Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Bericht der Verwaltung - DrS/2019/026

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Sachverhalt

Sachverhalt:

Allgemeines zur Situation der „Natura-2000“-Managementplanung

„Natura 2000“ ist der Begriff für ein kohärentes Netz europäischer Schutzgebiete für den Arten- und Lebensraumschutz, basierend auf der EU-Vogelschutzrichtlinie (1979) und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (1992), umgesetzt in nationales und schleswig-holsteinisches Recht mit den §§ 31 bis 36 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) i.V.m. den §§ 22 bis 26 Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG-SH).
Die entsprechenden Vogelschutzgebiete (VSG) und Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH) wurden durch die Mitgliedstaaten bis in die Mitte der 2000er Jahre an die EU gemeldet und nach Prüfung durch die EU anschließend bestätigt.

Für die zu den jeweiligen Schutzgebieten beschriebenen Erhaltungsziele gilt ab der Meldung eines Gebietes das sogenannte Verschlechterungsverbot. Das bedeutet, dass sich der festgestellte Erhaltungszustand der jeweiligen Schutzgüter (Lebensraumtypen und Arten) nicht zum Negativen verändern darf. Die Mitgliedstaaten müssen für jedes Gebiet entsprechend notwendige Erhaltungsmaßnahmen festlegen. Diese werden in sogenannten Managementplänen (MP) erarbeitet und dargestellt. Die Aufstellung der Managementpläne steuert das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein (MELUND) als Oberste Naturschutzbehörde, die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt im allgemeinen durch die Unteren Naturschutzbehörden, finanziert über Landesmittel.

Seit Februar 2015 läuft ein EU-Vertragsverletzungsverfahren (Nr. 2014/2262), in dem Defizite der Festlegung der Erhaltungsmaßnahmen in Deutschland angemahnt werden. Deutschland hat zugesagt, diese Defizite bis Ende 2020 abzustellen.
Das Land Schleswig-Holstein hat sich daraufhin das Ziel gesetzt, bis auf wenige Ausnahmen für alle Natura-2000-Gebiete in Schleswig-Holstein die Managementpläne bis Ende 2018 fertig zu stellen.

Stand der „Natura-2000“-Managementplanung im Kreis Segeberg

Im Kreis Segeberg liegen (teilweise sich überlagernd und teilweise mit Flächenteilen in anderen Kreisen)

  •   5 Vogelschutzgebiete und
  • 29 FFH-Gebiete.

Anfang 2018 waren bis auf die folgenden drei Natura-2000-Gebiete alle das Kreisgebiet betreffenden Managementpläne (MP) fertiggestellt:

  • VSG „Wardersee“ (DE 2028-401)
  • FFH „Barker Heide“ (DE 2026-304)
  • FFH „Segeberger Kalkberghöhlen“ (DE 2027-302)

Chronologie/Verfahrensstände aus Sicht der UNB (Stand: 24.01.2019):

  EU-Vogelschutzgebiet (VSG) „Wardersee“

  • Juli 2018Vorabinformation über Beginn der MP
  • 22. August 2018Auftaktveranstaltung
  • 30. Oktober 2018spez. Austausch der Planerin mit
       Flächeneigentümern/-nutzern
  • 26. November 2018:Beginn der öffentl. Beteiligung zum MP-Entwurf
  • 11. Dezember 2018Übersendung erforderlicher Unterlagen
       für die Beteiligung der UNB
  • Stellungnahme der UNB (inkl. UWB) wird voraussichtlich Anfang Februar 2019 fertig gestellt und abgegeben.

  FFH-Gebiet „Barker Heide“
(beinhaltet Teile des VSG „Barker und Wittenborner Heide“)

  • 25.(27.) Sept. 2018Erstbeteiligung, Entwurf,
          Einladung zur Auftaktveranstaltung
  • 30. Oktober 2018Auftaktveranstaltung
  • Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme steht aus  …

  FFH-Gebiet „Segeberger Kalkberghöhlen“

  • Herbst 2016Anfrage des MELUND bei der UNB zwecks
      Unterstützung der örtlichen Abstimmung des MP
    im bevorstehenden Verfahren
  • Sommer 20171. Beteiligung der UNB bei der Erstellung
      des Vorentwurfs Zuarbeit Okt. 2017
  • April 2018Interne Bereitstellung eines überarbeiteten
       bis Juni 2018 Vorentwurfs, Abstimmungsgespräche
    MELUND - UNB, UNB-interne Diskussion mit
    Fledermausfachleuten des Naturschutzbeirats
  • 04. Juli 2018Auftaktveranstaltung
  • 19. Juli 2018Beginn der öffentl. Beteiligung zum MP-Entwurf
  • 08. Oktober 2018Diskussion des Entwurfs zwischen UNB, NABU
    und BUND
  • 10. Oktober 2018Diskussion des Entwurfs zwischen UNB und
    der Stadt Bad Segeberg (inkl. Noctalis)
  • 23. November 2018Stellungnahme der UNB an das MELUND
  • 06. Dezember 2018Diskussion des überarbeiteten Entwurfs
    zwischen MELUND und Stadt Bad Segeberg
    unter Beteiligung der UNB
  • 10. Dezember 2018Diskussion des überarbeiteten Entwurfs
    zwischen MELUND, NABU und BUND
    unter Beteiligung der UNB
  • 22. Januar 2019Festsetzung des fertigen MPs durch das MELUND

