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ALLRIS - Vorlage

Bericht der Verwaltung - DrS/2020/128-1

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

Sachverhalt:

Mit Antrag der CDU- Faktion vom 25.05.2020, beschlossen in der Sitzung des Sozialausschusses am 18.06.2020, wurde der Kreisverwaltung ein Prüfauftrag zur Einrichtung einer Hotline für Menschen mit Beeinträchtigung und deren Angehörigen erteilt.

 

Über die beiden konkreten Fragen aus dem Prüfauftrag hinaus soll zunächst eine generelle Einschätzung der Verwaltung erfolgen.

 

Bedarfseinschätzung:

Nach Rückmeldungen aller Fachdienste im FB III gab es auch während der corona- bedingten Einschränkungen nur ein geringes zusätzliches Aufkommen an Beratungsanfragen bzw. ratsuchenden Bürger*innen.

 

Im FD 50.11 Erwachsenen- Sozialdienst (ESD) und der Betreuungsbehörde konnte ein erhöhtes Nachfrageaufkommen verzeichnet werden. Dies bezog sich auf die Kontaktbeschränkungen/Untersagungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Altenpflege und die damit einhergehenden Sorgen von Angehörigen. Neben der reinen fachlichen Beratung erfolgte hier insbesondere auch eine Unterstützung durch Zuhören und Trost spenden.

 

In den Fachdiensten 50.30 (Eingliederungshilfe für Erwachsene) und 51.20 (Eingliederungshilfe für Minderjährige) gab es während des Corona- bedingten Lockdowns im März- Juni vermehrte Anfragen aufgrund wegfallender Betreuungsangebote, die dann in andere Formen umgesteuert werden mussten, z.B. eine Tagesbetreuung in einer besonderen Wohnform anstatt Besuch der WfbM.

 

Durch die nunmehr erfolgten Lockerungen (Stand Juli 2020) und die Rückkehr zu einem weitgehenden Regelbetrieb im gesellschaftlichen Leben, sowie in den meisten Einrichtungen (WfbM, Wohnheime, besondere Wohnformen, Kita, Schule, etc.), dürfte es zu keinen besonderen Belastungen und daraus resultierenden überproportionalen Beratungserfordernissen kommen.

 

Insofern erscheint es aus Sicht der Verwaltung angemessener die Einrichtung einer Hotline im mittel- und langfristigen Regelbetrieb zu bewerten. 

 

Als besonderes Kriterium für die Bedarfseinschätzung einer separaten Hotline wäre zu beachten, in welchen Situationen Hilfe- und Ratsuchenden die notwendigen (und ggf .vorhandenen) Strukturen und Ansprechpartner nicht bekannt sind.

 

Bestehende Angebote:

Hinsichtlich der aktuellen Strukturen und Angebote kann zunächst festgestellt werden, dass es grundsätzlich ein breites und umfassendes Leistungs- und Beratungsangebot für Bürger*innen gibt, auch weit über die Leistungsangebote der Kreisverwaltung hinaus. So decken die Angebote der Fachdienste der Kreisverwaltung nur teilweise Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen ab. So ist zum Beispiel die medizinische Versorgung bzw. häusliche Pflege, in Situationen mit Unfällen oder anderen akuten Notsituationen zur Betreuung von Kindern/Angehörigen, vorrangig bei den gesetzlichen und privaten Krankenkassen angesiedelt.

 

Die Erfahrung der Fachdienste im FB III zeigen, dass in der Regel die dort betreuten Bürger*innen über Regelsysteme (u.a. ärztliche/psychiatrische Versorgung, Pflegedienste, Kindertagesstätten, Schulen, etc.) zielerichtet auf die hiesigen Angebote zugesteuert werden. Die Fachdienste 50.30 und 51.20 bieten zudem eine antragsunabhängige Erstberatung für Hilfesuchende an, in der eine Wegweisung in zuständige Hilfesysteme erfolgt.

 

Während der Sprechzeiten der Kreisverwaltung sind ohnehin alle Fachdienste telefonisch besetzt und erreichbar. Eine passgenaue Vermittlung kann über die zentrale Rufnummer der Telefonzentrale der Kreisverwaltung erfolgen.

 

Weiterhin wurde zum 01.01.2019 im FD 50.11 (Betreuungsbehörde und Erwachsenensozialdienst) das Team des Erwachsenensozialdienstes eingerichtet. Gemäß Rahmenkonzept berät und unterstützt der Erwachsenen- Sozialdienst Personen ab 18 Jahren, die sich in einer Problemlage befinden, soweit dieser nicht durch spezialisiert verortete Zuständigkeiten wie z.B. des  Jugendamtes (§ 41 SGB VIII Hilfe für junge Volljährige) oder des Sozialpsychiatrischen Dienstes (bei Vorliegen psychischer Erkrankung) gedeckt werden kann. Dabei handelt es sich um ein niedrigschwelliges Angebot ohne formale Zugangsvoraussetzungen. Auf den Bericht zum ersten Projektjahr 2019 (Drs/2020/017) wird verwiesen. Durch die vorgenannten Tätigkeitsfelder ergibt sich eine inhaltliche Überschneidung zur Intention des CDU- Antrages, der darauf abzielt, dass Bürger*innen ein wegweisendes Unterstützungsangebot erhalten, um eine gezielte Inanspruchnahme unterstützender Angebote zu ermöglichen.

