Bericht der Verwaltung - DrS/2021/318-1
Grunddaten
- Betreff:
-
Bericht zur Wiederaufnahme der Vertragsverhandlungen zum öffentlich-rechtlicher Vertrag über die Übertragung von Aufgaben der Jugendhilfe des Kreises Segeberg auf die Große kreisangehörige Stadt Norderstedt bezüglich der Ausgleichszahlungen an die Stadt Norderstedt im Bereich der Kindertagesstätten
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Bericht der Verwaltung
- Federführend:
- FB Jugend und Bildung
- Bearbeitung:
- Sandra Fait-Böhme
- Beteiligt:
- Finanzen und Finanzcontrolling; Gleichstellungsbeauftragte; Gremien, Kommunikation, Controlling; FB Zentrale Steuerung
- Verfasser 1:
- Terschüren, Andrea
- Ziele:
- 3. Ziel 3 - gesundes und soziales Aufwachsen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Jugendhilfeausschuss
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Kenntnisnahme
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23.06.2022
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Sachverhalt
Zusammenfassung:
Das vom Kreis Segeberg in Auftrag gegebene Rechtsgutachten ist zu dem Ergebnis gekommen, dass im Rahmen des sachgerechten Finanzierungsausgleichs nach § 47 Abs. 1 Satz 3 Jugendförderungsgesetz (JuFöG) das durch die KiTa-Reform entstandene Finanzierungsdefizit im Rahmen des sachgerechten Finanzierungsausgleichs an die Stadt Norderstedt zu berücksichtigen ist.
Sachverhalt:
Die Revisionsverhandlungen zum zweiten Änderungsvertag bezüglich des öffentlich-rechtlichen Vertrages vom 26.11.2013/ 05.12.2013 über die Übertragung von Aufgaben der Jugendhilfe an die Große kreisangehörige Stadt sind in 2021 erfolgt. Der Abschluss des vorgelegten zweiten Änderungsvertrages (DrS/2021/318) ist durch den Kreistag beschlossen worden.
Streitig zwischen dem Kreis Segeberg und der Stadt Norderstedt war der Ausgleich des bei der Stadt als örtlichem Jugendhilfeträger entstehende Finanzierungsdefizit in der Kindertagesstättenfinanzierung durch den Kreis.
Nach Auffassung des Kreises war rechtlich zu prüfen, ob die Stadt Norderstedt vom Kreis verlangen kann, Ausgleichszahlungen zu leisten für die der Stadt Norderstedt - in ihrer Eigenschaft als örtlicher Jugendhilfeträger - aus der Kita-Reform erwachsenden Aufgaben.
Mit der rechtlichen Prüfung war Frau Prof. Dr. Leppin von der Kanzlei Weissleder & Ewer beauftragt worden.
Aus dem ausführlichen Gutachten ergibt sich, dass nach § 47 Abs. 1 Satz 3 Jugendförderungsgesetz (JuFöG) im Rahmen des sachgerechten Finanzierungsausgleichs grundsätzlich alle Ausgaben der Stadt Norderstedt für die öffentliche Jugendhilfe zu berücksichtigen sind – somit auch das durch die KiTa-Reform entstandene Defizit.
Konkret:
Bezüglich der Ausgleichszahlungen nach § 47 Abs. 1 Satz 3 JuFöG sei von einem Anspruch der Stadt Norderstedt auf diese Zahlungen auszugehen.
Ein sachgerechter Finanzierungsausgleich im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 3 JuFöG müsse insbesondere bedarfsorientiert, aufgabengerecht und auf einer systemgerechten Basis erfolgen. Außerdem seien das Gleichbehandlungsgebot und das Nivellierungsverbot zu beachten. Der Gesetzgeber habe keine genauen Vorgaben für den Finanzierungsausgleich in § 47 Abs. 1 Satz 3 JuFöG normiert. Es scheine geboten, im öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 47 Abs. 1 Satz 3 JuFöG Vereinbarungen über die Steuerung des KiTa-Gaps durch die Stadt Norderstedt zu treffen.
