Bericht der Verwaltung - DrS/2015/238
Grunddaten
- Betreff:
-
Jugendhilferechtliche Leistungen für junge Menschen, Kinder und Familien aus dem Kreis der Asylsuchenden
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Bericht der Verwaltung
- Federführend:
- Wirtschaftliche und rechtliche Jugendhilfe
- Bearbeitung:
- Jan-Hauke Heinze
- Verfasser 1:
- Heinze, Jan Hauke
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Jugendhilfeausschuss
|
Kenntnisnahme
|
|
|
15.10.2015
| |||
●
Erledigt
|
|
Sozialausschuss
|
Kenntnisnahme
|
|
|
29.10.2015
|
Sachverhalt
Sachverhalt:
Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) - Kinder- und Jugendhilfegesetz können gemäß § 6 Abs. 2 SGB VIII auch Ausländer beanspruchen, wenn sie sich rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung gewöhnlich im Inland aufhalten.
Unter Leistungen nach dem SGB VIII sind u. a. zu verstehen:
- Angebote der Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, sowie des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes,
- Angebote zur Förderung in Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege,
- Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen,
- Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche,
- Hilfe für junge Volljährige,
- und Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen.
Die Angebote der Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit sowie des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes sind in der Regel keine antragspflichtigen Leistungen und stehen offen zur Verfügung. Dies umfasst zum Beispiel den Besuch eines Jugendzentrums/Jugendtreffs.
Entsprechend eines Erlasses des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung haben Kinder von Asylbewerbern und Flüchtlingen einen Rechtsanspruch gemäß § 24 SGB VIII auf Förderung in Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege.
Sofern ein Kind zwischen ein und drei Jahren alt ist, besteht ein Anspruch auf Förderung in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege im Umfang einer Halbtagsbetreuung. Ab dem 3. Lebensjahr bis zum Schuleintritt besteht ein Anspruch des Kindes auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung.
Der Personensorgeberechtigte eines Kindes oder eines Jugendlichen hat Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Hilfen zur Erziehung sind orientiert am Hilfebedarf des Kindes oder Jugendlichen unterschiedlich bzw. in Art und Umfang individuell auszugestalten.
So kann z. B. eine ambulante sozialpädagogische Familienhilfe durch intensive Betreuung und Begleitung die Familie in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben.
Hilfe zur Erziehung kann auch in teilstationärer Form durch die Erziehung in einer Tagesgruppe oder in vollstationärer Betreuung und Unterbringung in einer Pflegefamilie, Heimeinrichtung oder „Gastfamilie“ erfolgen.
Bei stationärer Unterbringung (außerhalb der Herkunftsfamilie) hat der Jugendhilfeträger neben den Sachkosten auch den Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen sicherzustellen. Dazu gehören der laufende Lebensunterhalt, der Wohnraum und die Krankenhilfe für den jungen Menschen.
Die zuvor genannten Leistungsarten können auch analog für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche gem. § 35a SGB VIII gewährt werden.
In Abgrenzung zu den vorgenannten Leistungen, bei denen sich die Eltern ebenfalls vor Ort bzw. im Inland aufhalten, ist der Personenkreis der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (sog. umF) zu betrachten.
Das Jugendamt ist verpflichtet, ein ausländisches Kind oder einen ausländischen Jugendlichen nach § 42 SBG VIII in seine Obhut zu nehmen, wenn dieses/dieser nach Deutschland einreist und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten. Ggf. mitreisende sonstige Verwandte (Großeltern, Onkel, ältere Geschwister, etc.) sind nicht personensorgeberechtigt. Insofern gelten auch in diesen Fällen die mitreisenden Minderjährigen als unbegleitet. Im Anschluss an die Inobhutnahme hat das Jugendamt unverzüglich die Bestellung eines Vormunds beim Familiengericht zu beantragen.
