Bericht der Verwaltung - DrS/2022/075
Grunddaten
- Betreff:
-
Vertragsrecht nach §§ 123 ff. SGB IX (EGH) - Umsetzungsstand Landesrahmenvertrag/Transformationsvereinbarungen
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Bericht der Verwaltung
- Federführend:
- Eingliederungshilfe für Minderjährige
- Bearbeitung:
- Jan-Hauke Heinze
- Beteiligt:
- Eingliederungshilfe für Erwachsene; Gremien, Kommunikation, Controlling; FB Zentrale Steuerung; Finanzen und Finanzcontrolling; FB Soziales, Arbeit und Gesundheit; Grundsatz- und Koordinierungsangelegenheiten Soziales und Integration; FB Jugend und Bildung
- Verfasser 1:
- Frau Rohwer, Herr Heinze
- Ziele:
- 3. Ziel 3 - gesundes und soziales Aufwachsen; 5. Ziel 5 - Zusammenleben aller Menschen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Sozialausschuss
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Kenntnisnahme
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28.04.2022
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Sachverhalt
Zusammenfassung:
Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) war ein umfassendes Gesetzespaket, das in vier zeitversetzten Reformstufen bis 2023 in Kraft tritt und das für Menschen mit Behinderungen viele Verbesserungen vorsieht. Mit dem BTHG wurden mehr Möglichkeiten der Teilhabe und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen geschaffen. Menschen mit Behinderungen, die Eingliederungshilfe beziehen, können mehr von ihrem Einkommen und Vermögen behalten. Über die Umsetzung wurde im Sozialausschuss berichtet (DrS/2017/079, DrS 2021/207, DrS/2021/209) sowie über die Berichte der KOSOZ und dem Benchmarkbericht (DrS/2019/015, DrS/2020/012, DrS/2020/156, DrS/2021/174, DrS/2021/202) über Entwicklungen berichtet, sowie eine Informationsveranstaltung am 05.11.2018 für die Mitglieder des Sozialausschusses angeboten. Herr Nielsen als Geschäftsführer der KOSOZ war regelmäßig Gast im Sozialausschuss und hat aus Sicht der Vertragsgestaltung zu den Änderungen des SGB IX berichtet.
Mit dieser Vorlage erfolgt ein Sachstand für 2022
Sachverhalt:
Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) hat das Recht der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen grundlegend reformiert und in ein eigenes Leistungsgesetz (SGB IX) überführt. Damit einhergehend auch die Leistungserbringung und -refinanzierung von Einrichtungen und Diensten mit sich daraus ergebenden Änderungen und Anpassungsbedarfen.
Das BTHG ist stufenweise in Kraft getreten, die umfangreichste und grundlegendste Stufe, mit finaler Überführung der Eingliederungshilfe ins SGB IX, zum 01.01.2020. Es war daher zwingend erforderlich, dass zu diesem Zeitpunkt alle Leistungserbringer über neue Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen mit den Leistungsträgern verfügen, um die weitere Leistungserbringung und –refinanzierung nahtlos und unbeschadet der Liquidität sicherzustellen. Der Träger der Eingliederungshilfe darf Leistungen der Eingliederungshilfe durch den Leistungserbringer nur bewilligen, soweit eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Leistungserbringer und dem für den Ort der Leistungserbringung zuständigen Träger der Eingliederungshilfe besteht (§ 123 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Damit ist ein Augenmerk darauf zu richten, dass es nicht zu einem vertraglosen Zustand kommt.
Das neue Vertragsrecht der §§ 123 ff SGB IX ist bereits zum 01.01.2018 in Kraft gesetzt worden. In Schleswig-Holstein wurde zum 12.08.2019 der Landesrahmenvertrag SGB IX unterschrieben.
In einem ersten Schritt wurden mit den Leistungserbringern Transfervereinbarungen bis zum 31.12.2021 abgeschlossen, weil noch nicht alle Änderungsbedarfe des SGB IX vertragsrechtlich umgesetzt werden konnten. Im Weiteren sollte der Landesrahmenvertag weiter angepasst werden. Da auf Vertragskommissionsebene die Verhandlungen über die noch offenen Punkte nicht zu einem Abschluss gebracht werden konnten, hat das Land Schleswig-Holstein am 14.12.2021 die Landesverordnung über Inhalte des Rahmenvertrags nach § 131 SGB IX zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe in Schleswig-Holstein erlassen (Anlage).
