Drucksache - DrS/2019/289
Grunddaten
- Betreff:
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Stellenmehrbedarf FD 67.00 / TP 554 'Naturschutz' für das Haushaltsjahr 2020 ff.
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Drucksache
- Federführend:
- Naturschutz und Landschaftspflege
- Bearbeitung:
- Axel Timmermann
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ausschuss für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz
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Vorberatung
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06.11.2019
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Sachverhalt
Zusammenfassung:
Das Aufgabenvolumen im Fachdienst 67.00 ist in den vergangenen Jahren aufgrund natur- und artenschutzrechtlicher Rahmenbedingungen qualitativ und quantitativ bedeutsam gestiegen und ist mit den vorhandenen Personalkapazitäten nicht mehr rechtskonform und zeitgerecht zu bewältigen.
Der Fachdienst 67.00 meldet ab HHJ 2020 einen Stellenmehrbedarf an, um
- Defizite in der Vorgangsbearbeitung zu reduzieren,
- Beratungsleistungen bei Planungen und Vorhaben im erforderlichen und für Kunden zufriedenstellenden Maße zu erbringen,
- investive Naturschutzmaßnahmen zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität im Kreis Segeberg zu sichern und
- die angespannte Arbeitssituation für die Mitarbeiter*innen im Fachdienst zu entlasten.
FB IV – Umwelt, Planen, Bauen
Teilplan 554 – Naturschutz und Landschaftspflege
FD 67.00 – Naturschutz und Landschaftspflege
Stellen- | Bezeichnung | Anzahl | Bewer-tung | Kosten | Re-finan-zie-rung | Befrist-ung |
0.5540.010 | Ingenieurin/ Ingenieur/ Bachelor/ Dipl.-Ing. (FH) Fachrichtung Landespflege/ Landschaftsplanung oder eine vergleichbare Qualifikation | 1,0 VZS | E11 | 74.900 € |
Sachverhalt:
Aufgaben des Fachdienstes 67.00:
Der Fachdienst (FD) 67.00 erfüllt zu mindestens 95 % seiner Aktivitäten pflichtige Weisungsaufgaben als Untere Naturschutzbehörde zur Um- und Durchsetzung des geltenden Naturschutzrechts im Kreis Segeberg.
Die Aufgaben gliedern sich grob in zwei Bereiche, die sich auch in der internen Aufteilung des Fachdienstes 67.00 in 2 Sachgebiete wiederspiegeln:
- Naturschutzbelange bei Planungen und Projekten:
Von der einfachen Bodenabgrabung/-aufschüttung, über diverse baurechtliche Planungen und Vorhaben bis zu Windenergieparks, Kiesabbau und Bundesfernstraßenbau tangieren viele Planungen und Projekte die Schutzgüter des Naturschutzrechts. Nicht vermeidbare Beeinträchtigungen müssen kompensiert werden, damit die Bilanz von Naturhaushalt und Landschaftsbild sich nicht verschlechtert. Die Mitarbeiter/innen prüfen Planungsunterlagen und Gutachten, geben Stellungnahmen ab, beraten, bewerten und kontrollieren Eingriffe und Kompensationsmaßnahmen. - Gebiets-, Biotop- und Artenschutz:
Für den nachhaltigen Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, der Biodiversität und ihrer Funktionalität ist ein vernetztes Verbundsystem aus Schutzgebieten und Biotopen zu sichern, ggf. wieder herzustellen und durch Pflegemaßnahmen zu erhalten. Für viele Arten sind auch außerhalb gesicherter Lebensräume Schutzkonzepte und -regelungen um- und durchzusetzen. Die Mitarbeiter*innen planen Maßnahmen und steuern deren Umsetzung. Sie tragen Sorge, dass Beeinträchtigungen vermieden werden, beraten, führen Kontrollen durch und gehen Verstößen nach.
Die Teilplanbeschreibung zum TP 554 stellt wiederkehrend das umfangreiche Leistungsspektrum, Rahmenbedingungen, Entwicklungen und Situation im Fachdienst 67.00 dar.
Aktuelle Situation:
In der letzten Zeit hat der Arbeits- und Erwartungsdruck auf das Kollegium des FD 67.00 bedeutsam zugenommen. Aufgrund der gestiegenen fachlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen im Natur- und Artenschutz sind der quantitative Aufwand an Vorgangszahlen und Bearbeitungsschritten sowie der qualitative Aufwand der Prüf- und Bearbeitungsintensität bedeutsam gestiegen. Sensibilitäten und Unsicherheiten bezüglich naturschutzfachlicher und –rechtlicher Belange spiegeln sich in einer steigenden Anzahl von Anfragen, Nachfragen und Anzeigen wieder. Bei Bürgerinnen und Bürgern sowie bei Planungs- und Vorhabensträgern besteht ein erhöhter Beratungsbedarf zu jeglichen Fragestellungen des Natur- und Artenschutzes.
