Inhalt
ALLRIS - Vorlage

Drucksache - DrS/2016/244

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss für Ordnung, Verkehr und Gesundheit und der Hauptausschuss empfehlen, der Kreistag des Kreises Segeberg beschließt:
Die Rechtsfolgenwirkung der Kündigungen vom 16.11.2007 der Verträge mit den bisherigen Leistungserbringern im öffentlichen Rettungsdienst sind fristgerecht zum 31.12.2018 auszulösen. Die Verwaltung wird damit beauftragt, entsprechende Verhandlungen zum Beitritt zu der Rettungsdienstkooperation in Schleswig-Holstein gGmbH (RKiSH) aufzunehmen.

 

 

Reduzieren

Sachverhalt

Sachverhalt:

 

  1. Sachstand

Gemäß § 6 Abs. 2 Rettungsdienstgesetz – Schleswig-Holstein ist der Kreis Segeberg Träger des Rettungsdienstes und steht damit in der Organisationspflicht. Nach Absatz 1 ist Rettungsdienst die bedarfsgerechte und leistungsfähige Sicherstellung von Notfallrettung und Krankentransport in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Damit hat der Gesetzgeber die Erfüllung der Aufgabe im Sinne einer Garantie verschärft. Diese „Verschärfung“ verlangt vom Träger eine umfassende Funktionsgarantie für das gesamte Rettungsdienstsystem. Die Kreise erfüllen die Aufgabe als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe. Die Verantwortung für die Durchführung liegt grundsätzlich bei der kommunalen Gebietskörperschaft. Satz 2 des § 6 Abs. 2 RDG gibt den Trägern des Rettungsdienstes auf, die Aufgaben unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu erfüllen. Die Trägerschaft ist von der Durchführung zu unterscheiden: Der einzelne Träger kann im Rahmen seines Ermessens die Durchführung eigenständig (mit eigenem Personal) vornehmen, aber auch auf Dritte übertragen (Submissionsmodell).

Die Durchführung des Rettungsdienstes auf dem Gebiet der Stadt Norderstedt ist mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 15.10.2003/15.01.2004 auf den Verein Krankentransporte, Behinderten- und Altenhilfe e.V. (KBA) übertragen worden. Mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 22.12.2003/15.01.2004 zwischen dem Kreis Segeberg und dem Deutschen Roten Kreuz, Kreisverband Segeberg e.V. (DRK) sind die Regelungen zur Übertragung der Durchführung des Rettungsdienstes im übrigen Kreisgebiet den veränderten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten des Rettungsdienstes und des Betriebes der Rettungsleitstelle in Norderstedt angepasst worden (vgl. Ursprungsvertrag vom 15.01.1981). Im Rahmen der Verträge haben sich die Leistungserbringer dazu verpflichtet, die Benutzungsentgelte als Verwaltungshelfer für den Kreis Segeberg zu erheben. Hierfür betreibt momentan jeder Leistungserbringer für sich eine eigene Abrechnungsstelle. Seit dem 01.01.2008 wird die Durchführung des Rettungsdienstes beim DRK nicht mehr durch den Kreisverband sondern durch die DRK Rettungsdienst Segeberg gGmbH durchgeführt, deren 100%-Gesellschafter der DRK Kreisverband Segeberg e.V. ist.

Die Verträge zur Durchführung des Rettungsdienstes (DRK und KBA) wurden seinerzeit auf 5 Jahre geschlossen und verlängern sich jeweils um 5 Jahre, wenn nicht spätestens ein Jahr vor Ablauf von einem der Vertragspartner gekündigt wird. Mit Schreiben vom 16.11.2007 wurden auf Grundlage eines Beschlusses des Kreistages vom 04.10.2007 (DrS/2007/092) die öffentlich-rechtlichen Verträge zur Durchführung des Rettungsdienstes fristgemäß mit Ablauf des 14.01.2009 gekündigt.

Im Nachgang zu der Kündigung wurden mit den beiden Leistungserbringern Gespräche geführt, um die Unstimmigkeiten, die zu der Kündigung geführt haben, auszuräumen. Im Rahmen dieser Gespräche wurde am 23.06.2008 eine zusätzliche Vereinbarung zur Durchführung des Rettungsdienstes im Kreis Segeberg getroffen, die die seinerzeitigen Durchführungsverträge aus 2004 ergänzt. Des Weiteren wurde im November 2008 vereinbart, dass die Rechtsfolgenwirkung der vom Kreis ausgesprochenen Kündigungen nicht zum 15.01.2009 sondern erst zum 31.12.2011 eintritt. Hierzu gab es dann im Oktober 2009 eine weitere Vereinbarung:

-          Die Rechtsfolgenwirkung der vom Kreis ausgesprochenen Kündigungen tritt vorerst nicht am 31.12.2011 ein.

-          Die Rechtsfolgenwirkung der Kündigung kann von jeder der Vertragsparteien mit einer Frist von 2 Jahren zum Jahresende erneut ausgelöst werden. Dies ist schriftlich gegenüber den anderen Vertragsparteien zu erklären.

Die beiden Leistungserbringer (DRK und KBA) haben sich während der gesamten Zeit der Beauftragung grundsätzlich als verlässliche und fachlich qualifizierte Partner gezeigt.