Wesentliche Inhalte des Managementplans (FFH-MP) für das FFH-Gebiet „Segeberger Kalkberghöhlen“

Neben anderen Schutzgütern haben die Segeberger Kalkberghöhlen insbesondere eine herausragende Bedeutung als eines der größten Überwinterungsquartiere in Mitteleuropa für diverse sämtlichst besonders geschützte Fledermausarten. Dabei wirkt das Erhaltungsziel der weitgehend ungestörten Erreichbarkeit weit über die Grenzen des FFH-Gebietes hinaus konzentrisch in die Region.

In der Höhle sowie im näheren und weiteren Umfeld des FFH-Gebietes bestehen eine Vielzahl von Nutzungen, die für das FFH-Gebiet eine Rolle spielen:

  • Besucher in der Höhle im Sommerhalbjahr
  • Karl-May-Festspiele (Juli und August) mit zuletzt rund 390.000 Besuchern
  • Konzerte auf der Freilichtbühne (Mai)
  • Bebauung (Bestand und Entwicklung)
  • Verkehr (Bestand und Entwicklung)

Notwendige Erhaltungsmaßnahmen gem. FFH-MP v. 22.01.2019 (Auszug):

  • Erhalt der Segeberger Kalkberghöhle als Lebensraumtyp mit charakteristischem Höhlenklima in störungsarmer Ausprägung.
  • Schutz der unmittelbaren Umgebung der Höhle insbesondere vor Licht- und Lärmimmissionen sowie Erschütterungen Keine Ausweitungen von Nutzungen der Freilichtbühne sowie keine Intensivierung der baulichen Nutzung im näheren Umfeld ohne vorherige Verträglichkeitsprüfung.
  • Freihalten der Ein- und Ausflugschneisen im unmittelbaren Umfeld der Ein- und Ausflugöffnungen innerhalb des FFH-Gebietes von beeinträchtigenden natürlichen und anthropogenen Hindernissen.
  • Erhaltung der Erreichbarkeit der Höhle für Fledermäuse über das unmittelbare Umfeld hinaus Zusammenführung aller vorhandenen und relevanten Erfassungsdaten von Fledermausuntersuchungen aus dem näheren und weiteren Umfeld in einer bei der Unteren Naturschutzbehörde anzusiedelnden Datenbank. Anschließende Bereitstellung zur Auswertung allgemein für Behörden und speziell im Einzelfall für Planungs- und Vorhabenträger. Ziel ist, die Anforderungen des Fledermausschutzes insbesondere an die städtebauliche und infrastrukturelle Entwicklung der Umgebung des bedeutenden Fledermausquartiers zu ermitteln und zu beschreiben.

 

Weitergehende Entwicklungsmaßnahmen gem. FFH-MP v. 22.01.2019 (Auszug):

Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die über das Verschlechterungsverbot hinausgehen und einer Verbesserung des Zustandes der in den Erhaltungszielen genannten Lebensraumtypen oder Arten dienen. Sie werden auf freiwilliger Basis durchgeführt.

  • Erhaltung der Erreichbarkeit der Höhle für Fledermäuse - Erstellung eines Flächenkonzeptes auf der Grundlage der zusammen-geführten Daten.
    Ziel:
    • Konkretisierung von Anforderungen der Fledermäuse an die Umgebung der Höhle.
    • Identifikation, Beschreibung und Bewertung vorhandener An- und Abwanderungskorridore, Hauptflugrouten und sonstiger essenziell wichtiger Bereiche inkl. Erstellung analoger und digitaler Karten.
    • (Flächenbezogene) Darstellung erforderlicher Maßnahmen zur Sicherung der Erreichbarkeit des Fledermausquartiers.
    • (Flächenbezogener) Vorschlag weiterer Maßnahmen für den Erhalt und die Entwicklung dieser Bereiche.
    • Identifikation von Daten- und Erkenntnislücken
    • Durchführung notwendiger ergänzender Datenerhebungen /Untersuchungen