In den verbleibenden 14 Tagen des Jahres 2021 konnten die landesweit rund 1.500 anzupassenden Verträge nicht verhandelt werden. Insofern wurde sich für 2022 auf einen Transformationsprozess geeinigt, der einige Teile der Verhandlungen individuell betrachtet und andere dagegen weiterhin nach altem Recht belässt, damit man sich den Änderungen, resultierend aus dem BTHG/SGB IX, schrittweise nähert.
Im Umsetzungsprozess des Transformationsprozesses ab 01.01.2022 wurde folgendes durch die KOSOZ (Koordinierungsstelle Soziale Hilfen) veranlasst:
- Zur Vermeidung eines vertragslosen Zustands ab dem 01.01.2022 wurden zum Abschluss von Änderungsverträgen zum Fortwirken der Überleitungsvereinbarung (sog. Fortwirkens-vereinbarung) an die Leistungserbringer verschickt. Inhalt und Vergütungshöhe entsprechen dem Stand am 31.12.2021 und die Geltungsdauer ist bis 31.12.2022 begrenzt. Das Angebot erfolgt an alle im „System befindlichen“ Leistungserbringer unabhängig vom Verhandlungsstand (u.a. keine aktuelle Verhandlung, Neuverhandlung nach SGB IX, Verfahren anhängig in der Schiedsstelle nach SGB IX). Bei Angebotsannahme bestände zum 01.01.2022 für alle Beteiligten Sicherheit zum vertraglichen Zustand und der Leistung (Qualität, Prüffähigkeit und Vergütungshöhe).
Im Kreis Segeberg haben 4 Träger weder diese Vereinbarung noch eine der folgenden in Anspruch genommen:
- Weiterhin bleibt die individuelle Verhandlung möglich. Im Kreis Segeberg laufen bei 56 Trägern individuelle Verhandlungen. Besonders erfreulich ist, dass trotz der durchaus strittigen Fragen der Vertragskommission bereits eine Leistungsvereinbarung für den Bereich mit den größten Änderungsbedarfen vereinbart werden konnte – im Bereich der besonderen Wohnform ehemals stationäre Einrichtung - und eine zweite kurz vor dem Abschluss steht. Damit haben wir eine Blaupause für weitere Verhandlungen. Auch mit der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft sind die Verhandlungen weit fortgeschritten.
Hierzu wird auf den Bericht des Landesvereins verwiesen https://landesverein.de/leistungsvereinbarung-icf
Im Bereich der Leistungen für Minderjährige, insbesondere bei der mobilen Frühförderung und der Schulbegleitung, werden regelhaft individuelle und an das SGB IX und den Landesrahmenvertrag angepasste Vereinbarungen verhandelt und abgeschlossen. Dies resultiert insbesondere aus dem Umstand, dass die in der Vertragskommission strittigen Themen (betreffend der Ausgestaltung ehemals stationärer Wohnformen) überwiegend Leistungen für Erwachsene berühren.
Zudem sind Transformationsvereinbarung möglich, die von 40 Leistungserbringern beantragt wurden – bei der einige Kosten individuell verhandelt werden und nachgewiesen werden müssen und ein Teil „außen“ vor bleibt, so dass ab 2023 erneut die restlichen offenen Punkte anstehen.
Offensichtlich ist, dass es in den Verhandlungen zu Kostensteigerungen kommt. Zum einen weil die Änderungen des SGB IX zu Personalsteigerungen führen, Tariferhöhungen erfolgten und zum anderen weil die Sachkosten und Energiepreises steigen. Zu den Sachkosten wurde auf Vertragskommissionsebene gerade ein Vorschlag für eine pauschale Erhöhung geeint, der in die Landesverordnung mit aufgenommen werden soll und den aktuellen Entwicklungen auf dem Energiemarkt gerecht werden wird.
Im Moment lässt sich noch nicht genau abschätzen, mit welcher Steigerung für den Haushalt zu rechnen ist.
Abgesehen von den vertraglichen Grundlagen durch Änderungen im Rahmen des SGB IX ist es natürlich wichtig auch über die Situation der Menschen mit Behinderung zu berichten.
Das SGB IX legt den Schwerpunkt auf Inklusion, Teilhabe und Partizipation.
Das Gesamtplanverfahren für die Bedarfsfeststellung nach dem ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung, und Gesundheit) wurde gemeinsam für Schleswig-Holstein entwickelt.
