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ALLRIS - Vorlage

Bericht der Verwaltung - DrS/2023/088

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

Zusammenfassung:

Eine bedarfsgerechte Betreuung in Kindertageseinrichtungen kann nicht umfänglich gewährleistet werden. Die Situation verschärft sich zunehmend und wird sich weiter verschlechtern. Das Maßnahmenpaket des Landes ist allein nicht geeignet, dem Fachkräftemangel wirksam entgegen zu wirken. Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände haben nicht dazu geführt, dass das Land entscheidend nachgebessert hat.

 

Die Verwaltung sieht für den Kreis Segeberg eine dramatische Entwicklung und ohne sofortige Maßnahmen werden Betreuungsansprüche zunehmend nicht erfüllbar sein. Die Verwaltung schlägt vor, das eigene Maßnahmenpaket stark auszuweiten und plant zur nächsten Fachausschusssitzung, eine Vorlage samt Maßnahmenpaket und überarbeiteter Richtlinie einzubringen, um jetzt wichtige Impulse an die Kita-Landschaft zu setzen und um Fachkräfte zu gewinnen bzw. halten zu können.

 

Sachverhalt:

Erhöhte Betreuungsbedarfe der Eltern, der demographische Wandel und auch die Erhöhung der Qualität durch die Anhebung des Betreuungsschlüssels zeigen Wirkung. Zu erwarten ist ein weiterer (konkurrierender) Fachkräftebedarf mit dem neuen Anspruch auf schulische Ganztagsbetreuung ab 2026. Kurzfristige Verbesserungen der Betreuungssituation nicht zu erwarten. Vielmehr ist von einer weiteren Verschärfung der Lage auszugehen.

 

  • Der Kita-Betrieb ist gestört. Zeit- und tageweise Schließungen von Kitas sind an der Tagesordnung. Der Fachkraft-Kind-Schlüssel muss per Ausnahmen reduziert und kann teilweise nicht mehr eingehalten werden. Fragen von Kindeswohlgefährdung aufgrund Personalknappheit treten verstärkt auf. Die Eröffnung neuer Gruppen steht aufgrund fehlendem Fachpersonal in Frage. Immer häufiger steht in den Einrichtungen die dauerhafte Einschränkung der Randzeiten zur Debatte.

 

  • Kita-Mitarbeiter*Innen sind über einen langen Zeitraum stark überlastet. Frustration ob der langjährigen ungelösten Problematik herrscht vor. Die Krankheitszeiten der Mitarbeiter*Innen sind nach Auswertungen der Krankenkassen sehr erheblich. Die Tendenz zahlreicher Leitungs- und Fachkräfte ist, die Kitas zu verlassen. Die Außendarstellung der Problematik ist nicht geeignet, Interessierte für Kitas zu gewinnen, sondern wirkt zusätzlich abschreckend.

 

  • Kinder müssen sich auf wechselnde Betreuungspersonen einstellen. Die so wichtige Bindungsarbeit in dieser für Kleinkinder sehr prägenden Zeit ist nicht gewährleistet. Die Zuwendung zum einzelnen Kind ist situationsbedingt eingeschränkt.

 

  • Eltern benötigen umfängliche, zuverlässige Betreuung, weil sie arbeiten gehen wollen oder aufgrund der Wirtschaftslage zunehmend finanziell angewiesen sind, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.  Dieser Druck einerseits, das schlechte Gewissen andererseits, die Kinder in die Betreuung zu geben und der Anspruch, dass die Kinder gut versorgt sind, erhöht die Spannungssituation im Kontakt zu den Kitas.

 

  • Mit zwei Fachkräften in einer Elementargruppe (20 Kinder) können bis zu 40 Elternteile einer Beschäftigung nachgehen. Dies verdeutlicht die zentrale Bedeutung einer bedarfsgerechten Kinderbetreuung.

 

  • Die meisten Sektoren stehen in Zeiten von allgemeinem Fachkräftemangel unter starkem Druck, Fachkräfte zu genieren, um die vorhandenen Aufträge abarbeiten zu können.  Darüber hinaus haben die Leistungen aller Sektoren eine überragende gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung.

 

Die Konsequenz:

Es bedarf eines Maßnahmenpakets, um Fachkräfte zu gewinnen und auch die vorhandenen zu halten.  Alle beteiligten Kräfte sind gefordert; hier insbesondere

  • das Land als Verantwortliche, für die Schaffung von gesetzlichen Vorgaben, die Finanzierung und die praktische Umsetzbarkeit,
  • die Kreise als Verantwortliche örtliche Träger der Jugendhilfe für die Umsetzung,
  • die Standortgemeinden für die Daseinsvorsorge vor Ort.