Nach Bestellung eines Vormunds ist dieser für das Kind oder den Jugendlichen personensorgeberechtigt. Bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ohne in Betracht kommende Personen in ihrem persönlichen Umfeld, z.B. aufgrund von familiärer Bindung o. ä., wird regelhaft dem Kreisjugendamt Segeberg die Funktion des Vormundes übertragen.
Daraufhin stellt der Vormund einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung und es wird in der Regel vollstationäre Jugendhilfe für den unbegleiteten minderjährigen Flüchtling geleistet.
Kosten für die Hilfe zur Erziehung von Kindern oder Jugendlichen, welche das Kreisjugendamt Segeberg aufgewendet hat, sind nach §§ 89 ff. SGB VIII erstattungsfähig.
Fazit:
Zusammenfassend ist festhalten, dass beim Vorliegen der Voraussetzungen nach § 6 Abs. 2 SGB VIII ein vollständiger Anspruch von ausländischen Kindern und Jugendlichen auf Leistungen nach dem SGB VIII besteht.
Eine analoge Regelung zu den Leistungen nach dem SGB VIII findet sich in § 23 SGB XII. Kinder und Jugendliche können bei einer drohenden oder bestehenden Behinderung Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII (heilpädagogische Leistungen, Schulbegleitung, etc.) haben.
In § 23 SGB XII ist der Leistungsanspruch für Ausländer in Absatz 2 definiert. Auch dort wird auf den Aufenthaltsstatus abgestellt. Als Abgrenzungskriterium wird auf den Bezug von Leistungen nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz abgestellt. Personen im Bezug dieser Leistungen sind grundsätzlich vom Bezug von Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Dies sind regelhaft jene Ausländer, welche sich in einem laufenden Asylverfahren befinden (also in der Zeit von der Antragstellung auf Asyl bis zur Entscheidung über diesen) oder eine negative Entscheidung über ihren Antrag erhalten haben und ausreisepflichtig sind. Zweites dürfte regelmäßig auf Personen aus sogenannten sicheren Drittstaaten (z.B. Westbalkan) zutreffen.
Alle übrigen ausländischen Kinder und Jugendliche haben einen regulären Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII. Insofern besteht hier eine gleiche Handhabung zu Leistungen nach dem SGB VIII.
Zu ergänzen ist, dass für Kinder und Jugendliche, die im Land Schleswig-Holstein ihre Wohnung oder ihre Ausbildungsstätte haben, Schulpflicht besteht. Wohnung im Sinne dieses Gesetzes ist die Wohnung, d. h. jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird, einer Person. Solange sich schulpflichtige Minderjährige in einer Erstaufnahmeeinrichtung befinden erfolgt kein Besuch einer öffentlichen Schule vor Ort. Für diese Minderjährigen wird ein eigenes Beschulungsangebot von Seiten des Landes in der jeweiligen Erstaufnahmeeinrichtung vorgehalten.
Nach der Zuweisung an eine Kommune umfasst die Vollzeitschulpflicht die Pflicht zum Besuch einer Grundschule und einer Schule der Sekundarstufe I oder eines Förderzentrums für insgesamt neun Schuljahre. Die Schulpflicht wird durch die Begründung eines Schulverhältnisses zu einer öffentlichen Schule oder durch den Besuch einer Ersatzschule erfüllt. Hierfür ist die Anmeldung an einer örtlich zuständigen Schule erforderlich. Kinder ohne die erforderlichen Sprachkenntnisse werden ggf. in ein DAZ (Deutsch als Zweitsprache) zugewiesen.
Anliegende Grafik verdeutlicht die Unterschiede in der Zusammensetzung der inländischen Bevölkerung und den zuströmenden Schutzsuchenden. Bereits daraus ist erkennbar, dass sich die Zahlen der Kleinstkinder sowie der männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden überproportional stark zum deutschen Bevölkerungsaufbau verhalten. Für entsprechende Jugendhilfebedarfe ist Vorsorge zu tragen. Die Verwaltung wird tagesaktuelle Erkenntnisse darüber in die jeweiligen Gremien einspeisen.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
311,1 kB
|