Die Bedarfsfeststellung für die Leistungen erfolgt durch die Teilhabeplaner*innen über die SHIP- Instrumente (Schleswig Holstein Individuelle Planung). Hierzu wird aktuell eine landesweit abgestimmte Optimierungsauswertung durchgeführt. In diesem Rahmen wird seitens der Eingliederungshilfe des Kreises Segeberg darauf hingewiesen werden, dass das Verfahren sehr umfangreich und ressourcenintensiv ist. Dies ist insbesondere bei zeitlich befristeten und niedrigschwelligen Maßnahmen für Kinder im vorschulischen Bereich, aus Sicht der Eingliederungshilfe für Minderjährige (FD 51.20), nur bedingt angemessen.
Zudem wurde Die SHIP Formulare sind zur Transparenz hier auf der Website des Kreises abgelegt:
Teilhabe- und Gesamtplan EGH Minderjährige:
https://www.segeberg.de/loadDocument.phtml?ObjSvrID=3466&ObjID=514&ObjLa=1&Ext=PDF
Teilhabe- und Gesamtplan EGH Erwachsene:
https://www.segeberg.de/loadDocument.phtml?ObjSvrID=3466&ObjID=1144&ObjLa=1&Ext=PDF
Außerdem wurde für die einheitliche Anwendung der Instrumente in der Eingliederungshilfe in Schleswig Holstein ein Handbuch entwickelt.
Das Verfahren nach ist im Bereich der Leistungen für Minderjährige Anfang 2021 sukzessive implementiert worden. Bei der Umsetzung der ICF – CY (CY = Child and Youth), als an die Lebenssituation Minderjähriger angepasste Form der ICF, zeigt sich nach gut einem Jahr, dass die dort benannten Lebensbereiche nur bedingt für die Situation von Kindern im vorschulischen Alter geeignet sind. Dies schmälert jedoch nicht die grundsätzliche Geeignetheit der IC- CY als fachliches Instrument zur Bedarfsbemessung. Darüber hinaus wird besonderes Augenmerk wird auf die Einbindung der Wünsche und des Willens der betroffenen Minderjährigen, unabhängig von Alter und Beeinträchtigung, gelegt um den Anforderungen des SGB IX an die Partizipation der Betroffenen gerecht zu werden.
Mit der Einführung der ICF- CY als „gemeinsame fachliche Sprache“ ist zudem die Mitnahme der Leistungserbringer erforderlich und ist ein fortlaufender Prozess. Eine vollumfängliche Umsetzung des SHP- Verfahrens wird für das Jahr 2023 anvisiert.
Im Rahmen der aktuellen Evaluation wird seitens des FD 51.20 –Eingliederungshilfe Minderjährige- insbesondere darauf hingewiesen werden, dass das Verfahren sehr umfangreich und ressourcenintensiv ist. Dies ist insbesondere bei zeitlich befristeten und niedrigschwelligen Maßnahmen für Kinder im vorschulischen Bereich, aus Sicht des FD 51.20, nur bedingt angemessen.
In diesem Rahmen haben einige Gesamtplankonferenzen mit mehreren Reha- Trägern stattgefunden. Jetzige Erfahrungen zeigen, dass diese angezeigt sind, wenn biographische Änderungen anstehen oder bei Menschen mit einem hohen Bedarf zzgl. pflegerischer Anteile.
Der größte Umstellungsprozess wurde im Bereich der besonderen Wohnformen vollzogen – von bisher einem Tagessatz erfolgte eine Trennung in Fachleistung und die existenzsichernden Leistungen (Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung).
Die Klient*innen in den besonderen Wohnformen sind inzwischen mit der Trennung der Leistung in Grundsicherung und Fachleistung vertraut, die anfänglichen Schwierigkeiten mit Antragstellung, Kontoführung u.ä. sind im operativen Tagesgeschäft in den meisten Fällen gelöst. Vorteilhaft ist, dass im Kreis Segeberg die Bearbeitung beider Leistungen in einem Amt erfolgt, so dass eine Abstimmung zwischen den beiden Leistungsarten möglich ist und Fragen schnell geklärt werden können. Damit ist das Prinzip von Leistungen aus einer Hand abbildbar.
Die Beratungsstruktur wurde coronakonform angepasst – die Gespräche fanden teilweise telefonisch oder in digitalen Formaten statt bzw. es wurde auf Terminvereinbarung umgestellt.
Im Rahmen der Partizipation von Menschen mit Behinderung wurden die Bewohnerbeiräte in zwei Einrichtungen zu ihren Erfahrungen im SGB IX befragt.
Die Coronakrise hat zur Zunahme von Bedarfen besonders für den Personenkreis der psychisch erkrankten Menschen und Menschen mit Doppeldiagnose geführt. Das führt zu einem Anstieg der Fachleistungsstunde und zu mehr Erstanträgen.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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