 

Das Land Schleswig-Holstein

Das Land hat das KiTaG geändert. Es wurden Gesetzesänderungen beschlossen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Zudem ist eine Richtlinie in Arbeit, die Fördermittel für die Fachkräftegewinnung vorsieht. Maßnahmen im Einzelnen:

 Förderung der Praxisintegrierten Ausbildung (PiA) sowie der Praxisanleitung der PiA´s

 Förderung von Qualifizierungs-Maßnahmen für Quereinsteiger

 Aufwertung für langjährige Zweitkräfte, die unter Voraussetzungen auch Gruppenleitung wahrnehmen dürfen

 Schaffung von Kapazitäten zur Ausbildung von Erzieher*Innen und Sozialpädagogischen Assistent*Innen

 

Zur Praxisintegrierte Ausbildung (PiA)

Es gibt eine Praxisintegrierte Ausbildung (PiA) für Erzieher*Innen (PiA-ERZ) und ab 1.8.2023 ganz neu für Sozialpädagogische Assistent*Innen (PiA-SPA). PiA´s schließen einen Ausbildungsvertrag mit einer Kita und erhalten eine Ausbildungsvergütung. Von dieser Anbindung verspricht man sich einen hohen „Klebeeffekt“. Der Anteil der PiA´s, die nach der Ausbildung in der Einrichtung bleiben, ist sehr hoch. Je eine PiA-SPA-Klasse wird an den Berufsbildungszentren Bad Segeberg und Norderstedt zum 1.8.2023 neu eingerichtet.

 

Das Land gewährt Fördermittel als Teilfinanzierung für die Kosten der PiA´s. Die Finanzierungslücke allein bei überschlagenen Personalkosten von 20.000 € pro Jahr und Person ist erheblich. Das Land fördert bis zu 12.200 Euro pro Jahr für PiA-ERZ (nur im ersten Jahr, inkl. Praxisanleiterstd.), für PiA-SPA beträgt der Zuschuss für beide Jahre je 9.800 €.

Die Kita-Träger sehen die Notwendigkeit auszubilden. Sie warten andererseits dringend auf die Zusage, dass die vollständige Refinanzierung sichergestellt ist. Der Erfolg der im Frühjahr beschlossenen Maßnahmen des Landes ist stark abhängig von der Klärung und Sicherstellung einer vollständigen Finanzierung.  Das Land hat seine Förderung aufgestockt, ist aber nicht zur vollständigen Finanzierung bereit. In einem budget-orientierten System stellt sich die Frage, wer ohne sichere Finanzierung die dringend notwendige Ausbildung betreibt. 

 

Der Kreis Segeberg

Die Verwaltung ist überzeugt, dass Aus- und Fortbildung der Schlüssel für die Gewinnung von Fachkräften für die Kitas ist. Das Bemühen des Landes ist anzuerkennen, aber das Maßnahmenpaket erscheint nicht ausreichend, um wirksame Impulse zu setzen. Die vollständige Übernahme von Ausbildungskosten als wesentliches Mittel zur Bekämpfung des Fachkräftemangels ist ein wichtiger Punkt. Durch die Beschränkung der Förderung auf 27 PiA-ERZ und 22 PiA-SPA im Kreis Segeberg werden voraussichtlich nicht alle Interessent*innen von der Landesförderung profitieren können.  Der Kreis hat bereits mehrfach zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden deutlich gemacht, dass das Land in der Pflicht steht, in eigener Verantwortung Maßnahmen zu ergreifen und umfänglich zu finanzieren.

Der wünschenswerte Qualitätsgewinn durch einen höheren Personalschlüssel (Fachkraft-Kind-Schlüssel; FKS) muss nach hiesiger Auffassung leider - aber alternativlos - zurückgestellt werden, bis neue Fachkräfte vorhanden sind, die sukzessive die Erhöhung des FKS zulassen.

Die vorhandenen Fachkräfte brauchen unverzüglich wirksame Entlastung, um die Perspektive zu schaffen, die Arbeit mit den Kindern leisten zu können. Dies ist als Signal für die Mitarbeiter*Innen zu verstehen und zugleich an Personen gerichtet, die die Arbeit in den Kitas interessiert werden sollen.

 

Mit Blick auf 2025 sieht das KiTaG eine Umstellung von einer Fehlbetragsfinanzierung der Kitas durch die Standortgemeinden auf eine Budget-Finanzierung der Kitas nach dem Standard-Qualitäts-Kostenmodell (SQKM) durch den Kreis vor. Die Gesamtverantwortung für das Kita-System weist das KiTaG dem Kreis Segeberg als örtlichen Träger der Jugendhilfe zu. In einem System mit über 80 Mio. Euro jährlichem Aufwand allein für die Kita-Finanzierung und Kindertagesbetreuung muss durch den Systemwechsel besorgten Kita-Trägern eine langfristig solide, zuverlässige Finanzierung gewährleistt werden.

 

Kita-Fachkräfte gewinnen und halten im Kreis Segeberg

Die Verwaltung wird zur kommenden Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 28.9.2023 eine Vorlage einbringen und den politischen Gremien des Kreises Alternativen anbieten, die den Einsatz von Kreismitteln beinhalten. Das Maßnahmenpaket wird Vorschläge zu einer weitgehenden Finanzierung von PiA – nach Möglichkeit bereits rückwirkend zum 1.8.2023 - unterbreiten und Vorschläge zur Finanzierung von entlastenden, gesundheitsfördernden Maßnahmen für vorhandene Fachkräfte (zusätzliche helfende Hände, Gesundheitsmaßnahmen, Fort- und Weiterbildung) enthalten. Daneben werden auch Maßnahmen zur Gewinnung von Kindertagespflegepersonen vorgestellt, die weiterhin eine wichtige Säule im Gesamtkonzept darstellen.

 

 

 

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