Die Anzahl der Vorgangsfälle ist in 2017 und 2018 noch einmal gestiegen (z.B. Baumvorgänge 2016: 370 / 2017: 515 / 2018: 565; Knickvorgänge 2016: 116 / 2017: 135 / 2018: 141; Stellungn.Bauvorhaben 2016: 335 / 2017: 384 / 2018: 383 / 2019 bis Sept.: 351)).
Sachgebiet 1 – Naturschutzbelange bei Planungen und Projekten
- Prüfungen und Stellungnahmen in Beteiligungsverfahren zu Planungen und Projekten finden unter hohem Termindruck statt. Der Prüfumfang je Vorgang in Bezug auf die Natur- und Artenschutzbelange hat aufgrund stetig steigender fachlicher, rechtlicher und formaler Anforderungen intensiv zugenommen.
- Im Rahmen der Bauleitplanung und Landschaftsplanung werden in den Kommunen Flächennutzungen für die Zukunft fixiert und legitimiert. Um Kollisionen mit gestiegenen naturschutzrechtlichen Erfordernissen von vorne herein zu vermeiden und Natur- und Klimaschutzbelange als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen besser zu integrieren, besteht der Bedarf, neben den formalen Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren durch kompetente Beratung der Kommunen im gesamten Planungsprozess bis zum Satzungsbeschluss zu begleiten.
- Planungen zu Großprojekten wie Windenergieparks (neuerlich zunehmend auch Freiflächen-Photovoltaik), Fernenergieleitungen und Bundesfernstraßenbau stehen unter großem öffentlichen, politischen und wirtschaftlichen Druck. Entsprechende behördliche Prüfungen im Verfahren beschränken sich in den derzeitigen Kapazitäten auf ein suboptimales Mindestmaß. Die korrekte und ausreichende Berücksichtigung der Natur- und Artenschutzbelange steht intensiv in der öffentlichen Wahrnehmung und Kritik. Die Rechtsprechung hat wiederholt bestätigt, dass Prüfungen und Berücksichtigungen der Naturschutzbelange in höherem Maße stattfinden müssen, als dieses in der Vergangenheit Praxis war – Planungsprozesse werden in fortgeschrittenen Stadien durch Gerichtsurteile gestoppt. Fehlerheilungen haben teilweise massive zeitliche und wirtschaftliche Auswirkungen. Den aus diesen Erfahrungen resultierenden Beratungswünschen der Vorhabensträger kann derzeit nicht bzw. nicht befriedigend und nicht zeitgerecht entsprochen werden.
- Naturschutzbelange werden auch bei anderen Projekten und Vorhaben nicht ausreichend berücksichtigt, Beratungserwartungen können nicht zufriedenstellend bedient werden.
- Kontrollen zu Auflagen und Kompensationsmaßnahmen aus eigenen Genehmigungsverfahren, unterstützende Prüfungen zu naturschutzfachlichen Auflagen anderer Genehmigungsbehörden sowie fachaufsichtliche Kontrollen und Beratungen z.B. zu Kompensationsmaßnahmen aus der kommunalen Bauleitplanung können mit den derzeitigen Personalkapazitäten nicht geleistet werden.
- Bei der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen und der Berücksichtigung der Natur- und Artenschutzbelange bestehen in der Fläche allgemein erhebliche Defizite, von denen der FD 67.00 meist erst durch externe Hinweise Kenntnis erlangt.
- Die meisten Landschaftsschutzgebietsverordnungen im Kreis Segeberg sind nach interner rechtlicher Einschätzung rechtsunsicher, teilweise sogar rechtswidrig. Eine Überarbeitung ist sowohl aus fachlicher, als auch aus rechtlicher Sicht dringend erforderlich. Intern sind im Fachdienst 67.00 hierzu aktuell keine Kapazitäten frei. Die fachliche und ggf. auch die rechtliche Überarbeitung der Landschaftsschutzgebiete sollte einmalig gesammelt im Rahmen eines Projektauftrages als Leistung extern vergeben werden. Für die interne Projektbegleitung, für zukünftige regelmäßige Anpassungen sowie für das Management dieser Gebiete sind aber zusätzliche Personalkapazitäten dauerhaft erforderlich.