  1. Problemstellungen

Die den Leistungserbringern im Rahmen der bestehenden Verträge und in der Praxis überlassene (Finanz-)Verantwortung im Kreis Segeberg geht über den gesetzlichen Rahmen hinaus. Das Rechnungs- und Prüfungsamt des Kreises Segeberg (RPA) hat in seinem Prüfungsbericht für die Haushaltsjahre 2010 und 2011 u.a. folgendes festgestellt (vgl. Fazit auf Seite 74/75):

[…]Insgesamt gesehen sind aus Sicht des RPA die Übertragung der Durchführung der Rettungsdienstaufgaben sowie die Wahrnehmung der Finanzverantwortung grundlegend zu ändern, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen[…]
[…]Das praktizierte, nahezu einem „Konzessionsmodell“ entsprechende Verfahren kann in seiner derzeitigen Ausgestaltung dagegen nicht beibehalten werden[…]

 

Trotz bevorstehender Novellierung des Rettungsdienstgesetzes zeichnet es sich mittlerweile ab, dass es wohl keine Öffnung zum Konzessionsmodell im Rahmen der Durchführungsübertragung geben wird und somit der Kreis Segeberg die Aufgabenwahrnehmung grundlegend anpassen muss.

Das bisher praktizierte Modell ist aus der Vergangenheit entstanden und in großen Teilen auf Vertrauen in die vorhandenen Leistungserbringer aufgebaut. Dementsprechend erfolgte auch nur eine geringe Personalausstattung beim Kreis. Eine umfassende und tiefreichende Überwachung / Qualitätskontrolle ist derzeit, nur beschränkt möglich. Es wird auf die internen Kontrollmechanismen der Leistungserbringer (z.B. Qualitätsmanagement) vertraut.

Auch im Hinblick der sich rasch ändernden Rahmenbedingungen im Rettungsdienst sowie der immer schwieriger werdenden Verhandlungen mit den Kostenträgern (vgl. Liquiditätsproblematik, DrS/2015/042), muss sich der Kreis Segeberg als Träger des Rettungsdienstes besser aufstellen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass der Kreis Segeberg trotz entsprechender vertraglicher Regelungen (zu deren Rechtmäßigkeit vgl. o.g. RPA-Bericht) seiner Trägerverantwortung (insbesondere Finanzverantwortung) mehr nachkommen müsste.

In diesem Zusammenhang wird auch auf die Präsentation zu dieser Thematik durch die Verwaltung sowie die anschließenden Diskussionen in den jeweiligen Fraktionen zu Beginn dieses Jahres verwiesen. Es ist deutlich geworden, dass eine Änderung der bestehenden Strukturen dringend geboten ist. Folgende Möglichkeiten der zukünftigen Aufgabendurchführung bestehen grundsätzlich:

-          Weiterführung Submissionsmodell (in angepasster Form)

-          eigenständige Durchführung

-          neue Kooperation mit anderen Rettungsdienstträgern

-          Beitritt zu einer bestehenden Kooperation (RKiSH)

  1. Weiterführung Submissionsmodell

Die Fachlichkeit und Effizienz bei den bisherigen Leistungserbringern wird nicht in Frage gestellt. Es geht bei dieser Frage darum, dass die durch das RPA festgestellten Mängel beseitigt werden und dementsprechend sich der Kreis Segeberg hinsichtlich seiner Trägerverantwortung besser aufstellt. Auf jeden Fall wird der Kreis Segeberg zukünftig (egal in welcher Strukturform) das Refinanzierungsrisiko tragen müssen.

Die jahrzehntelange Zusammenarbeit mit den bisherigen Leistungserbringern, auch außerhalb des Rettungsdienstes (z.B. Katastrophenschutz), kann man als vertrauensvoll und gut zusammenfassen. Trotzdem zeigen die oben dargestellten Strukturprobleme, dass der Kreis Segeberg eine sachorientierte Entscheidung für die Zukunft treffen muss.

Die derzeit bestehenden Verträge müssten aufgrund der o.g. Darstellungen entsprechend angepasst werden (u.a. Finanzströme, Abrechnungsstelle, Tätigen von Investitionen). Des Weiteren müssten die von den Leistungserbringern zu erbringenden Leistungen detaillierter geregelt werden (wurde u.a. auch im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgutachtens durch einen beteiligten Rechtsanwalt empfohlen), u.a.:

-          Regelungen zur Überwachungs- und Weisungsrechten des Trägers und der Leitstelle

-          Nachweispflichten der Leistungserbringer

-          Kopplung mit dem Rettungsdienstbedarfsplan bzw. Bemessungsgutachten

Die Anpassungen erfordern dementsprechend Strukturänderungen und Personalaufstockung beim Kreis Segeberg. Der Umfang ist davon abhängig, wie viele Aufgaben zurück auf den Kreis Segeberg verlagert werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es wichtig ist, sich möglichst unabhängig von den bisherigen und ggf. zukünftigen Leistungserbringern zu machen. Der Kreis Segeberg kann seiner Trägerverantwortung nur gerecht werden, wenn er in seinen Entscheidungen möglichst frei handeln kann und nicht von der Mitwirkung anderer externer Stellen abhängig ist. Bei den oben dargestellten Anpassungen handelt es sich nach hiesiger Meinung um wesentliche Vertragsänderungen die neben einer Erweiterung grundsätzlich auch zu einer Ausschreibungspflicht führen. Insgesamt gesehen würden auf den Kreis Segeberg diverse schwierige Fragestellungen zukommen, die mithilfe externer Beratung zu bearbeiten wären.

