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ALLRIS - Vorlage

Bericht der Verwaltung - DrS/2022/197

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

Zusammenfassung:

Die Biodiversitäts-Strategie des Landes Schleswig-Holstein „Kurs Natur 2030“ fordert den Erhalt und die Förderung der Biodiversität. Um dieses Ziel auf Kreisebene zu erreichen, würde die UNB des Kreises Segeberg gezielt Maßnahmen aus den Managementplänen von FFH-Gebieten im Kreis konkretisieren, planen und umsetzen sowie erforderlichenfalls die Managementpläne fortschreiben und neu justieren. Die hierzu erforderliche Personalkapazität steht zurzeit nicht zur Verfügung. Mit den vom Land in der oben angeführten Biodiversitäts-Strategie geforderten zwei zusätzlichen Personalstellen je UNB könnte in zwei bis drei FFH-Gebieten auf diese Weise nicht nur der Erhalt, sondern auch die Förderung der Biodiversität erreicht werden.

 

Sachverhalt:

Die untere Naturschutzbehörde des Kreises Segeberg (UNB) erhielt vom Ausschuss für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz (UNK) den Auftrag zu ermitteln, „welcher erwartete Arbeitsaufwand sich aus dem Landesbeschluss zur Biodiversität ergeben wird und ob und in welcher Höhe Landeszuschüsse eingeworben werden können“ und „ob der erwartete Arbeitsaufwand mit bestehendem Personal geleistet werden kann oder in welchem Umfang Stellenmehrbedarfe entstehen werden“ (DrS/2021/312).

Weiterhin erhielt die UNB vom UNK den Auftrag, im Rahmen des Moorschutzprogramms des Landes Schleswig-Holstein und unter Verwendung dafür bereitgestellter Bundesmittel möglichst viele geeignete Moorflächen, die sich zur Wiedervernässung eignen, zu identifizieren und die notwendigen Voraussetzungen für eine Wiedervernässung vorzubereiten (Drs/2022/052).

 

Die Biodiversität beschreibt die biologische Vielfalt in einem begrenzten Raum. Sie beinhaltet drei Komplexe: Die Vielfalt dort vorkommender Arten, die genetische Vielfalt innerhalb der vorkommenden Arten und die Vielfalt an Ökosystemen.

Die Biodiversität beschreibt die qualitative, quantitative und funktionelle Vielfalt des Lebens auf allen Organisationsebenen in einem bestimmten Raum und ist damit ein Gradmesser für die ökologische Wertigkeit eines definierten Gebietes. Je höher die Biodiversität ist, desto höher ist auch die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Die Landesbiodiversitätsstrategie sieht Maßnahmen für die Handlungsfelder

  • Landwirtschaft,
  • Waldwirtschaft,
  • Terrestrische und aquatische Schutzgebiete,
  • Öffentliche Flächen und Gebäude,
  • Siedlungs- und Verkehrsbereiche,
  • Tourismus,
  • Bildung und
  • Stärkung von Umsetzungsstrukturen

vor. Es werden somit alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens einbezogen; dies unterstreicht auch den Charakter des Schutzes und der Förderung der Biodiversität als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Aus diesem Grund sollen auch alle Bereiche der Kreisverwaltungen im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten in den oben angeführten Handlungsfeldern aktiv an der Umsetzung der Biodiversitätsstrategie des Landes mitwirken. Die Art und Weise dieser Mitwirkung wird in der Landesbiodiversitätsstrategie nicht konkretisiert.

Die UNBn sind auf Kreisebene für die Belange des Naturschutzes, insbesondere für die Umsetzung des Bundesnaturschutzgesetzes in Verbindung mit dem Landesnaturschutzgesetz zuständig. Sie

  • sind Ansprechpartner für Bürger*innen,
  • nehmen Vollzugsaufgaben wahr,
  • begleiten zahlreiche Zulassungs-, Genehmigungs-, Planfeststellungs- und Bauleitverfahren.