Das geplante Fachkonzept dient als

  • wichtige Grundlage bei der Stadtentwicklungs- und Infrastrukturplanung
  • Hilfestellung für erste Einschätzung der Verträglichkeit von Plänungen und Projekten sowie dem Erfordenis von Verträglichkeitsprüfungen
  • Fachgrundlage bei der Aufstellung oder Änderung von Landschaftsplänen, der Flächennutzungsplanung und in der sonstigen Bauleitplanung der Stadt Bad Segeberg und ggf. der umliegenden Gemeinden.
  • Lieferung von Hinweisen für geeignete Flächensicherungen im Bereich bedeutsamer Flugrouten und im näheren Umfeld der Höhle.
  • Grundlage für ein angepasstes Lichtmanagement, z.B. durch bedarfs-gerechte Steuerungssysteme bzw. optimierte Beleuchtungskörper.

 

 

Diskussion einer Integrierten Station am Segeberger Kalkberg:

Sowohl von der Stadt Bad Segeberg als Träger des Noctalis, als auch von den Naturschutzverbänden und auch von der Unteren Naturschutzbehörde wurde im Beteiligungsverfahren zur Managmentplanung vorgeschlagen, am Kalkberg eine sogenannte „Integrierte Station“ einzurichten.

Die Integrierten Stationen sind vor Ort tätige Einrichtungen des Landes zur Umsetzung von Naturschutzzielen in besonders bedeutsamen Naturräumen des Landes. Sie sind lokale Anlaufstellen, um Kompetenzen in die Region zu verlagern und gleichzeitig Organisationen, die Ideen für den Naturschutz, Regionalentwicklung und den "sanften Tourismus" verknüpfen und so verschiedene lokal tätige Akteure zusammenbringen.

Es gibt verteilt in Schleswig-Holstein bereits verschiedene Stationen, z.B. an der Unterelbe oder in Mölln. Zuletzt wurde im April 2017 eine Integrierte Station in Eutin eröffnet.

Derzeit führen das durch die Stadt getragene Noctalis Fledermauszentrum sowie die ehrenamtliche NABU-Landesstelle größtenteils eigeninitiativ und eigenverantwortlich Öffentlichkeitsarbeit durch und beraten sachkundig bei Anfragen. Auch wenn diese Arbeit und der damit verbundene Aufwand teilweise mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, verbleibt doch ein großer Teil der „Last“ bei den Akteuren.

Aufgrund der hohen zentralen Bedeutung des Fledermausquartiers und des Fledermausschutzes sowie der zentralen Lage Bad Segebergs in Schleswig-Holstein entstand der Vorschlag, vor Ort am Kalkberg eine Integrierte Station des Landes einzurichten. Neben der Lastenumverteilung und den Synergieeffekten unter der Steuerung des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) könnte diese Station bei Beratungen und Stellungnahmen eine neutralere Rolle in der Fachlichkeit einnehmen, als das bisher im Zweifel – jedenfalls teilweise unterstellt – möglich war. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Noctalis sowie Mitgliederinnen und Mitglieder der NABU-Landesstelle wären die Last von Polarisierungs- oder Abhängigkeitsunterstellungen los und könnten unter einem Dach ihre Kompetenzen und Ihr Engagement bündeln. Diese Station wäre dann auch die geeignete Einrichtung für die Fledermausfachdatenhaltung und -bereitstellung, die im MP der UNB zugedacht ist.

Das MELUND folgte bisher diesem Vorschlag nicht und wollte die Anregung mindestens nicht im Managmentplan thematisieren.

 

 

Abschließende Anmerkung zur Erforderlichkeit von FFH-Verträglichkeitsprüfungen in der weiteren Region um Bad Segeberg in Folge des Urteils des BVerwG vom 27.11.2018 zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Neubau der Bundesautobahn A 20 im Abschnitt 4 (Autobahnkreuz A 7/A 20 bis B 206 westlich Wittenborn):

In Bezug auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes „Segeberger Kalkberghöhlen ist ohne Vorliegen der Urteilsbegründung unter Vorbehalt bereits Folgendes erkannbar:

Der betreffende Abschnitt 4 beginnt in ca. 7,5 km Entfernung vom Segeberger Kalkberg und endet in etwa 25 km Entfernung zum Kalkberg. Nach dem bisher vorliegenden Tenor des Urteils kann auch bei Planungen und Projekten in derartigen Entfernungen zu den Kalkberghöhlen nicht selbstverständlich davon ausgegangen werden, dass es zu keinen erheblichen Auswirkungen auf Schutzgüter und Erhaltungsziele des FFH-Gebietes kommen kann. Insofern sind ggf. im Zweifel Projekte und Pläne gem. § 34 BNatSchG vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes „Segeberger Kalkberghöhlen“ zu prüfen.

Im Übrigen bleibt die Urteilsbegründung abzuwarten.

 

 

Reduzieren

Anlagen

Loading...