Für die Weiterführung des Submissionsmodells spricht, dass ein entsprechendes Know-How direkt in der Kreisverwaltung verbleibt und durch die Überwachungs- und Regelungsinstrumente der Kreis Segeberg eine gewisse Steuerungsmöglichkeit behält. Im Rahmen der Vergabe ist es ggf. möglich regionales Engagement als belebendes Element zu einem gewissen Anteil zu werten. Leistungserbringer mit langjähriger Erfahrung würden sich um das operative Geschäft mit all seinen Detailfragen (u.a. Fahrdienstorganisation, rettungsdienstliche Fachkenntnisse, Einsatzplanung, Dienstpläne) in dem vom Kreis Segeberg vorgegebenen Rahmen kümmern.

Allerdings würde bei dieser Variante die Verhandlungsposition gegenüber den Kostenträgern nicht entscheidend gestärkt werden, da der Kreis zwar grundsätzlich durch die Kontrollinstrumente einen besseren Einblick hat, aber immer noch alleine verhandeln würde (vgl. hierzu die Ausführungen zu den Vorteilen der Kooperationsmöglichkeiten).

  1. Eigenständige Durchführung

Im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge gibt es keinen Grundsatz „Privat vor Staat“, daher kann der Rettungsdienstträger im Rahmen seines Ermessens die Durchführung eigenständig vornehmen (durch ein kommunales Unternehmen oder die Körperschaft selbst). In Schleswig-Holstein wird die selbständige Aufgabendurchführung vom Kreis Nordfriesland praktiziert.

Grundsätzlich verschafft eine (Re-)Kommunalisierung den Kommunen größere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Erledigung ihrer Aufgaben und eröffnet die Möglichkeit zu mehr Bürgernähe. Des Weiteren kann Sie zu Kostensenkungen führen, wenn in dem entsprechenden Sektor der Wettbewerb unzureichend funktioniert (z.B. Gewinnmargen zu hoch). Die Unabhängigkeit der Kommune wird gestärkt, gerade wenn die Steuerung der Beauftragten sich nicht immer „wie gewünscht“ erweist.

Rettungsdienst ist ein Bereich, der im Allgemeinen vollständig durch die so genannten Kostenträger, d.h. die gesetzlichen Krankenkassen oder deren Verbände und den privaten Krankenversicherungen finanziert wird (vgl. §§ 8 und 8a RDG). Der kommunale Bereich nimmt in diesem Sinne höchstens die Rolle einer Vorfinanzierung wahr, da entstandene Kosten – sofern deren Wirtschaftlichkeit begründet und von den Kostenträgern akzeptiert wurde – von diesen getragen werden. Folglich werden sich monetäre Vorteile nicht im Sinne von Kostenreduktionen in den Haushalten der kommunalen Gebietskörperschaften niederschlagen. Dennoch kommen Sie natürlich den Bürgern zugute, da die monetären Vorteile einen Beitrag leisten, die Beitragssätze bzw. Beiträge zur Krankenversicherung stabil zu halten. Ob tatsächlich eine (Re-)Kommunalisierung im Rettungsdienst zu Kostensenkungen führt, kann nicht sicher vorhergesagt werden. Aufgrund der Vielzahl von Verfahren vor Vergabekammern u.ä. in den vergangenen Jahren ist festzuhalten, dass hier grundsätzlich ein aktiver „Markt / Wettbewerb“ vorherrscht.

Der § 6 Abs. 2 Satz 2 RDG gibt den Trägern des Rettungsdienstes auf, die Aufgaben unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu erfüllen. Durch die oben dargestellte Finanzierungsregelung und den damit einhergehenden Druck der Kostenträger, wird der Gestaltungsspielraum der Rettungsdienstträger in erheblichem Maße eingeschränkt. Gestalten über den grundsätzlichen Mindestbedarf ist nur unter Zustimmung der Kostenträger möglich, die dies eher restriktiv betreiben. Eigene Ideen umzusetzen wird dadurch erschwert oder bergen das Risiko, diese Kosten im Endeffekt selbst zu tragen.

Des Weiteren ist zu erwähnen, dass eine eigenständige Durchführung zwar einige Grundsatzprobleme lösen würde, aber zukünftig viele andere (Detail-)Probleme auf den Kreis Segeberg zukommen würden, die bisher durch die beauftragten Leistungserbringer bearbeitet werden. Ebenfalls müssten die entsprechende Struktur mit erheblichem Aufwand und das spezielle Know-How in den Querschnittsbereichen (u.a. Personalfragen, Arbeitszeitrecht) neu aufgebaut werden. Die Verhandlungsposition gegenüber den Kostenträgern würde auch hier nicht entscheidend gestärkt werden.

  1. Neue Kooperation mit anderen Rettungsdienstträgern

Bereits seit 2004 wurden immer wieder Gespräche/Gesprächsrunden in versch. Konstellationen zu einer möglichen Trägerkooperation mit den Kreisen Stormarn, Ostholstein und Plön (tlw. auch Herzogtum-Lauenburg) geführt. In 2013 wurde sogar ein entsprechendes Gutachten zur Bewertung einer möglichen Kooperation erstellt. Das u.a. folgende Aussagen beinhaltet:

Die Bildung einer gemeinsamen Trägerorganisation wirkt sich insbesondere in folgenden Bereichen aus:

      die Bildung einer gemeinsamen Trägerorganisation weist vielfältige Chancen auf, den Rettungsdienst in wirtschaftlicher (z.B. einheitliche Beschaffung von Ausstattung) und insbesondere qualitativer Hinsicht zu verbessern.

      eine gemeinsame Trägerorganisation ist in der Lage, das Abrechnungswesen in wirtschaftlicher Form für das gesamte Verbandsgebiet zu organisieren

      der erwartete Aufwand für die Kommunikation mit den Kostenträgern wird deutlich reduziert

      die Stellung der gemeinsamen Trägerorganisation als „neuer“ Rettungsdienstträger in einem dann deutlich größeren Verbandsgebiet gegenüber den Kostenträgern wird gestärkt.