Sachgebiet 2 – Gebiets-, Biotop- und Artenschutz
- Zu Planungen und Projekten (insbesondere im Außenbereich) werden häufig spezifische Prüfungen zu einzelnen besonders geschützten Biotopen oder anderen sensiblen Schutzgütern notwendig, die dann teilweise auch separate naturschutzrechtliche Ausnahme- oder Befreiungsgenehmigungen erfordern. Diese Prüfungen und Genehmigungen sind qualitativ relativ aufwendig. Das Spezialwissen hierzu liegt bei einzelnen Mitarbeiter*innen, die aktuell nicht über die Kapazitäten verfügen, um derartige Prüfungen und Genehmigungen zeitgerecht zu den Verfahren abzuarbeiten.
- In Gänze können Prüfungen und Bewertungen zu Beeinträchtigungen von besonderen Biotopen und Arten oder zu sonstigen Erhaltungszielen des Netzes „Natura 2000“ ob ihrer Komplexität derzeit nicht mit ausreichender Sorgfalt und nicht in angemessener Frist durchgeführt werden.
- Anzahl und Umfang von Maßnahmen in Schutzgebieten sowie der damit im Fachdienst verbundene personelle Aufwand für Planung, Abstimmung, Umsetzung und Abrechnung sind in den vergangenen Jahren ebenfalls deutlich gestiegen. Grund ist die Fertigstellung der Schutzgebietsmanagementpläne sowie die Neuausweisung von Naturschutzgebieten bzw. zielgerichtete Verordnungsaktualisierung. Während früher der Planansatz für die entsprechenden Landesmittel im Bereich von 25.000 Euro pro Jahr lag, wurden von 2016 bis 2018 im Durchschnitt jährlich letztlich Maßnahmen mit einem Finanzumfang von jeweils 67.000 Euro Landesmittel umgesetzt; wegen der Witterungsabhängigkeit der Maßnahmenumsetzung schwanken die effektiven Umsetzungen und müssen teilweise kurzfristig jahrweise verschoben werden.
- Die durch EU-Recht und inzwischen auch durch gesellschaftliche und politische Ambitionen zur Biodiversität gestiegenen sehr umfangreichen und komplexen Artenschutzbelange sind in den Arbeitsplatzressourcen des FD unzureichend enthalten.
- Im Bereich naturschutzrechtlicher Kompensationen hat sich das Interesse und die Aktivitäten bei Ökokonten ebenfalls stark erhöht, da durch die Heranziehung von Ökopunkten die Realisierbarkeit für Projekte schneller gegeben ist und sich demgemäß auch ein Markt entwickelt hat. Das Arbeitsaufkommen hat sich in der Folge beim Fachdienst 67.00 entsprechend erhöht: 2015 - 91, 2016 - 99, 2017 - 254, 2018 - 284 registrierte Bearbeitungen (2019 bis Sept.: 263). Dabei ist auch in diesen Vorgängen der Prüfaufwand in den einzelnen Anerkennungsverfahren bedeutsam gestiegen.
- Die Verwendung der für Eingriffe in Natur und Landschaft bei der Unteren Naturschutzbehörde eingenommenen naturschutzrechtlichen Ersatzgelder ist eine wichtige gesetzliche Möglichkeit, um investive Mehrwerte für die Biodiversität im Kreis zu schaffen. Die Einnahmen sind nicht planbar und hängen von der Planung, Genehmigung und Umsetzung entsprechender Eingriffe ab. Mittel, die nicht innerhalb von 3 Jahren nach Eingang verwendet wurden, sind nach Gesetzeslage an die Oberste Naturschutzbehörde abzuführen. Das Verhältnis Mittelverwendung zu Einnahmen betrug in den letzten vier Jahren: 2015: 1.270 / 701.350 Euro, 2016: 179.100 / 107.600 Euro, 2017: 8.700 / 56.950 Euro, 2018: 150.750 / 571.550 Euro. Um die bei der Unteren Naturschutzbehörde eingehenden Ersatzgelder zeitnah in sinnvolle investive Naturschutzprojekte umzusetzen, fehlen derzeit im Fachdienst 67.00 entsprechende Sachbearbeitungskapazitäten, die Akquise betreiben, Projekte und Flächen identifizieren, Anträge prüfen und Förderungen bewilligen. Knapp 400.000 Euro Ersatzgelder aus 2015 mussten wegen nicht zeitgerechter Verwendung im Frühjahr 2019 an die Oberste Naturschutzbehörde abgeführt werden.