Neben diesen umfangreichen Aufgaben vertreten die UNBn als Anwälte der belebten Umwelt deren Interessen zu ihrem Erhalt und in letzter Instanz zum Wohlergehen der menschlichen Gesellschaft – Biodiversität als Daseinsvorsorge. Im Rahmen der Biodiversitätsstrategie wäre es erforderlich, in diesem Segment mehr Personalkapazität einzusetzen. Um diesen gesamtgesellschaftlichen Auftrag neben ihren anderen Aufgaben ausführen zu können, sollen gemäß der Biodiversitäts-Strategie des Landes Schleswig-Holstein „Kurs Natur 2030“ die UNBn der schleswig-holsteinischen Landkreise künftig mit jeweils zwei zusätzlichen Personalstellen ausgestattet werden (vgl. „Kurs Natur 2030“, S. 92).

 

Die Förderung und die Erhöhung der Biodiversität kann ausschließlich über den Schutz, die Förderung und die Entwicklung der Lebensräume erfolgen, also über die Fläche. Hierzu ist in Schleswig-Holstein eine Vielzahl von Ansätzen denkbar. Die UNB des Kreises Segeberg würde sich zunächst auf diejenigen beschränken, die zur Stärkung der Biodiversität und zum Schutz der Moore die größte Effektivität zu entfalten versprechen.

Der Kreis Segeberg umfasst 26 Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiete (FFH-Gebiete), die teils kreisübergreifend sind und die eine Gesamtfläche von 5.000 ha ausmachen, bei einer Kreis-Gesamtfläche von etwa 135.000 ha. Die FFH-Gebiete bilden zusammen mit den Europäischen Vogelschutzgebieten das Gebietsnetzwerk Natura 2000. Das Land Schleswig-Holstein ist in der Pflicht, den Erhaltungszustand der FFH-Gebiete mindestens zu sichern (Verschlechterungsverbot gemäß   33 Abs. 1 BNatSchG, ggf. i. V. mit § 24 Abs. 1 LNatSchG). Hierzu gibt es für die FFH-Gebiete Managementpläne (aufgestellt durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, MLUR, heute Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur, MEKUN), in denen verschiedene Maßnahmenpakete dargestellt werden. Hierbei handelt es sich um Notwendige Erhaltungs- und gegebenenfalls Wiederherstellungsmaßnahmen, die der Konkretisierung des oben beschriebenen Verschlechterungsverbotes dienen und deren Umsetzung zu den pflichtigen Aufgaben der UNBn gehören. Darüber hinaus werden Weitergehende Entwicklungsmaßnahmen sowie Sonstige Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen beschrieben, die eine Verbesserung des Erhaltungszustandes des betreffenden FFH-Gebietes bewirken sollen.

An diesen weitergehenden Entwicklungsmaßnahmen und den sonstigen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen sollte vorrangig angesetzt werden. Dazu müssen die in den Managementplänen zumeist allgemein und abstrakt gehaltenen Maßnahmen konkretisiert werden, die erforderlichen Arbeiten müssen geplant, vergeben, koordiniert und überwacht werden. Hierfür ist die Verwendung von Ersatzgeldern grundsätzlich möglich. Dies sollte vor dem Hintergrund der bisherigen Verwendungsquote für Ersatzgelder im Kreis auch prioritär verfolgt werden. Da es sich bei den FFH-Gebieten um dynamische Systeme handelt, müssen die Managementpläne kontinuierlich überprüft und erforderlichenfalls angepasst werden. An dieser Stelle entsprechende Erfordernisse zu erkennen und mit den übergeordneten Stellen abzustimmen, wäre auch Aufgabe der Biodiversitäts-Personalstellen.

Einige der schleswig-holsteinischen FFH-Gebiete sind Moore oder vielmehr Reste von ehemals bedeutend größeren Mooren. Mit Hilfe des Moorschutzprogrammes soll in Schleswig-Holstein die Wiedervernässung und Regeneration von Mooren gefördert werden um einerseits die Biodiversität zu stärken und andererseits einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Der Versuch, die Biodiversität durch Entwicklung aller im Kreis Segeberg befindlichen FFH-Gebiete zu fördern, kann nur scheitern, weil auch durch Schaffung zusätzlicher Personalstellen diese Aufgabe nicht vollumfänglich erbracht werden könnte. Stünden der UNB die vom Land geforderten zwei Personalstellen zur Förderung der Biodiversität zur Verfügung, so würden diese dazu verwendet werden, in zwei bis drei FFH-Gebieten durch Umsetzung der im jeweiligen Managementplan dargestellten Maßnahmen nicht nur den Erhalt, sondern auch die weitere Entwicklung des Lebensraumes zu betreiben. Um neben der Förderung der Biodiversität auch zusätzlich den Erfordernissen des Klimaschutzes zu entsprechen, sollten die ausgewählten FFH-Gebiete Moorlebensräume oder Wälder beinhalten.