Insbesondere der letzte Punkt verspricht noch zusätzliche Wirkung u.a. auf die Qualität der Leistungserbringung. Zum Vergleich ist hierzu die derzeitige Situation zu betrachten: Gegenwärtig verhandelt jeder Rettungsdienstträger in Schleswig-Holstein separat mit den Kostenträgern, ohne dass eine nennenswerte Abstimmung untereinander stattfinden würde. Die Kostenträger dagegen sind landesweit einheitlich organisiert und weisen damit stets einen Informationsvorsprung (im Sinne von Vergleichbarkeit der Träger des Rettungsdienstes untereinander) auf, der ihnen bei den Verhandlungen zugutekommt. Eine stärkere Stellung als gegenwärtig ermöglicht es, eine bessere Ausgangslage in den Verhandlungen zu schaffen, da eine breitere eigene Informationsbasis besteht.

Zu erwähnen ist, dass es hierbei um eine Kooperation auf Trägerebene handeln und die Durchführung des Rettungsdienstes im Rahmen des Submissionsmodells an Dritte vergeben werden sollte. Grundsätzlich wäre bei so einem Modell aber auch möglich, dass die gemeinsame Trägerorganisation (ggf. in Teilen) auch die eigenständige Durchführung übernehmen könnte.

Aus den verschiedensten Gründen sind diese Gespräche allerdings nie konkret geworden. Seit Ende 2013 gab es keine Gespräche mehr in dieser Angelegenheit. Die möglichen Partner haben offensichtlich das Interesse hieran verloren.

Dies macht auch die Schwierigkeit / das Risiko dieser Lösung deutlich: Der Kreis Segeberg kann dies nicht selbst entscheiden und benötigt hierfür mindestens einen weiteren Partner. Aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit werden die Chancen einer möglichen neuen Kooperation als gering eingestuft und insbesondere mittelfristig als kaum umsetzbar angesehen. Allerdings muss der Kreis Segeberg wie oben beschrieben zeitnah eine Grundsatzentscheidung treffen.

  1. Beitritt zu einer bestehenden Kooperation

Für die Kreise Steinburg, Pinneberg, Dithmarschen und Rendsburg-Eckernförde werden alle Aufgaben in Zusammenhang mit der Durchführung des Rettungsdienstes und des qualifizierten Krankentransports durch eine gemeinnützige GmbH wahrgenommen, der Rettungsdienst Kooperation in Schleswig-Holstein gGmbH – RKiSH, die am 01.01.2005 gegründet wurde und deren Gesellschafter die vier beteiligten Kreise sind (Kreis Steinburg seit 01.01.2007).

Die Kooperation in diesem Bereich bietet u.a. folgende Vorteile:

-          Professionalisierung (Konzentration und Erhöhung der Kompetenz, insbesondere bezüglich der Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern),

-          höhere Wirtschaftlichkeit (bessere Ausnutzung von vorhandenen Ressourcen, z. B. Synergieeffekte im Beschaffungswesen oder aushilfsweiser Einsatz von Personal und Gerät),

-          höhere Qualität in der Leistungserbringung (z. B. Vereinheitlichung der Beschäftigtenfortbildung).

Auch der Landesrechnungshof hat in seiner Prüfungsmitteilung zur der überörtlichen Prüfung 2010 der Kreise Herzogtum Lauenburg, Pinneberg, Segeberg und Stormarn vom 17. Juni 2011 entsprechende Aussagen zu der RKiSH gemacht:

Seite 29: […]Die gemeinsame Rettungsdienstkooperation (RKiSH) der Kreise Pinneberg, Steinburg, Dithmarschen und Rendsburg-Eckernförde ist ein Beispiel für eine gelungene Kooperation.[…]

Seite 332: […]Die Verwaltungskosten der RKiSH liegen unter der Marge, die die Krankenkassen den Kreisen als Verwaltungskosten zubilligen. Durch die Konzentration der Aufgaben konnte ein umfangreiches Qualitätsmanagement mit einem Beauftragten installiert werden. Die Arbeitsabläufe wurden standardisiert. Dies hat zu Effektivitätssteigerungen in der Rettungsdienstverwaltung und im Einsatzdienst geführt. Die Kosten sind transparent dargelegt. Personalausfälle können durch entsprechende Synergien kompensiert werden.[…]

Seite 333: […]ist dies ein Beispiel für eine gelungene Form der Zusammenarbeit. Durch die RKiSH ist eine hohe Professionalisierung in der gesamten Aufgabenwahrnehmung eingetreten, die auch von den Krankenkassen sehr begrüßt wird. Neben der Erschließung von Effektivitäts- und Wirtschaftlichkeitspotenzialen durch die Schaffung einer größeren Einheit liegt der wirtschaftliche Vorteil der gemeinsamen GmbH in der Bereitstellung des betriebswirtschaftlichen Kostenmanagements und somit in der Stärkung der Verhandlungsposition des Trägers.[…]

Als Nachteil einer GmbH wird mitunter genannt, dass durch die rechtliche Verselbständigung die Kommune und ihre Gremien geringere Entscheidungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten haben. Dieser Nachteil relativiert sich allerdings dadurch, dass die Kommune in den Gremien der Gesellschaft vertreten ist. Die gewählte Rechtsform bietet dem Rettungsdienst allerdings die Voraussetzung, flexibler auf die Veränderungen im Bereich des Rettungsdienstes reagieren zu können. Sie bietet die erforderliche Flexibilität und Selbständigkeit in der Führung des Rettungsdienstes als Unternehmen. Aufgrund der Ausgestaltung der Rechtsform verfügt die Gesellschaft über klare Entscheidungsstrukturen, die rechtsformbedingt kurze Entscheidungswege ermöglichen.

