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ALLRIS - Vorlage

Bericht der Verwaltung - DrS/2012/010

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

 

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Sachverhalt

Sachverhalt:

1. Einleitung

Allgemein:

In den letzten Jahren wurden viele Radwege mit nicht unerheblichen Fördermitteln zugunsten der Gemeinden oder des Kreises gebaut. Darüber hinaus enthält unser Radwegekonzept noch weitere bauwürdige Radwege. Deren Bau könnte nunmehr fraglich geworden sein, da aktuelle Gerichtsurteile (zu bestimmten verkehrsrechtlichen Vorschriften) den bestehenden Fördemittelbedingungen für den Radwegebau widersprechen.

Im Einzelnen:

Bereits 1997 wurden mit der sog. „Radfahrernovelle“ wesentliche Regelungen für Radfahrer in der Straßenverkehrsordnung überarbeitet und ergänzt. Das erfolgte u. a. mit dem Ziel, den Fahrradverkehr sicherer zu gestalten, umweltfreundliche Verkehrsmittel weiter zu fördern und den Radfahrern mehr „Freiräume“ bei der Wahl der zu benutzenden Verkehrswege einzuräumen. Dem möchte auch das Radwegekonzept des Landes gerecht werden, welches eine wesentliche touristische Infrastrukturplanung für unser Land darstellt und folglich den Radwegebau mit Fördermitteln unterstützt.

 

2. Rechtliche Ausführungen

Ein nicht zu vernachlässigendes Merkmal in diesem Kontext ist die verkehrsrechtliche Anordnung zur Benutzung von Radwegen nach der StVO (sog. verkehrsrechtliche Benutzungspflicht). Eine Benutzungspflicht besteht seit dem 01.10.1998 nur noch für diejenigen Radwege, die mit dem Verkehrszeichen

 

  •                               Z 237 (Sonderweg Radfahren)

  •                               Z 240 (gemeinsamer Geh- und Radweg)

oder

  •                               Z 241 (getrennter Geh- und Radweg)

ausgeschildert sind.

 

Alle anderen Wege im Bereich der Straße sind somit Radwege ohne Benutzungspflicht. Nicht benutzungspflichtige andere“ Radwege sind danach „für den Radverkehr vorgesehene Verkehrsflächen“, die aber nicht mit den Zeichen 237, 240 oder 241 beschildert sind. Die nicht benutzungspflichtigen (Rad)Wege dürfen lediglich (in Fahrtrichtung) benutzt werden. Insofern besteht für den Fahrradfahrer die Wahl, entweder auf dem Weg oder auf der Fahrbahn zu fahren. Ist jedoch das Verkehrszeichen 239 angeordnet (Gehweg)

 

und ist zugleich ein baulicher Radweg parallel zum Gehweg vorhanden, dann hat der Radfahrer nach der StVO die Straße zu benutzen.

 

Die Landesfördermittelbedingungen für den Radwegebau sehen jedoch vor, dass die Radwege auch für den Radverkehr benutzungspflichtig ausgewiesen werden. D. h., der Radfahrer ist per Verkehrszeichen zu verpflichten, den Radweg zu benutzen. Findet diese Anordnung in Form der Beschilderung als benutzungspflichtiger Radweg oder als kombinierter Geh- und Radweg nicht statt (siehe oben), haben die Radfahrer im Zweifel – und bei Vorhandensein des Verkehrszeichens 239 sogar zwingend - die Straße zu benutzen.

 

Die Anordnung zur pflichtigen Benutzung darf von Seiten der Verkehrsaufsicht jedoch nur dann angeordnet werden, wenn es die Verkehrssicherheit oder die Verkehrsbedeutung der Straße erfordern (alte Regelung bis 2010) oder wenn es die Verkehrssicherheit oder der Verkehrsablauf erfordern (Regelung neu ab 2010). In den Jahren bis 2010 war man davon ausgegangen, dass die Anordnung der Benutzungspflicht von Radwegen nicht den Einschränkungen des § 45 Abs. 9 der  Straßenverkehrsordnung unterliegen würde. Danach hätten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort angeordnet werden dürfen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten gewesen wäre. Abgesehen von der Anordnung von Tempo-30-Zonen nach Absatz 1c oder Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen nach Absatz 1d hätten insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden dürfen, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage bestanden hätte, die das allgemeine Risiko - einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter - erheblich überstiegen hätte.