Die Umsetzung der Maßnahmen aus den Managementplänen soll in den gewählten FFH-Gebieten parallel erfolgen; sobald in einem der Gebiete die Umsetzung der Maßnahmen abgeschlossen ist, kann der Fokus auf ein anderes, zusätzliches FFH-Gebiet gerichtet werden.

Aufgrund der Beschränkung auf maximal drei FFH-Gebiete kann auch dann ein Erfolg erzielt werden, wenn die zusätzlichen Personalstellen nur für einen Zeitraum von wenigen Jahren zur Verfügung stünden.

 

Mit dem aktuell zur Verfügung stehenden Personal ist die UNB des Kreises Segeberg nicht in der Lage, die Förderung der Biodiversität im Kreisgebiet voranzutreiben. Insofern ist die Forderung aus der Landesbiodiversitätsstrategie nach Schaffung jeweils zweier Personalstellen je UNB zu diesem Zweck grundsätzlich nachvollziehbar und zu erwägen.

Bisher lässt das Land nicht erkennen, dass es die Finanzierung der geforderten zwei Personalstellen je UNB zur Förderung der Biodiversität ganz oder teilweise übernehmen würde. Bisher haben hierzu keine Gespräche zwischen dem Land und dem Schleswig-Holsteinischen Landkreistag stattgefunden, geplante Termine wurden unbefristet verschoben. Es erscheint ratsam, die Abstimmung der Landes-Biodiversitätsstrategie zwischen Land und Kreisen im Gesamtkontext, insbesondere auch eine Positionierung des Landes zur Finanzierung zusätzlicher Personalstellen, abzuwarten, bevor die Schaffung solcher in der UNB des Kreises Segeberg betrieben wird.

Wenn der Kreis Segeberg in der UNB zusätzliche Personalstellen zur Förderung der Biodiversität einrichten möchte, so wären die Stellen aufgrund der höherwertigen Tätigkeit gemäß Entgeltgruppe E 11 nach TVÖD zu bewerten. Für jeweils eine Personalstelle wäre zurzeit mit jährlichen Kosten in Höhe von etwa 77.500,- € zu rechnen, für zwei Stellen wären das demzufolge 155.000,- €.

 

Daneben gibt es aktuell eine Absichtserklärung des MEKUN, hauptamtliche tätige Ranger*innen bei den UNBen zu fördern (siehe Anlage „Absichtserklärung Förderung von hauptamtlich tätigen Rangerinnen und Rangern bei den UNB“).

Ziel der Maßnahmen ist ein Schutz der Gebiete – vorrangig der Naturschutz –  und der NATURA 2000-Gebiete, aber auch der Landschaftsschutzgebiete und der Naturparke. Die Aufgabe der Rangerinnen und Ranger soll in erster Linie die Präsenz vor Ort in den Schutzgebieten sein mit dem Schwerpunkt der Aufklärung und Information der Besucherinnen und Besucher. Letztlich sollen aber auch ordnungsrechtliche Aufgaben mit wahrgenommen werden.

 

Die Verwaltung hat noch keine abschließende Meinung zu dem Mehrwert einer solchen Ranger*innen-Stelle. Auch bei diesem Angebot muss allerdings berücksichtigt werden, dass es bislang keine mit den Kreisen abgestimmte Strategie zur Umsetzung der Landes-Biodiversitätsstrategie gibt. Dies erweist sich mit Bezug auf das Konnexitätsprinzip als grundsätzlich problematisch. Am Beispiel der o. g. Ranger*innen muss bedacht werden, dass erforderliche Personalressourcen für das Betreiben von ordnungsrechtlichen Verfahren bislang nicht Bestandteil der Förderung sind.

 

 

 

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Anlagen

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