Darüber hinaus kommt die Gutachterin zu dem Ergebnis, dass keine wesentlichen Änderungen der Vertragsverhältnisse i.S.v. § 127 Abs. 1 Satz 1 Landesverwaltungsgesetz (LVwG) vorlägen, die eine Anpassung oder Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen dem Kreis und der Stadt Norderstedt ermöglichen würden. Zwar dürfte die Gesetzesänderung im Zusammenhang mit der KiTa-Reform grundsätzlich geeignet sein, eine wesentliche Änderung der Vertragsverhältnisse zu begründen. Jedoch haben der Kreis Segeberg und die Stadt Norderstedt bislang noch keine Vereinbarung über den Ausgleich der Mehrkosten für die Kindertagesbetreuung getroffen. Somit sei nicht ersichtlich, dass ein Festhalten an dem Vertrag, nach dem die Auswirkungen der KiTa-Reform Gegenstand künftiger Verhandlungen sein sollen, wegen der KiTa-Reform unzumutbar sei.
Ein Kündigungsrecht des Kreises aus § 127 Abs. 1 Satz 1 LVwG wäre nicht mit dem § 47 Abs. 1 Satz 3 JuFöG vereinbar. Die Vorschrift sähe vor, dass der Kreis und die Stadt Norderstedt durch öffentlich-rechtlichen Vertrag einen sachgerechten Finanzierungsausgleich zu vereinbaren haben.
Ein Recht des Kreises auf Aufhebung der Rechtsstellung der Stadt Norderstedt als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe liege nicht vor. Lediglich das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein (MSGJFS) könne diese Rechtsstellung aufheben, wenn die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 JuFöG nicht mehr erfüllt seien oder die Stadt Norderstedt die Aufhebung ihrer Rechtsstellung beantragen würde.
Effektiv gerichtlichen Rechtsschutz könne die Stadt Norderstedt im Wesentlichen nur dann in Anspruch nehmen, wenn der Kreis Segeberg nicht die vertraglich geschuldete Leistung erbringe. Nach dem Gutachten wird dem Kreis ausdrücklich davon abgeraten, bewusst zu verhindern, dass eine vertragliche Einigung mit der Stadt Norderstedt erzielt werde. Der Kreis sei gemäß Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) an Recht und Gesetz - daher auch an § 47 Abs. 1 Satz 3 JuFöG - gebunden.
Sofern eine Einigung zwischen dem Kreis Segeberg und der Stadt Norderstedt nicht zustande käme, könnte ein Schiedsgutachten nach § 60 a Abs. 4 GO analog den Konflikt lösen. Ein solches solle jedoch erst dann in Auftrag gegeben werden, wenn eine einvernehmliche Kostenregelung zwischen dem Kreis Segeberg und der Stadt Norderstedt nicht zustande käme.
Ein weiteres denkbares Mittel wäre auch das Einschreiten des Innenministeriums als Kommunalaufsicht für den Kreis. Denn, wenn der Kreis die ihm nach dem Gesetz obliegenden Pflichten und Aufgaben nicht erfülle, könne die Kommunalaufsichtsbehörde anordnen, dass er innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlasse (§ 63 Abs. 1 KrO). Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 JuFöG sei der Kreis Segeberg dazu verpflichtet, mit der Stadt Norderstedt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über einen sachgerechten Finanzierungsausgleich abzuschließen. Wenn sich der Kreis Segeberg Vertragsverhandlungen verweigere, käme eine Anordnung nach § 63 Abs. 1 Kreisordnung (KrO) in Betracht.
Darüber hinaus wird im Gutachten darauf hingewiesen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit die Vereinbarungen ausführlicher begründet und dargestellt werden sollen und insbesondere die Sondersituation, die aufgrund der Verpflichtung aus § 47 Abs. 1 Satz 3 JuFöG zwischen dem Kreis Segeberg und der Stadt Norderstedt besteht, erwähnt werde.
Das in Auftrag gegebene Gutachten war aufgrund der Änderungen in der Kindertagestättenfinanzierung in Schleswig-Holstein, mangelnder Vergleichsfälle und der Sonderstellung der Stadt Norderstedt zur Bewertung der Rechtslage, zur Rechtssicherheit zwischen den Vertragspartnern und für zukünftige Verhandlungen erforderlich.
Auf Grundlage dieses Gutachten ist die Aufnahme von erneuten Revisionsverhandlungen in dem noch offenen Punkt der KiTa-Finanzierung für die 25. KW mit der Stadt Norderstedt terminiert.