 

Als besondere Institution ist beim Kreis Segeberg der/die Beauftrage/n für Menschen mit Beeinträchtigung angesiedelt. Auch dies ist eine Stelle, an die sich Betroffene oder Angehörige mit Anliegen wenden können und unterstützt werden.

 

Extern wird seit 2018 landesweit zunächst für die Dauer von 5 Jahren der Aufbau und Betrieb der Ergänzenden und Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) aus Bundesmitteln gefördert. Im Kreis Segeberg ist die EUTB der Lebenshilfe Schleswig- Holstein e.V. in der Kurhausstraße 29 in Bad Segeberg ansässig (https://www.lebenshilfe-sh.de/service/eutb-teilhabeberatung/). Auch dort ist das Ziel der Beratung die Wegweisung ratsuchender Personen, unabhängig von Zugangsvoraussetzungen.

 

Durch den Kreis Segeberg erfolgt zudem seit mehreren Jahren die Förderung des Pflegestützpunktes, der insbesondere Angehörige rund um die Fragestellungen im Kontext ambulanter und stationärer Pflege berät.

 

Weiterhin gibt es zahlreiche trägergebundene Beratungs- und Unterstützungsangebote, welche (über-)regional themenbezogen bzw. offen gestaltet sind. Exemplarisch kann hier die AWO angeführt werden (https://www.awo.org/beratung-finden) oder der Verein Silbernetz e.V. (Anlage).

 

Regionale Träger besetzen dabei ohnehin schon Beratungsfelder und gelten in der Öffentlichkeit als anerkannte Institutionen vor Ort (z.B. Lebenshilfen, DRK, AWO, Sozialverband, etc.).

 

Zudem gibt es als die Behördenrufnummer -115, welche Bürger*innen ebenfalls zuständige Stellen für sämtliche Lebenslagen benennen und vermitteln kann.

 

In der Gesamtschau zeigt sich also, dass es aktuell schon ein breitgefächertes Leistungs- und Beratungsangebot für verschiedene Lebenslagen durch öffentliche, private, haupt- und ehrenamtliche Träger/Institutionen gibt.

 

Ansprüche an eine Hotline:

 

Aus der Antragsbegründung der CDU- Fraktion ist ersichtlich, dass durch die einzurichtende Hotline folgende Funktionen erfüllt werden sollen:

-         unmittelbare Ratschläge geben

-         Hilfe geben

-         Trost und Zuspruch spenden

 

Aus diesen Kriterien ergeben sich umfangreiche Anforderungen an die in einer Hotline tätigen Personen. Durch das Kriterium der „unmittelbaren“ Ratschläge und Hilfen wird ein hohes Maß an Kenntnis der Sozialleistungssysteme (Experten- Wissen), insbesondere zu dort vorgehaltenen Leistungen und Zuständigkeiten, verlangt. Nach Einschätzung und Erfahrung aller Fachdienste im FB III ist aufgrund des sehr ausgegliederten Sozialleistungssystems in Deutschland und der Komplexität des Reha- Rechts eine rechtssichere Kenntnis durch einzeln tätige Personen kaum möglich.

 

Ferner wird ein hoher Anspruch an Gesprächsführung und Empathie gestellt. Eine annähernd seelsorgerische Tätigkeit (Trost und Zuspruch spenden) ist eine verantwortungsvolle, anspruchsvolle und ggf. auch belastende Tätigkeit. Hier erscheinen Personen mit einer (sozial-)pädagogischen Berufsbildung als zunächst geeignete Personengruppe. Bereits aktuell werden die Mitarbeitenden des FB III täglich im Kontext der jeweiligen Leistungsfelder mit Schicksalsschlägen, schweren Erkrankungen, Behinderungsbildern, Gewalt gegen Kinder, etc. konfrontiert. Der professionelle und zugleich empathische Umgang mit Betroffenen und Angehörigen ist bereits jetzt eine der herausragenden Ansprüche an die Mitarbeitenden. Insbesondere beim ESD ist dies eine regelhafte Anforderung, da sich dort Menschen oft in besonders belasteten Lebenssituationen befinden und die Erfahrung gemacht haben keine Hilfe zu erhalten. 

 

In der praktischen Umsetzung müsste eine Hotline zudem verlässlich zu den Sprechzeiten erreichbar sein, auch bei kurzfristiger Krankheit und Urlaub.

 

Letztendlich müsste die Hotline grundsätzlich für Betroffene und Angehörige schnell und unkompliziert, insbesondere über das Internet, zu finden sein und bestenfalls einprägsam sein.