Die bisherigen Mitarbeiter des Rettungsdienstes sollen nach den Bedingungen des § 613a BGB (arbeitsrechtlicher Betriebsübergang) durch einen Personalüberleitungstarifvertrag in die neue Gesellschaft übergeleitet werden und den vorhandenen materiellen und arbeitsrechtlichen Satus der Mitarbeiter/-innen sicherstellen. Zu erwähnen ist hierbei, dass die Mitarbeiter/-innen der Überleitung zur RKiSH widersprechen könnten. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die RKiSH Mitglied beim Kommunalen Arbeitgeberverband ist und somit der TVöD dort Anwendung findet.

  1. Zusammenfassung

Wie bereits oben erwähnt, wird die Fachlichkeit und Effizienz bei den bisherigen Leistungserbringern nicht in Frage gestellt und die Zusammenarbeit in der Vergangenheit hat grundsätzlich gut funktioniert. Trotzdem zeigen die oben dargestellten Strukturprobleme, dass der Kreis Segeberg in seiner Trägerverantwortung eine sachorientierte Entscheidung für die Zukunft treffen muss. Auf jeden Fall wird der Kreis Segeberg zukünftig (egal in welcher Strukturform) das Refinanzierungsrisiko tragen müssen.

Trotz möglicher Einbindungsmöglichkeiten im Rahmen von Praktika o.ä. ist bei den anderen Varianten das Ehrenamt sicherlich nicht so stark angebunden / verknüpft, wie jetzt beim DRK oder KBA im Rahmen des Submissionsmodells. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass nicht die Gewähr dafür übernommen werden kann, dass die bisherigen Leistungserbringer langfristig auch  den Rettungsdienst im Kreis Segeberg durchführen. Festzuhalten bleibt auch, dass das ehrenamtliche Engagement im Bereich erweiterter Rettungsdienst bzw. Katastrophenschutz sicherlich in allen Varianten erhalten bleiben wird.

Im Rahmen der eigenständigen Durchführung könnte man sicherlich auch eine hohe Verknüpfung mit dem Ehrenamt erreichen und das regionale Engagement würde deutlich stärker hervorgehoben werden. Der Kreis Segeberg würde auch eine hohe Unabhängigkeit erreichen und direkte Steuerungsmöglichkeiten besitzen. Die entscheidenden Nachteile dieser Variante sind aber der erhebliche Aufwand bei der Aufstellung sowie dass die Verhandlungsposition gegenüber den Kostenträgern auch hier nicht entscheidend gestärkt wird.

Die entscheidenden Faktoren / Vorteile für die beiden Kooperationsvarianten sind die durch die Kooperation gebündelte, wirtschaftliche  und professionell aufgestellte Verwaltung sowie die gestärkte Verhandlungsposition gegenüber den Kostenträgern. Im Rahmen einer Kooperation bietet sich auch immer die  Möglichkeit zur Erarbeitung von kreisübergreifenden Konzepten.

Die Vorteile der bestehenden Kooperation (RKiSH) gegenüber einer neuen Kooperation bestehen darin, dass eine weitgehende Übertragung der Aufgaben (große Unabhängigkeit) und natürlich eine kurzfristige Übertragung möglich sind. Durch die weite Aufgabenerfüllung ist bei der RKiSH in allen Bereichen ein hohes Detailwissen für den Rettungsdienst (Durchführungswissen im engeren Sinne) vorhanden. Die entsprechenden Strukturen müssten nicht neu aufgebaut und verhandelt werden. Des Weiteren zeigt u.a. der o.g. Bericht des Landesrechnungshofes, dass sich dieses Modell in der Vergangenheit bewährt hat. Bei einem Beitritt zur RKiSH würde sich der zukünftige Aufwand innerhalb der Kreisverwaltung auf ein geringes Maß reduzieren (weitgehende Übertragung möglich) und über die Gremien der Gesellschaft wäre eine entsprechende Einflussnahme sichergestellt.

Dem Nachteil einer gewissen rechtlichen Verselbständigung ist entgegen zu halten, dass die Gestaltungsmöglichkeiten im Rettungsdienst sowieso in erheblichem Maße eingeschränkt sind (vgl. Ausführungen unter 4.). Die Steuerungsmöglichkeiten erfolgen über die Gesellschafterversammlung und den Aufsichtsrat. Zwar führt diese Alternative zu einer schwächeren Verknüpfung mit dem Ehrenamt, würde sich aber in einem vertretbaren Rahmen halten, da diese weiter im Rahmen der größeren Notfallereignisse und des Katastrophenschutzes eingebunden werden. Die RKiSH hat bereits ein umfassendes GröNo-Konzept (inkl. Einbindung der ehrenamtlichen Strukturen) für den bisherigen Versorgungsbereich erstellt. Die Implementierung des Kreises Segeberg sollte keine unüberbrückbaren Probleme aufwerfen.

  1. Annex zum Vergaberecht

a)   Dienstleistungen im Rahmen Submissionsmodell

Seit dem Beschluss des Bundesgerichtshof (BGH) vom 01. Dezember 2008 (Beschl. V. 01.12.2008 – X ZB 31/08) hat sich die Rechtsprechung dahingehend festgelegt, dass in den sogenannten Submissionsländern grundsätzlich das Vergaberecht auf die rettungsdienstliche Beauftragung angewandt werden muss.

