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ALLRIS - Vorlage

Bericht der Verwaltung - DrS/2014/014

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

Sachverhalt:

Nicht erst seit dem Fallen der letzten Beschränkungen der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit für Menschen aus Bulgarien und Rumänien wird das o. g. Thema im Rahmen von öffentlichen Debatten sowohl politischer als auch populistischer Natur unter verschiedenen Aspekten beleuchtet.

 

Auch auf administrativer Ebene wurde das Thema bereits aufgegriffen. Ende 2012 wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema „Armutszuwanderung aus Osteuropa“ gegründet. Der Deutsche Landkreistag (DLT) trat der AG bei. Ziel dieser AG ist die systematische Aufbereitung der bestehenden Handlungsansätze und etwaiger Änderungsbedarfe. Weiterhin hat der DLT ein Positionspapier zu dieser Thematik erarbeitet. Es wurde im Herbst 2013 beschlossen.

 

Der Schleswig-Holsteinische Landkreistag informiert seine Mitglieder laufend in dieser Angelegenheit.

 

A: rechtliche Grundlage der Arbeitnehmerfreizügigkeit

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist ein Grundpfeiler der Europäischen Gemeinschaft[1]. Berechtigt sind die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten.

 

Aufgrund von Bedenken der Mitgliedsstaaten wurde bei der Osterweiterung 2004 beschlossen, dass für die neuen Mitgliedsstaaten während einer längstens 7-jährigen Übergangsfrist Einschränkungen dieses EU-Rechtes möglich sein durften. Erst danach galt die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Angehörige dieser Mitgliedsstaaten.

 

Die Befürchtung, dass der deutsche Arbeitsmarkt dem Ansturm der z. B. polnischen Arbeitskräfte nicht gewachsen sein würde, erwies sich in der Rückschau jedoch als unbegründet.

 

B: grundsätzliche statistische Aussagen

-          bundesweit

Im Jahr 2012 sind 1.080.936 Personen in die Bundesrepublik zugezogen; 711.991 Personen sind fortgezogen. Dies ergibt ein Wanderungsplus von 368.945 Personen.[2]

 

Top 6 der Länder, mit einem Wanderungsüberschuss:

  1. Polen (+68.773)(Steigerung gegenüber 2011: +5,6%)
  2. Rumänien (+48.809)(Steigerung gegenüber 2011: +29,5%)
  3. Ungarn(+26.392) (Steigerung gegenüber 2011: +56,1%)
  4. Bulgarien(+25.933) (Steigerung gegenüber 2011: +14,4%)
  5. Griechenland(+20.495) (Steigerung gegenüber 2011: +61,7%)
  6. Italien(+16.343)(Steigerung gegenüber 2011: +125,3%)

 

Dieser Übersicht kann man entnehmen, dass zwar nach absoluten Zahlen aus Bulgarien und Rumänien viele Menschen nach Deutschland zuwandern; die von der EU-Schuldenkriese am stärksten betroffenen Länder in Südeuropa weisen allerdings deutlich die größten prozentualen Steigerungen auf.

 

Die Bundesagentur für Arbeit hat bezüglich der Zuwanderung von Bulgaren und Rumänen Angaben bis 2011 ausgewertet: Eine Veränderung des Wanderungssaldos von +42.000 im Jahr 2010 auf +60.000 im Jahr 2011 steht eine Veränderung der der Beschäftigten von etwa 75.000 auf etwa 91.000 gegenüber[3]. Es kommen also mehr Personen, diese nehmen jedoch auch eine Erwerbstätigkeit auf.

 

Bundesweit lag der Zuzug je 1.000 Einwohnern bei 13,5 Personen. Schleswig-Holstein hat unter den alten Bundesländern den niedrigsten Zuzug je 1.000 Einwohner (7,6).2

 

-          im Kreis Segeberg

Ausländische Bevölkerung im Kreis Segeberg jeweils zum 31.12.

(ausgewählte Staatsangehörigkeiten)

 

2009

2010

2011

2012

2013

Steigerung
2009 / 2013

Bulgarien

58

67

84

91

103

+ 45

Rumänien

169

235

241

291

374

+ 205

Zwischensumme

227

302

325

382

477

+ 250

alle Staatsangehörigkeiten

13.655

13.447

13.522

13.943

liegt noch nicht vor

 

In den vergangenen fünf Jahren sind zum Stichtag 31.12.2013 insgesamt 250 Personen mit den beiden Staatsangehörigkeiten in den Kreis Segeberg zugewandert.[4]

 

Im Landesvergleich stellt sich die Zuwanderung folgendermaßen dar: Während von 2009 bis 2012 die Bevölkerung aus Bulgarien landesweit um 98% gestiegen ist, gab es im Kreis Segeberg lediglich eine Steigerung um 57% (Lübeck: + 200%). Der landesweite Zuwachs bei den rumänischen Bevölkerung betrug im gleichen Zeitraum 81%, im Kreis Segeberg plus 72% (Lübeck: + 150%). Insgesamt nahm die ausländische Bevölkerung landesweit um 6%, im Kreis Segeberg nur um 2% zu.

