Bericht der Verwaltung - DrS/2020/095
Grunddaten
- Betreff:
-
Auswirkungen der Corona-Krise auf die Leistungserbringung und Vergütungen von ambulanten und teilstationären Hilfen zur Erziehung sowie Eingliederungshilfen gemäß SGB VIII
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Bericht der Verwaltung
- Federführend:
- Wirtschaftliche und rechtliche Jugendhilfe
- Bearbeitung:
- Manfred Stankat
- Verfasser 1:
- Mäder, Bianca
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Jugendhilfeausschuss
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Kenntnisnahme
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11.06.2020
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Sachverhalt
Zusammenfassung:
Im März und April wurden die Zahlungen an die freien Dienstleister entsprechend der zuvor bewilligten und erbrachten Leistungen im Rahmen einer Kulanzregelung aufrechterhalten, auch dann, wenn diese Leistungen aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus nicht oder nicht vollständig erbracht werden konnten. So wird das wirtschaftliche Überleben der Dienstleister gewährleistet und sichergestellt, dass auch während und nach Ende der Corona-Maßnahmen die bedürftigen Personen und Familien mit geeigneten und ausreichenden Angeboten versorgt werden können. Mit DrS/2020/093 werden Hauptausschuss und Kreistag zur Verlängerung der Kulanzregelung über den 30.04.2020 hinaus einbezogen.
Sachverhalt:
Die Allgemeinverfügungen des Landes und des Kreises sehen Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus vor, die die Dienstleister für Leistungen der Jugendhilfe und Eingliederungshilfe für Minderjährige in ihrer Handlungsfähigkeit betreffen und die Fortführung der angebotenen und vereinbarten Leistungen teilweise unmöglich machen.
Am offensichtlichsten werden diese Einschränkungen beim Einsatz von Schulbegleitungen. Aufgrund des Betretungsverbotes von Schulen entfällt diese Leistung komplett. Betroffen davon sind in der Jugendhilfe 159 Kinder, in der Eingliederungshilfe für Minderjährige weitere 160. Auch die Einsätze der 318 Sozialpädagogischen Familienhilfen sind ganz oder teilweise nicht mehr im bisherigen Umfang und gewohnter Weise erbringbar. Das bestehende Infektionsrisiko lässt häusliche Besuche kritisch werden, und viele Familien lehnen solche schon von sich aus ab, insbesondere dort, wo Familienmitglieder als Angehörige von Risikogruppen gelten. Mit der Allgemeinverfügung vom 19.04.2020 wurde die Ausübung der (interdisziplinären) Frühförderung gänzlich untersagt.
Die Nichterbringbarkeit der vertraglich geschuldeten Leistungen hätte bei ausbleibender Reaktion der öffentlichen Träger der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe zu massiven wirtschaftlichen Problemen bei den freien Dienstleistern geführt und die Aufrechterhaltung der Angebote gefährdet, so dass für die hilfebedürftigen Personen und Familien jetzt und in Zukunft erhebliche Versorgungslücken entstanden wären.
Für die Eingliederungshilfen wurden auf Landesebene durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren (MSGJFS) sowie den Landkreistag (LKT) und die Koordinierungsstelle für soziale Hilfen (Kosoz) Regularien einer Kulanzregelung für die Dienstleister verhandelt. Mit Schreiben des MSGJFS vom 20.03.2020 (Anlage 1) erfolgte die Freigabe dieser Kulanzregelung, die eine Weiterzahlung der Vergütung auch bei ganz oder teilweise nicht erbrachten Leistungen vorsieht. Aus § 79 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII ergibt sich für die Träger der Jugendhilfe die Verpflichtung, zu gewährleisten, dass die erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Aus dieser Gewährleistungspflicht heraus und um eine Gleichbehandlung der Dienstleister in beiden Rechtskreisen zu schaffen, zumal viele der Dienstleister in beiden Bereichen tätig sind, wurde nach Eilentscheidung über den Landrat gemeinsam mit dem Bereich der Eingliederungshilfen mit Schreiben vom 23.03.2020 (Anlage 2) den Dienstleistern die Kulanzregelung angeboten. Vorgesehen ist, dass der Kreis die Vergütung für bewilligte und beauftrage Leistungen weiterhin leistet, auch wenn diese aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus nicht oder nicht vollständig erbracht werden können. Im Gegenzug werden die Dienstleister verpflichtet, Leistungen für die betroffenen Personen und Familien weiterhin im möglichen Umfang zu erbringen und ggf. Ersatzangebote zu schaffen. Diese Regelung galt in Anlehnung an die bestehenden Allgemeinverfügungen zunächst befristet bis zum 19.04.2020 und wurde mit Schreiben vom 17.04.2020 (Anlage 3) bis zum 30.04.2020 verlängert.