In diesem Zusammenhang sind aber auch die Veränderungen hinsichtlich der sogenannten Bereichsausnahme für Rettungsdienstleistungen zu berücksichtigen (neue EU-Vergaberichtlinie). Mittlerweile hat der Bundestag mit der Zustimmung des Bundesrates das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz - VergRModG) vom 17.02.2016 beschlossen, welches am 18. April 2016 in Kraft getreten ist. Durch dieses Gesetz wird das deutsche Vergaberecht von Grund auf neu strukturiert und enthält auch entsprechende Formulierungen zu der Bereichsausnahme:

§ 107 GWB – Allgemeine Ausnahmen (BGBl. I 2016, Nr. 8, Seite 208)

(1)   Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

….

4. zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary […] mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisation anerkannt sind.

Nach Meinung von Fachanwälten und anderen Rettungsdienstträgern wird momentan kritisch gesehen, ob durch diese neuen Regelungen tatsächlich Vereinfachung und Klarheit geschaffen worden sind. Der vorgeschriebene Weg der EU-weiten Ausschreibung von Rettungsdienstleistungen ist mittlerweile durch entsprechende Urteile einigermaßen befriedet und Klarheit zum rechtssicheren Verfahren geschaffen worden. Die seinerzeitige Klagewelle hat sich mittlerweile auf ein übliches Maß reduziert.

Mit der Bereichsausnahme kommen neue Regelungen mit Unwägbarkeiten in der Auslegung und der Anwendbarkeit (z.B. tatsächlich nur Hilfsorganisation darüber erfasst oder auch gGmbH oder e.V.?). Die Hilfsorganisationen (u.a. DRK, JUH) argumentieren, dass durch die o.g. Regelungen eine Direktvergabe möglich sei. Die privaten Rettungsdienstanbieter sehen dies anders (vgl. u.a. Pressemitteilung der FALCK-Unternehmensgruppe vom 15.04.2016 sowie entsprechendes Rechtsgutachten der internationalen Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer LLP). Auch das Sozialministerium hat gegenüber dem Kreis Segeberg Zweifel an der angeblichen Direktvergabe an Hilfsorganisationen aufgrund der Bereichsausnahme geäußert. Der Schleswig-Holsteinische Landkreistag hat in einer jüngsten Bewertung mitgeteilt […]dass im Zusammenhang mit der Bereichsausnahme für Rettungsdienstvergaben weiterhin zahlreiche Fragen umstritten sind[…].

Festzuhalten bleibt, dass der Aufgabenträger (Kreis Segeberg) – selbst bei der weitest gehenden Auslegung der Bereichsausnahme – meist gut beraten ist, ein transparentes und nichtdiskriminierendes Auswahlverfahren (Wettbewerb) durchzuführen, um sich nicht angreifbar zu machen.

b)   Beitritt und Vergabe an RKiSH

Der den Kreis Segeberg im Bereich Rettungsdienst vertretende Rechtsanwalt und die Verwaltung sind der Ansicht, dass der Kreis Segeberg, nachdem er der RKiSH als Gesellschafter beigetreten ist, die Vergabe der Rettungsdienstleistungen an die RKiSH im Rahmen eines „In-House-Geschäftes“ gem. § 108 Abs. Abs. 4 und 5 GWB (Auszug siehe Anlage) erfolgen kann. Für die Prüfung wurde der seinerzeit geschlossene Gesellschaftsvertrag herangezogen:

Gemäß § 108 Abs. 4 GWB ist Teil 4 des GWB nur dann auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 99 Nrn. 1 bis 3 GWB nicht anzuwenden, wenn der öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nrn. 1 bis 3 GWB über eine juristische Person zwar keine Kontrolle im Sinne des Abs. 1 ausübt, aber der öffentliche Auftraggeber gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle ausübt, wie jeder der öffentlichen Auftraggeber über seine eigenen Dienststellen. Dies ist vorliegend in der RKiSH gGmbH über die Stellung der Gesellschafter und die Entsendung der Aufsichtsratsmitglieder gemäß § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags gegeben. Danach wird jedem Gesellschafter im Zusammenwirken mit den anderen Gesellschaftern die Möglichkeit der Kontrolle der Gesellschaft gegeben.

Auch ist gemäß § 108 Abs. 4 Nr. 2 GWB gewährleistet, dass mehr als 80 % der Tätigkeiten der RKiSH gGmbH der Ausführung der Aufgaben dienen, mit denen sie von den Gesellschaftern der RKiSH gGmbH betraut worden ist. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags.

Schließlich bestimmt § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags, dass nur Kreise oder kreisfreie Städte oder juristische Personen, mit denen Kreise oder kreisfreie Städte öffentlich-rechtlich Durchführungsverträge hinsichtlich ihrer Rettungsdienste in diesen Kreisen oder kreisfreien Städten abgeschlossen haben, Gesellschafter sein können. Die Regelung in § 4 Abs. 1 erster Spiegelstrich des Gesellschaftsvertrags (Kreise oder kreisfreie Städte) verhindert in jedem Fall, dass eine direkte private Kapitalbeteiligung bestehen kann. Im Hinblick auf § 4 Abs. 1 zweiter Spiegelstrich des Gesellschaftsvertrags ist anzumerken, dass öffentlich-rechtliche Durchführungsverträge nicht ausschließlich öffentlich-rechtliche Vereinbarungen gemäß § 18 GkZ sein müssen und dass über diesen Weg private Kapitalbeteiligungen an der RKiSH gGmbH möglich wären, so dass die Bestimmung des § 108 Abs. 4 Nr. 3 GWB möglicherweise nicht erfüllt wäre.