 

Aufgrund vorangeschrittener und mittlerweile höchstrichterlich bestätigter Rechtsprechung ist diese Anordnungspraxis so uneingeschränkt nicht mehr möglich, da sich die Prüfkriterien konkretisiert und die Rechtslage geändert haben. Danach kann aus verkehrsrechtlicher Sicht eine Anordnung zur Benutzungspflicht von Radwegen nur (noch) dann erfolgen, wenn dies auch zwingend erforderlich ist, sprich, wenn eine besondere Gefahrenlage bei der Benutzung der Straße durch den Radfahrer (positiv!) nachgewiesen wurde (sog. Unfallschwerpunkte oder Unfallrisiken auf Straßen), gem. § 45 Abs. 9 StVO.

 

Die Rechtsprechung fordert daher von der Verkehrsaufsicht eine umfassende Prüfung, ob der entscheidende Streckenabschnitt einen Unfallschwerpunkt darstellt oder darstellen könnte. Nur wenn dies der Fall sein sollte, wäre auch die Anordnung zur pflichtigen Benutzung eines Radweges möglich. Anderenfalls dürfte die Anordnung nicht (mehr) erfolgen, und die Radfahrer haben folglich die Straße zu benutzen.

Jene o. g. Prüfungskriterien - ob also besondere Umstände eine Benutzungspflicht für Radfahrer gebieten - sind auch durch Erlass des zuständigen Verkehrsministeriums konkretisiert worden und müssen folglich von der Verkehrsaufsicht beachtet werden.

 

3. Problemlage

Unter Berücksichtigung der neueren Anordnungspraxis gemäß der StVO stellte sich heraus, dass viele bereits mit Fördermitteln gebaute Radwege im Kreisgebiet die Anforderungen an die Anordnung zur Benutzungspflicht nicht erfüllten. Mangels Unfallschwerpunkten müssten aus Sicht der Straßenverkehrsaufsicht viele aufgestellte Verkehrsschilder (237, 240, 241) wieder entfernt und die Anordnung zur Benutzungspflicht aufgehoben werden. Gleiches gelte für geplante, aber noch zu bauende Radwege, bei welchen eine entsprechende Anordnung eben nicht mehr erfolgen dürfe.

Im Gegenteil: Würde man bei der bisherigen Anordnungspraxis bleiben und lediglich das Kriterium „Verkehrsbedeutung der Straße“ als rechtliche Grundlage für die Anordnung begründet heranziehen, so müsste nunmehr festgestellt werden, dass eine Prüfung des Kriteriums der „Unfallgefährdung“ dieses Ergebnis nicht stützte. Eine Anordnung nach der bisherigen Praxis würde aller Wahrscheinlichkeit nach auch rechtswidrig sein und könnte von Verkehrsteilnehmern gerichtlich angegriffen werden (was teilweise auch schon in anderen Kreisen, wie z. B. in Herzogtum Lauenburg, geschehen ist).

 

Gleichwohl verlangen aber die Fördermittelbedingungen gerade jene Anordnung zur Benutzungspflicht. Die straßenverkehrsrechtlichen Erfordernisse stehen damit teilweise in Widerspruch zu den Fördermittelbedingungen. Der rechtliche Widerspruch hat ferner Auswirkungen auf bereits bestehende, aber insbesondere auf noch zu bauende Radwege. Denn sollte eine straßenverkehrsrechtliche Vorprüfung zu dem Ergebnis gelangen, dass ein Unfallschwerpunkt an jenem Streckenabschnitt gerade nicht besteht, entfällt die bauliche Förderfähigkeit eines an sich wünschenswerten Radweges, z. B. zwischen zwei Gemeinden.

Dies wäre ein Rückschlag für viele Gemeinden in Schleswig-Holstein, nicht nur im Kreis Segeberg; denn das Problem betrifft grundsätzlich alle Kreise in SH. Die rechtliche Situation wird dadurch erschwert, dass die StVO Bundesrecht ist, während die Fördermittelbedingungen für den Radwegebau Landesrecht sind.

