mangel an Kinderärzt*innen, Psychotherapeut*innen und Professor*innen für die Ausbildung. Übrigens nicht nur im Kreis Segeberg, sondern landes- und bundesweit. "Das bedeutet für die Mitarbeiter*innen im Jugendamtsbereich: ganz genau hinsehen, gezielt nachbohren und wo erforderlich hinreichend früh eingreifen", so Schröder.

Um den kollegialen Austausch zu intensivieren und das Vier-Augen-Prinzip künftig effizienter anwenden zu können, wurden im Kreis die sechs Dienststellen des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) auf vier reduziert. Seit Kurzem gibt es nur noch vier an den Standorten Bad Segeberg, Bornhöved, Kaltenkirchen und Henstedt-Ulzburg. In nicht allzu ferner Zukunft soll die so genannte "aufsuchende Arbeit" ausgebaut werden. Dabei gehen Jugendamt-Mitarbeiter*innen mit ihrem Angebot aktiv dorthin, wo sich Kinder, Jugendliche und Eltern aufhalten und werden dadurch nah- und ansprechbarer.

Intensivere Zusammenarbeit mit freien Trägern und Kommunen

Zudem hat jede der Dienststellen nun eine eigene Leitung in Vollzeit, die als Ansprechperson permanent zur Verfügung steht. Neue Kolleg*innen sollen besser eingearbeitet werden, unter anderem durch Mentoring. Angestrebt wird zudem eine intensivere Zusammenarbeit und mehr Austausch mit den freien Trägern der Jugendhilfe sowie eine engere Beziehung zu den Städten, Ämtern und Gemeinden im Kreis. Zwischen Institutionen wie Jugendhilfe/Schule oder Jugendhilfe/Polizei sollen Kooperationsvereinbarungen geschlossen werden. Themenbezogene Klausur- und Workshop-Tage stehen auf dem Plan und die Fehlerkultur soll durch die Bearbeitung einzelner Fälle in "Fall-Werkstätten" unter externer fachlich-versierter Leitung gefördert werden. Ein besonderes Augenmerk gilt angesichts der Fülle schwieriger Aufgaben auch der Gesundheitsfürsorge für die einzelnen Mitarbeiter*innen.

"Steigende Fallzahlen und zunehmender Fachkräftemangel erfordern übergreifende, kreative Lösungsansätze und Verbund-Projekte", unterstreicht Terschüren. Hier gebe es bereits erste kreisübergreifende Zusammenschlüsse, bei denen vor allem die besorgniserregende Unterbringungssituation in den Fokus gerückt werde. Weitere Projekte sind laut der Jugendamtsleiterin in Planung und werden laufend im Jugendhilfeausschuss des Kreises vorgestellt.

Die Umstrukturierungen im Jugendamt und der Aktionsplan sind ambitioniert, aber keineswegs das Ende der Fahnenstange: Den Kinderschutz flächendeckend zu gewährleisten, werde ganz klar eine immer schwieriger sicherzustellende staatliche Leistung. Aber, so Landrat Schröder: "Kinder sind unsere Zukunft und sie haben es verdient, geschützt und beschützt aufzuwachsen."

31.07.2023