Insoweit sollte vor einer Vergabe an die RKiSH gGmbH eine Änderung des Gesellschaftsvertrages dahingehend geprüft werden, dass eine Beteiligung natürlicher oder juristischer Personen des Privatrechts an der Gesellschaft in jedem Fall ausgeschlossen wird.

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat z.B. mit seinem Beschluss vom 21. September 2006 (3 B 132/06) den Antrag einer Hilfeleistungsorganisation auf Berücksichtigung bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen im Kreis Steinburg im Rahmen der Übertragung auf die RKiSH abgelehnt.

c)   Vorgebrachte Bedenken der bisherigen Leistungserbringer

Entgegen der Auffassung verschiedener bisheriger Leistungserbringer handelt es sich bei der Übertragung der Durchführung des Rettungsdienstes nicht um einen Fall kommunaler Zusammenarbeit.

Zunächst ist zu klären, was unter dem Begriff der kommunalen Zusammenarbeit zu verstehen ist. Diese ist in § 1 Abs. 2 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit (GkZ) abschließend geregelt. Danach wird die gemeinsame Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch im Gesetz beschriebene Formen der Zusammenarbeit auf öffentlich-rechtlicher Ebene als kommunale Zusammenarbeit beschrieben. Als Gestaltungen kommunaler Zusammenarbeit werden die Einrichtung von Zweckverbänden, gemeinsamen Kommunalunternehmen, der Abschluss öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen oder die Einrichtung von Verwaltungsgemeinschaften verstanden.

In Betracht käme vorliegend eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung. Gemäß § 18 Abs. 1 GKZ können Kreise untereinander oder mit anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts oder mit rechtsfähigen Anstalten oder rechtsfähigen Stiftungen des öffentlichen Rechts durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbaren, dass einer der Beteiligten einzelne oder mehrere zusammenhängende Aufgaben der übrigen Beteiligten ganz oder teilweise übernimmt.

Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn die jetzt an der RKiSH beteiligten Kreise und der Kreis Segeberg zunächst eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung schlössen, in der sie sich verpflichteten, die Aufgaben der Durchführung des Rettungsdienstes für alle Kreise auf einen Kreis zu übertragen und dieser sodann zur Erfüllung dieser Aufgaben die RKiSH gGmbH gründete. Durch diese Form der kommunalen Zusammenarbeit ginge das Recht und die Pflicht eines Kreises auf Durchführung des Rettungsdienstes auf den übernehmenden Beteiligten über.

Vorliegend findet jedoch lediglich eine Beteiligung an der RKiSH gGmbH statt, um dieser sodann Aufgaben der Durchführung des Rettungsdienstes zu übertragen. Die Zusammenarbeit auf der Ebene der öffentlich-rechtlichen Körperschaften, also der Kreise, findet insoweit aber nicht durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, sondern durch Beteiligung an der gGmbH, mithin auf der Ebene des Privatrechts, statt. Zu einer solchen Beteiligung bedarf es gemäß § 7 Abs. 2 lit. a der Hauptsatzung des Kreises Segeberg der Entscheidung des Hauptausschusses, sofern die Beteiligung des Kreises 75 % nicht übersteigt, was vorliegend der Fall sein dürfte.

 

Unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 3 RDG wird angezweifelt, ob der RKiSH als privatrechtliche Gesellschaft (trotz öffentlich-rechtlicher Anteilseigner) der Rettungsdienst vollständig übertragen werden könnte (vgl. Schreiben von Dr. Schillhorn vom 10.05.2016, Seiten 3 und 4).

§ 6 Abs. 3 RDG bestimmt, dass die „Durchführung“ des Rettungsdienstes auf (1) Hilfsorganisationen und juristische Personen des öffentlichen Rechts ganz oder teilweise sowie (2) natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts teilweise übertragen werden können. Mit dieser Formulierung sollte nach der Kommentierung verdeutlicht werden, dass die Aufgaben des Rettungsdienstes eng an die hoheitliche Trägerschaft angebunden sein sollen und die Durchführenden besondere Gewähr für eine sorgfältige Aufgabenerfüllung bieten sollen. Begründet wurde dies damit, dass es sich um die Sicherstellung überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter handelt, und zwar insbesondere Leben und Gesundheit der Bevölkerung.

Ob eine solche Differenzierung zu Lasten juristischer Personen des Privatrechts nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung, der Berufsfreiheit und den Wettbewerbsregelungen der Europäischen Union noch vertret- und durchsetzbar erscheint, ist allerdings zu bezweifeln. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 24. Mai 2012 entschieden, dass eine Vorrangstellung der Hilfsorganisationen gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit verstößt und damit nichtig ist (Az.: Vf. 1-VII-10).

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass diese Formulierung 1992 in das RDG aufgenommen wurde und in den Rettungsdienstgesetzen benachbarter Bundesländer eine solche Differenzierung nicht (mehr) enthalten ist. Insoweit beabsichtigt auch der Gesetzgeber in Schleswig-Holstein vorliegend, bei der Novellierung des Rettungsdienstgesetzes von der bisherigen Differenzierung Abstand zu nehmen.