 

4. Lösungsansatz

a) für bereits gebaute Radwege

b) für geplante/zu planende Radwege

 

zu a)

Würde man bei bereits gebauten Radwegen die Anordnung zur Benutzungspflicht wieder zurücknehmen, könnte wegen des nachträglichen Wegfalls der Fördermittelvoraussetzungen die Rückzahlung der Fördermittel drohen. Ferner müsste der Kreis die mit den Gemeinden geschlossenen Vereinbarungen bezüglich der Baulast, der Erhaltung und der Kostentragung des gebauten Radwegs kündigen und gemäß der Gesetzeslage (§ 12 Abs. 2 Straßen- und Wegegesetz SH) Baulastverträge mit den Gemeinden neu abschließen. Die Gemeinden wären dann selbst in der Pflicht, für den Erhalt des übrig gebliebenen Wegs zu sorgen, welcher sich i. d. R. auf Kreisgrund befindet. Primäres Ziel sollte es daher sein, eine Rückzahlungsforderung von Fördermitteln unbedingt zu vermeiden und die bereits erfolgten - aber nicht unbedingt erforderlichen - Anordnungen an Ort und Stelle zu belassen. Der Kreis sollte sich auch gegen mögliche Klagen anderer Verkehrsteilnehmer gegen die erfolgten Anordnungen wehren – u. U. auch durch den Instanzenweg. Der Kreis trüge zwar das Prozesskostenrisiko, welches aber im Vergleich zu den bereits geflossenen Fördermitteln zugunsten der Gemeinden geringer wäre. Denn es gibt durchaus gute Argumente dafür, dass eine erfolgte Anordnung, die einmal unter anderen Voraussetzungen getroffen wurde, nicht aufgehoben werden müsste. Da dieses Problem nicht nur den Kreis Segeberg betrifft, sondern nahezu alle Kreise in SH, würde ein solches Verfahren ferner Mustercharakter haben und entsprechende Außenwirkung erzeugen.

 

Zu b)

Bezüglich der noch zu bauenden bzw. noch zu planenden Radwege ergäbe sich indes ein anderes Bild. Hier würde die straßenverkehrsrechtliche Vorprüfung sicherlich vielfach zu dem Ergebnis führen, dass eine Anordnung zur Benutzungspflicht nicht erforderlich sei und jener Radweg nicht unter die Förderrichtlinien falle. Dies könnte das Radwegekonzept des Kreises erheblich verändern und den Ausbau von wünschenswerten Radwegen verzögern oder sogar verhindern. 

 

Fazit:

Primär wird das Land in der Pflicht gesehen, eine Lösung zu finden, wie die verkehrsrechtlichen Bestimmungen mit den Voraussetzungen der Fördermittelrichtlinien in Einklang zu bringen/zu harmonisieren sind, damit auch zukünftig der Radwegeausbau in SH unterstützt wird.

 

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Finanz. Auswirkung

Finanzielle Auswirkungen:

 

 

Nein

 

X






 

Ja:     Die oben beschriebene Problematik könnte auch finanzielle Auswirkungen haben. Die Komplexität der Fördermittelstrukturen und die verschiedenen Fördermittelsätze pro km Radwegebau machen es sehr schwer, hier in der Kürze der Darstellung die genauen Kostenauswirkungen angemessen aufzuzeigen (der jeweilige Einzelfall ist zu betrachten).

Beispielhaft mögen daher lediglich die im Jahr 2011 geflossenen Fördermittel für zwei Radwegebauten sein.

 

 

Radweg

Fördersatz

Zuwendung

K 7 Neuengörs

70 %

~ 238.000 €

K 11 Traventhal

60%

~ 240.000 €

 

Bei durchschnittlichen Gesamtkosten von  230.000 €/ km Radweg auf der freien Strecke  - einschl. Grunderwerb und Ing. Honorar  - ergeben sich Zuwendungen von ca. 140.000 €/ km.

Die Förderquote liegt  i. d. R.  zwischen 60 % und 75 %.

 

 

 

Darstellung der einmaligen Kosten, Folgekosten

 

 

 

 

Mittelbereitstellung

 

Teilplan:

 

In der Ergebnisrechnung

Produktkonto:

 

In der Finanzrechnung investiv

Produktkonto:

 

 

Der Beschluss führt zu einer über-/außerplanmäßigen Aufwendung bzw. Auszahlung

 

in Höhe von

 

Euro

 

(Der Hauptausschuss ist an der Beschlussfassung zu beteiligen)

 

 

Die Deckung der Haushaltsüberschreitung ist gesichert durch

 

Minderaufwendungen bzw. -auszahlungen beim Produktkonto:

 

 

 

 

 

Mehrerträge bzw. -einzahlungen beim Produktkonto:

 

 

Bezug zum strategischen Management:

 

X

Nein

 

 

Ja; Darstellung der Maßnahme

 

 

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