Bericht der Verwaltung - DrS/2013/171
Grunddaten
- Betreff:
-
Tätigkeitsbericht über den Adoptions- und Pflegekinderdienst des Kreises Segeberg
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Bericht der Verwaltung
- Federführend:
- Sozialpädagogische Hilfen
- Bearbeitung:
- Beate Zierke
- Verfasser 1:
- Lundt, Manuela
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Jugendhilfeausschuss
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Kenntnisnahme
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21.11.2013
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Sachverhalt
Sachverhalt:
Das Pflegekinderwesen im Kreis Segeberg
- Rechtsgrundlage
Die Unterbringung eines Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses im Rahmen von Hilfe zur Erziehung ist geregelt in den §§ 27 ff. SGB VIII und richtet sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall. Die Vermittlung in eine Pflegefamilie gemäß § 33 SGB VIII ist eine mögliche stationäre Unterbringungsform. Um dem Anspruch von Eltern auf Hilfe zur Erziehung gemäß § 1 SGB VIII gerecht zu werden, hat das Kreisjugendamt sämtliche personellen und sachlichen Voraussetzungen zu schaffen, welche für die Anwerbung, Beratung und Begleitung geeigneter Pflegepersonen erforderlich sind.
- Personelle Voraussetzungen
Das Kreisjugendamt hält Fachkräfte in Form von Diplom-Sozialpädagogen/innen/Diplom-SozialarbeiterInnen für die Aufgabe der Betreuung von Pflegestellen vor. Die Fachkräfte sollten über eine einschlägige Berufserfahrung verfügen. Zu den Aufgaben der PKD-MitarbeiterInnen gehören insbesondere die Auswahl der Pflegefamilien, das Zusammen-führen von Pflegeeltern und Pflegekindern, die Beratung und Betreuung der Pflege-familien sowie die Erstellung und Umsetzung sogenannter Hilfepläne gemäß
§ 36 SGB VIII.
- Pflegestellen
Personen, welche Interesse haben, ein Kind oder einen Jugendlichen gemäß § 33 SGB VIII in ihrem Haushalt aufzunehmen, müssen für diese Aufgabe geeignet sein. Die Eignung von potenziellen Pflegeeltern wird in einem eigenständigen Verfahren grund-sätzlich im Vorfeld der Vermittlung eines Kindes festgestellt. Im Rahmen der Eignungs-überprüfung sollen die individuellen Lebensbedingungen, die besonderen Stärken und Einschränkungen sowie die Wünsche der Pflegepersonen Berücksichtigung finden. Von den Pflegeeltern wird die Bereitschaft erwartet, bei möglichen Erziehungsschwierigkeiten eigene Ansprüche zu berichtigen, Hilfsangebote anzunehmen, mit anderen Fachstellen oder Institutionen zusammenzuarbeiten und die Bedeutung der Herkunftsfamilie des Pflegekindes angemessen zu berücksichtigen. Die Möglichkeit des vorrangig betreuenden Pflegeelternteils, einer beruflichen Beschäftigung nachzugehen, ist abhängig vom Alter und Erziehungsbedarf des jeweiligen Pflegekindes.
- Pflegekinder
Es ist zu unterscheiden zwischen Kurzzeitpflegekindern, welche zeitlich befristet in Familien vermittelt werden, und Vollzeitpflegekindern, bei welchen die Hilfe langfristig angelegt ist, wobei allerdings die Rückführungsmöglichkeit stets zu prüfen ist.
Vollzeitpflegekinder weisen häufig eine Deprivation, eine körperliche, geistige und/oder seelische Behinderung mit entsprechender Entwicklungsbeeinträchtigung, eine Entwicklungsverzögerung sowie Verhaltensauffälligkeiten, beispielsweise Hyperaktivität oder Aggressivität, mit gestörten Elternbeziehungen oder anders geprägten komplizierten Familienkonstellationen auf. Nicht selten stammen Vollzeitpflegekinder aus Familien mit Suchtproblematik.
- Das Vermittlungsverfahren
Kinder und Jugendliche können über unterschiedliche Zugangswege in die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII gelangen: direkt aus der Herkunftsfamilie, aus der Geburtsklinik, aus einer stationären Einrichtung oder aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Oft, insbe-sondere infolge eines familiengerichtlichen Beschlusses nach akuter Kindeswohl-gefährdung, geht der Inpflegegabe eine Aufnahme im Schutzhaus oder in einer Bereit-schaftspflegefamilie voraus.