 

Es ziehen in den Kreis Segeberg also weniger ausländische Mitbürger sowohl insgesamt als auch aus den in Rede stehenden EU-Staaten.

 

C: Informationen aus dem Jobcenter des Kreises Segeberg

Im November 2013 stellt sich die Situation wie folgt dar: insgesamt lebten ca. 14.200 Personen in Bedarfsgemeinschaften. 14,3% dieser Personen hatten eine ausländische Staatsangehörigkeit. Von allen Personen in Bedarfsgemeinschaften waren 2,9% EU-Bürger (411 Personen), darunter 4 Bulgaren und 12 Rumänen (1 Baby, 1 Person mit Nebenverdienst und 2 Erwerbstätige).

 

Weiterhin stellt das Jobcenter dar, dass ab Mai 2011 für Personen aus Polen die volle EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit galt, ebenfalls eine Überschwemmung des Arbeitsmarktes und der Sozialsysteme befürchtet wurde. Seitdem sind zusätzlich 79 polnische Personen in den Bestand gekommen (insgesamt: 144). Ein sprunghafter Anstieg der Leistungsberechtigten konnte also nicht beobachtet werden. Dies ist gegenwärtig für Personen aus Bulgarien und Rumänien auch nicht zu erwarten.

 

Zusammenfassend stellt das Jobcenter des Kreises Segeberg fest, dass sich erkennen lässt, dass das Thema „Armutszuwanderung“ bei uns keine Relevanz besitzt.

 

D: Zusammenfassung

Die große Zahl der Zuziehenden, die aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland einreisen, tut dies um einer Erwerbstätigkeit, einer Ausbildung oder einem Studium nachzugehen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten hat auch 2012 weiter zugenommen. Die Arbeitslosenquote von Personen aus diesen Ländern liegt deutlich unterhalb der von Ausländern insgesamt (9,6 % zu 16,4 %).

 

Zwar beklagt gegenwärtig eine Reihe von Großstädten eine sogenannte Armutszuwanderung aus Bulgarien und Rumänien, grundsätzlich könnten jedoch auch die Landkreise von angrenzenden Problembereichen betroffen (z. B. Arbeits- und Wohnsituation, Armutszuwanderer) sein. Wie oben dargestellt, wird die Situation im Kreis Segeberg beobachtet, ist gegenwärtig jedoch nicht problembehaftet.

 

Die in der Presse immer wieder herangezogenen „Duisburger Verhältnisse“ gibt es im Kreis Segeberg nicht und sind nach hiesiger Einschätzung auch nicht zu erwarten.

 

Die Kreisverwaltung steht im kontinuierlichen Austausch mit den Mitarbeitern/innen aus den Sozialämtern der Städte, Ämter und Gemeinden des Kreises (z. B. AK Soziales). Nachfragen in diesem Rahmen haben bisher ebenfalls keine anderen Erkenntnisse erbracht.

 

Letztlich ist auch der Kreis Segeberg auf Zuwanderung angewiesen, um einen drohenden Fachkräftemangel auszugleichen. Dies ist auch nötig um als Wirtschaftsstandort für Firmen attraktiv zu bleiben.

 

Im Kreis Segeberg muss es letztlich gelingen, alle Menschen, die sich hier niederlassen um arbeiten zu wollen, zu integrieren. Im Rahmen seiner Zuständigkeiten wird der Kreis Segeberg sein Möglichstes tun, um für alle Menschen ein attraktives Wohn- und Lebensumfeld zu schaffen. Dies wird den Standort „Kreis Segeberg“ nachhaltig stärken.

 

 


[1] Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und als Grundrecht in Artikel 15 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

[2] Quelle: Migrationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung 2012

[3] Quelle: Auswirkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der EU-Schuldenkrise auf den deutschen Arbeitsmarkt, Herausgeber: Bundesagentur für Arbeit Statistik, Nürnberg, Dezember 2013

[4] Quelle: FD 33.00

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