 

Ein Verstoß gegen das Beihilfeverbot gemäß § 107 Abs. 1 AEUV ist bei diesem Vorhaben grundsätzlich möglich, wobei als Besonderheit zu sehen ist, dass vorliegend der Kreis kein Entgelt für in Anspruch genommene Leistungen zahlt, sondern lediglich eigene Aufgaben auf einen Dritten überträgt, der seinerseits von den Personen, die die Leistung in Anspruch nehmen bzw. deren Krankenkassen für diese Leistungen bezahlt wird.

Gemäß § 8a Abs. 3 RDG sind die Benutzungsentgelte jedes Unternehmens, auf das die Durchführung des Rettungsdienstes § 6 Abs. 3 RDG übertragen worden ist, gleichermaßen so zu bemessen, dass sie auf der Grundlage einer bedarfsgerechten und leistungsfähigen Organisation sowie einer sparsamen und wirtschaftlichen Betriebsführung die Gesamtkosten des Rettungsdienstes unter Berücksichtigung des gesamten Einsatzspektrums decken. Dies hat zur Konsequenz, dass eine Wettbewerbsverfälschung oder Handelsbeeinträchtigung durch Auswahl eines bestimmten Unternehmens dadurch nicht erfolgen kann, weil mehrere Unternehmen ihre Preise nicht im Wettbewerb zueinander entwickeln, sondern die Benutzungsentgelte auf der Basis des § 8a Abs. 3 RDG nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und gemeinsamen Verfahren zur Ermittlung der Gesamtkosten festgelegt werden. Insoweit findet auch bei mehreren natürlichen oder juristischen Personen oder auch Hilfsorganisationen, denen die Durchführung des Rettungsdienstes übertragen wird, kein Wettbewerb statt, der im Rahmen der Beauftragung nur eines Unternehmens verfälscht werden könnte.

Das Argument, dass mit der Inhouse-Vergabe den Wettbewerbern der RKiSH gGmbH die Ausübung eines rechtlich erlaubten Berufs unmöglich gemacht würde, weil nur der Aufgabenträger, also der Kreis, als Nachfrager für diese Leistung infrage komme, berücksichtigt nicht die Regelung in § 10 Abs. 1 RDG und ist deshalb verfehlt. Selbst wenn eine Vergabe der Durchführung des Rettungsdienstes an die RKiSH gGmbH erfolgen sollte, während die anderen bisherigen Leistungserbringer nicht daran gehindert, eine Genehmigung zur Durchführung von Notfallrettung oder Krankentransport außerhalb des (öffentlichen) Rettungsdienstes zu beantragen. Eine solche Genehmigung könnte gemäß § 11 Abs. 3 RDG lediglich dann versagt werden, wenn zu erwarten wäre, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst nach diesem Gesetz beeinträchtigt wird. Insoweit liegt jedenfalls keine Verletzung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG vor.

Ob eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlungsgebot) vorliegt, ist deshalb zweifelhaft, weil § 108 GWB insoweit die Vergabe ohne die Beachtung der Bestimmungen des Teils 4 des GWB gerade ermöglichen will und damit in Kauf nimmt, dass es bei der Auswahl von Unternehmen zu einer Bevorzugung bestimmter, insbesondere mit dem öffentlichen Auftraggeber in besonderer Weise verbundener Unternehmen kommen kann. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG wäre deshalb jedenfalls dann nicht zu sehen, wenn die beihilferechtlichen Vorschriften beachtet werden.

 

d)   Fazit

Wie auch schon in den bisherigen Beratungen angesprochen, kann bei keiner der beiden Varianten die Möglichkeit einer Klage ausgeschlossen und aufgrund der Veränderungen im Vergaberecht auch keine Rechtssicherheit von Seiten der Verwaltung für eine der Alternativen gegeben werden. Das Verhalten der verschiedenen Leistungserbringer im Bereich Rettungsdienst (u.a. die verschiedenen Hilfeleistungsorganisationen und private Firmen), auch im Hinblick auf die geänderten Rechtsvorschriften (Bereichsausnahme), kann nicht sicher vorhergesagt werden.

Gleichwohl ist davon auszugehen, dass das rechtliche Risiko bei einer Vergabe an die RKiSH als gering anzusehen ist.

 

 

Reduzieren

Finanz. Auswirkung

Finanzielle Auswirkungen:

 

 

Nein

 

X

Ja:

 

 

Darstellung der einmaligen Kosten, Folgekosten

 

Im Falle eines Beitritts zur RKiSH müsste der Kreis als neuer Gesellschafter eine Stammeinlage in Höhe von 25.000,00 € erbringen.

 

 

Mittelbereitstellung

 

Teilplan:

 

In der Ergebnisrechnung

Produktkonto:

 

In der Finanzrechnung investiv

Produktkonto:

 

 

Der Beschluss führt zu einer über-/außerplanmäßigen Aufwendung bzw. Auszahlung

 

in Höhe von

 

Euro

 

(Der Hauptausschuss ist an der Beschlussfassung zu beteiligen)

 

 

Die Deckung der Haushaltsüberschreitung ist gesichert durch

 

Minderaufwendungen bzw. -auszahlungen beim Produktkonto:

 

 

 

 

 

Mehrerträge bzw. -einzahlungen beim Produktkonto:

 

 

Bezug zum strategischen Management:

 

X

Nein

 

 

Ja; Darstellung der Maßnahme

 

 

Belange von Menschen mit Behinderung sind betroffen:

 

X

Nein

 

 

Ja

 

Belange von Menschen mit Behinderung wurden berücksichtigt:

 

X

Nein

 

 

Ja

 

 

Reduzieren

Anlagen

Loading...