 

Stellungnahme der Beauftragten für Menschen mit Beeinträchtigung:

Die Beauftrage für Menschen mit Behinderung weist darauf hin, dass die Idee einer Hotline für Menschen mit Beeinträchtigung und deren Angehörigen als separates Angebot nicht dem Gedanken der Inklusion entspricht. Damit erfüllt diese Idee nicht die Anforderungen der UN- Behindertenrechtskonvention und wird abgelehnt.

 

Zusammenfassung:

In der Gesamtschau der vorgenannten Aspekte zeigt sich, dass eine von der CDU- Fraktion „schnellst mögliche“ Einrichtung einer Hotline das Risiko birgt, dass lediglich eine weitere Schnittstelle/Vermittlungsstelle eingerichtet wird, die in der Vielzahl bereits bestehender Angebote untergeht bzw. dem eigentlichen Zweck zuwiderläuft und Unklarheiten schafft. So könnten ratsuchende Bürger*innen nicht die originär zuständigen Fachdienste/Stellen kontaktieren, sondern zunächst auf die Hotline zugehen und so ggf. auch ungewollte Rechtsfolgen (z.B. Verzögerungen, Fristabläufe, etc.) bewirken. Hier würden sich bei genauerer Betrachtung ggf. auch haftungsrechtliche Fragen bei Falschberatung stellen, sofern Auskünfte nicht rechtssicher ausgegeben werden.

 

Dieses Risiko kann auch nur bedingt aufgelöst werden, da selbst bei Vorhandensein der zuvor beschriebenen umfassenden Kompetenzen und Sachkenntnisse, bei den in der Hotline tätigen Personen, die eigentliche Leistungsgewährung/Unterstützung im Einzelfall nur durch die hierfür zuständigen Stellen (intern/extern) erfolgen kann. Es kann sich bei der Hotline nur um eine wegweisende Stelle handeln.

 

Zu den Fragen vom 25.05.2020:

 

  1. Unter welchen Voraussetzungen ist eine schnellst mögliche Einrichtung einer Hotline möglich?

Unter Beachtung der o.g. Umstände, insbesondere verlässliche Besetzung und Erreichbarkeit, scheint eine Einrichtung nur unter Bereitstellung zusätzlicher personeller Ressourcen möglich. Hier wird in Abwägung der Anforderungen die Besetzung mit pädagogischen Fachkräften als erforderlich. Diese müsste im Anforderungsprofil bestenfalls über Erfahrung und Wissen in mehreren Sozialleistungssystem verfügen. In Anbetracht der aktuellen Arbeitsmarktlage für pädagogische Fachkräfte wird eine Besetzung mit einer die Anforderungen erfüllende Person als schwierig bewertet. 

Die Durchführung mit aktuell beschäftigtem Personal ist nicht möglich, da dieses in den jeweiligen Tätigkeitsfeldern regelhaft im Außendienst ist und somit nicht für eine dauerhafte Präsenz im Büro zur Verfügung steht.

 

 

  1. Ist eine Finanzierung durch Dritte möglich?

Wie dargestellt wird verwaltungsseitig von einer dauerhaften Installierung der Hotline ausgegangen. Eine Refinanzierung aus „Corona- Programmen“ (z.B.  Fonds zur Abdeckung sozialer Härten, insbesondere Obdachlose und Tafeln im Zusammenhang mit der Corona-Krise in Schleswig-Holstein) ist nicht einschlägig.

Weiterhin sind keine aktuellen Förderrichtlinien oder Förderprogramme ersichtlich, über welche die Einrichtung einer Hotline möglich erscheint.

 

Gesamtbewertung:

Um dem Ziel des Antrages der CDU- Fraktion trotz der beschriebenen Hindernisse zu folgen, wird seitens der Verwaltung folgendes Resümee gezogen.

 

Mit dem ESD besteht aktuell bereits ein Team beim Kreis Segeberg, welches in der bestehenden Auftragslage weitgehend die Intention des CDU- Antrages verfolgt. Aktuell jedoch nur in Teilbereichen des Kreisgebietes. Es erscheint daher perspektivisch angezeigt, dass nach Vorlage der Evaluation des Projektzeitraumes (2019- 2021) die Ausweitung des ESD auf das gesamte Kreisgebiet in Erwägung gezogen wird. Durch den damit einhergehenden personellen Zuwachs würde auch die Möglichkeit erhöht werden, dass eine zentrale Rufnummer beim ESD verlässlich während der Sprechzeiten besetzt ist.

 

Davon unabhängig erscheint es eine stetige Herausforderung zu sein, dass bestehende Beratungsangebote in der Öffentlichkeit bekannt sind bzw. schnell und über verschiedene Schlagworte im Internet auffindbar sind. Hierzu ist eine veränderte und transparentere Struktur der kreiseigenen Homepage erforderlich. Hier sollten dann auch Verlinkungen zu externen Angeboten, sofern sie nicht trägergebunden sind, vorgenommen werden. Durch den perspektivischen Neuaufbau der kreiseigenen Homepage bietet sich hier die Chance den Gedanken des barrierefreien und zielgerichteten Zugangs zu Informationen für Ratsuchende besonders einfließen zu lassen.

 

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Anlagen

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