- Für die Umsetzung der seit Jahrzehnten mit der Kreisjägerschaft bestehende Leistungsvereinbarung für biotopgestaltende Maßnahmen reichen die aktuellen Personalkapazitäten (20 % Vz-Stelle) nach den Erfahrungen der letzten Jahre nicht aus, um Anfragen und Anträge zeitgerecht zu bearbeiten und Förderungen zu bewilligen. Anträge für biotopgestaltende Maßnahmen können nicht zeitgerecht abgearbeitet werden.
Folgen/Auswirkungen:
- Die Aufgabenerfüllung im Fachdienst 67.00 erfolgt aktuell suboptimal und rein reaktiv.
- Einige Aufgaben wurden komplett oder in Teilen auch entgegen rechtlicher Anforderungen zurückgestellt. Präventive Beratungen, Informationen sowie aktive Kontrollen können nicht geleistet werden.
- Die Personalkapazitäten, naturschutzfachliche und -rechtliche Defizite ordnungsgemäß und zeitnah aufzuarbeiten, fehlen.
- Vermehrte Nachfragen und Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern, Politik, Verbänden, Fachaufsicht und Diskussionen in der Presse beanspruchen zusätzliche Ressourcen.
- Belastungsgrenzen der Mitarbeite*innen sind regelmäßig überschritten, was sowohl an der allgemeinen Stimmung, als auch an gesundheitlichen Auswirkungen bei einzelnen Kolleg*innen erkennbar ist. Die Fehlzeitenquote im FD 67.00 lag 2018 mit 7,72 % deutlich über dem Durchschnitt der Kreisverwaltung (5,69 %). Mehrere Mitarbeiter*innen nehmen am BEM teil.
- Aufgrund der hohen Belastung können gegenseitige Vertretungen nicht tatsächlich geleistet werden – diese stehen nur auf dem Papier.
- In der Vergangenheit hat die Fachdienstleitung zur Entlastung bei Vakanzen im Gebiets-, Biotop- und Artenschutz Sachbearbeitung übernommen. Hierdurch sowie durch die Bearbeitung von Beschwerden entstanden in der Folge Arbeitsrückstände in den ebenfalls anspruchsvoller und umfänglicher gewordenen Leitungsaufgaben.
Maßnahme:
Der Personalmehrbedarf zur Abstellung der beschriebenen Defizite wurde im Dialog mit der Fachdienstleitung und den sachbearbeitenden Stelleninhaber*innen im Fachdienst 67.00 quantifiziert und durch FD 11.00 überprüft.
Im 1. Schritt wird für den Haushalt 2020 1 VZ-Stelle E 11 TVöD (Ingenieur*in) insbesondere für folgende Tätigkeiten angemeldet:
Aufgabe, Bedarfsbeschreibung | Sach- gebiet | Anteil VZ-Stelle |
Verbesserung der Sachbearbeitung inkl. Beratungsleistungen bei Planungen und Projekten, insbesondere Bauleitplanung, Landschaftsplanung und Großprojekte (Windenergie, Bundesfernstraßenbau, Fernleitungen, etc.) | 1 | +0,40 (E11) |
Anpassung der Personalkapazitäten in der Sachbearbeitung zu Ökokonten an die gestiegenen Bearbeitungszahlen | 2 | +0,35 (E11) |
Auskömmliche Sachbearbeitung zur Beratung, Bewilligung und Betreuung für
| 2 | +0,20 (E11) |
Verbesserung der tatsächlichen Vertretung im Sachgebiet 1 | 1 | +0,05 (E11) |
Gesamt: | +1,00 (E11) |
Finanz. Auswirkung
Finanzielle Auswirkungen:
| Nein |
x | Ja: |
| Darstellung der einmaligen Kosten, Folgekosten |
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| Mittelbereitstellung | |
x | Teilplan: 554 | |
| In der Ergebnisrechnung | Produktkonto: |
| In der Finanzrechnung investiv | Produktkonto: |
| Der Beschluss führt zu einer über-/außerplanmäßigen Aufwendung bzw. Auszahlung | ||
| in Höhe von |
| Euro |
| (Der Hauptausschuss ist an der Beschlussfassung zu beteiligen) |
| Die Deckung der Haushaltsüberschreitung ist gesichert durch | |
| Minderaufwendungen bzw. -auszahlungen beim Produktkonto: |
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| Mehrerträge bzw. -einzahlungen beim Produktkonto: |
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Bezug zum strategischen Management:
| Nein |
x | Ja; Darstellung der Maßnahme |
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Belange von Menschen mit Behinderung sind betroffen:
x | Nein |
| Ja |
Belange von Menschen mit Behinderung wurden berücksichtigt:
| Nein |
| Ja |