Durch die Kulanzregelung konnte sichergestellt werden, dass die zu versorgenden Personen und Familien weiterhin von den eingesetzten Dienstleistern begleitet werden. Diese Begleitung erfolgt, soweit durch die Allgemeinverfügung erlaubt und möglich, in der originären, vertraglich vereinbarten Form. Überall dort, wo dies nicht möglich ist, schaffen die Dienstleister Ersatzangebote. Schulbegleiter, die in ihrer eigentlichen Tätigkeit nicht handlungsfähig sind, begleiten Kinder im Homeschooling oder bieten Betreuung für einzelne Kinder oder Geschwister als Ersatz für den Ausfall von Kindertagesstätten und Ganztagsbetreuung der Schulen an, um die aktuell hochbelasteten Familien zu unterstützen und in einigen Fällen Kindeswohlgefährdungen entgegenzuwirken. Familien, die aus Gründen des Infektionsschutzes nicht besucht werden können oder wollen, werden per Video-Konferenzen begleitet oder im Outdoor-Bereich getroffen. Leistungserbringer der (interdisziplinären) Frühförderung schaffen Online-Angebote, beraten Eltern weiterhin intensiv telefonisch oder über Videokonferenzen, und es wird pädagogisches Fördermaterial zur Verfügung gestellt.
Die Kulanzregelung verhindert den Einbruch der Dienstleister-Landschaft, stellt aktuell die erforderliche Begleitung sicher und gewährleistet, dass bei sukzessiver Lockerung der Allgemeinverfügungen die zuvor als notwendig identifizierten und vereinbarten Leistungen sofort und vollumfänglich wieder zur Verfügung stehen.
Parallel zu der aufgezeigten Kulanzregelung wurde auf Bundesebene das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) (Anlage 4) verabschiedet. Das SodEG begründet einen gesetzlichen Anspruch der sozialen Dienstleister auf Weiterzahlung der Vergütung in Höhe von max. 75 % der durchschnittlichen Vergütung der letzten zwölf Monate. Die Anwendung und Umsetzung des SodEG in Schleswig-Holstein wurde im April intensiv auf Landesebene diskutiert. Davon unabhängig besteht jedoch ein breiter Konsens zwischen Kommunen, MSGJFS, LKT und Kosoz, dass eine Fortführung der Kulanzregelung einer Anwendung des SodEG vorzuziehen ist. Zum Zeitpunkt der Vorlagenerstellung befinden sich MSGJFS und kommunale Spitzenverbände in Verhandlungen mit den Spitzenverbänden der freien Dienstleister über die Verlängerung der Kulanzregelung über den 30.04.2020 hinaus.
Die für die Kulanzregelung benötigten Haushaltsmittel stehen im Budget zur Verfügung. Da die Dienstleister aus der Regelung auch verpflichtet sind, die Kosten zu mindern und Leistungen wie Kurzarbeitergeld für nichterbringbare Angebote in Anspruch zu nehmen, sind Mehraufwendungen für die kommunalen Leistungsträger ausgeschlossen.
Die Fortführung der Kulanzregelung wird seitens der Fachdienste des FB III vorbehaltlos mitgetragen und als sachgerecht und zielführend bewertet.
Anlagen
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