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Datum: 28.12.2022

Anordnung der Schutzhaft durch Landrat Waldemar von Mohl am 8.9.1933

Der bereits im April 1933 für einige Zeit im Konzentrationslager Kuhlen bei Rickling im Kreis Segeberg inhaftierte Sozialdemokrat Alfred A. wird auf Anordnung des Landrats von Mohl erneut offiziell in Schutzhaft genommen und in das KZ Kuhlen überstellt.

Die zynische Formulierung "im Interesse der öffentlichen Sicherheit und zu Ihrem eigenen Schutz" kann den wahren Charakter der politischen Verfolgungsmaßnahme nicht verhüllen. In der Anordnung nahm Landrat von Mohl Bezug auf §1 der so genannten »Reichstagsbrandverordnung« vom 28. Februar 1933, in der die Grundrechte im Zuge der Verfolgung politischer Gegner außer Kraft gesetzt wurden, sowie auf eine Verordnung des preußischen Innenministers Göring, welche die Zuständigkeit der Kreispolizeibehörden für Verhaftungen festlegte.

Die Adresse des Empfängers zeigt an, dass A. sich bereits in Haft befand, der Landrat also formal umsetzte, was offenbar bereits Tatsache war. Die Haftdauer wurde wie üblich begrenzt. Seltener, aber nicht außergewöhnlich war es, wie hier geschehen, Hafturlaub auszusprechen. In diesem Fall bestand der Hintergrund darin, dass A. eine Arbeitsstelle in Hamburg annehmen und auf diese Weise aus dem Landkreis Segeberg entfernt werden sollte. So erklärte es A. in den 1950er Jahren im Rahmen seines Entschädigungsverfahrens als Opfer des NS-Regimes. Dabei hob er die Rolle des Landrats von Mohl als positiv hervor, dieser habe sich für ihn eingesetzt, er benenne ihn als Zeugen.

Die Quelle belegt gleichwohl vor allem, wie Waldemar von Mohl als Teil der nationalsozialistischen Verfolgungsmaschinerie ohne wahrnehmbare Reibung funktionierte. Auch die Gewährung von Hafturlaub diente letztendlich nationalsozialistischen Zielen, nämlich einer Ausgrenzung im Wortsinn.


Die abgebildete Quelle ist in den Akten des erwähnten Wiedergutmachungsverfahrens überliefert. Es handelt sich um einen mit Stempel der Kreisverwaltung Segeberg und der Unterschrift der dort beschäftigten Stenotypistin beglaubigten Durchschlag.

© Quellennachweis: Bundesarchiv Berlin, Sammlung "Berlin Document Center"

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