In sämtlichen Fällen findet im Vorwege der Vermittlung eine umfassende Anamnese zur Biografie des Kindes oder Jugendlichen, zu sozialen Beziehungen und Erfahrungen, zu psychischen Belastungen und physischen Beeinträchtigungen sowie zu seinem Bindungsverhalten statt. Dieser diagnostische Prozess bildet die Basis für eine gelingende Vermittlung. Je stichhaltiger die Erkenntnisse über die zu vermittelnden Kinder und Jugendlichen sind, desto passgenauer kann die Pflegefamilie ausgesucht und desto besser kann sie auf ihre neue Aufgabe vorbereitet werden.
Den Vermittlungsbemühungen müssen die Verfahrensschritte im Hilfeplanverfahren gemäß § 36 SGB VIII vorausgegangen sein. Die Vermittlung kann auch zu Pflege-personen außerhalb des Kreisgebietes erfolgen, wobei eine kooperative Zusammen-arbeit mit dem örtlich zuständigen Jugendamt anzustreben ist. Der Pflegegeldsatz für das betreffende Kind/ den betreffenden Jugendlichen richtet sich nach dem individuellen Betreuungsbedarf.
- Sonderpflege
Kinder mit besonderem Erziehungsbedarf und Jugendliche, welche in Sonderpflege vermittelt werden, weisen auf Grund ihrer Beeinträchtigungen oder Behinderungen, ihrer gestörten Bindungs- und Beziehungsfähigkeit sowie ihren Verhaltensauffälligkeiten erhebliche Entwicklungsdefizite auf, was einen materiellen Mehrbedarf begründet.
Gleiches gilt für Kinder und Jugendliche, welche zum Zeitpunkt der Fremdunterbringung als nicht familienfähig eingeschätzt und vor diesem Hintergrund vorübergehend in einer Einrichtung untergebracht wurden.
- Sonderpflege mit erhöhtem Mehrbedarf
Kinder und Jugendliche mit besonderem Erziehungsbedarf, die in Sonderpflege mit erhöhtem Mehrbedarf vermittelt werden, weisen erhebliche Entwicklungsdefizite, Behinderungsformen, Bindungs- und Beziehungsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten und Traumata auf, so dass davon auszugehen ist, dass die Begleitung in ihrer Entwicklung einen beträchtlichen materiellen Mehrbedarf erfordert. Ferner ist davon auszugehen, dass die psychisch-emotionale Belastungsfähigkeit der Pflegepersonen massiv herausgefordert wird und sie gegenüber den bestehenden Defiziten und Auffälligkeiten eine weit überdurchschnittliche Akzeptanz aufbringen müssen.
- Vermittlung in Sonderpflege
In Sonderpflegestellen muss gewährleistet sein, dass der Anspruch der Kinder und Jugendlichen auf Erziehung nach dem SGB VIII in besonderer Weise erfüllt wird, weshalb die Sonderpflege-Personen entsprechend den speziellen Erfordernissen des Kindes oder Jugendlichen geeignet sein müssen. Die Eignung wird vom Pflegekinder-dienst in einem eigenständigen Verfahren grundsätzlich vor der Vermittlung festgestellt. Sie soll die individuellen Lebensbedingungen, die besonderen Stärken und Einschränk-ungen sowie die Wünsche der Pflegepersonen berücksichtigen. In der Regel soll nur ein Elternteil berufstätig sein. Die für die Betreuung hauptsächlich verantwortliche Pflegeperson sollte über eine pädagogische oder vergleichbare Ausbildung verfügen. Diese kann in begründeten Ausnahmen ersetzt werden:
- durch langjährig erworbene praktische pädagogische Erfahrungen
- durch die Bewährung als Pflegeperson
- durch den Nachweis einer Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen der Jugendämter, der freien Wohlfahrtsverbände oder anerkannter Fortbildungsinstitute.
Die Sonderpflegepersonen sollen die Bereitschaft haben, bei möglichen Erziehungs-schwierigkeiten, eigene Ansprüche zu berichtigen, Hilfsangebote anzunehmen und mit anderen beteiligten Fachleuten zusammenzuarbeiten. Die Betreuung der Kinder oder Jugendlichen ist bei Ausfall der Pflegeperson(en) jederzeit zu gewährleisten.
Bei besonders geeigneten Pflegepersonen müssen grundsätzlich die oben genannten Kriterien erfüllt sein. Von diesen Grundsätzen kann abgewichen werden, wenn erkennbar ist, dass die Pflegepersonen den individuellen Bedürfnissen des zu vermittelnden Kindes oder Jugendlichen in besonderer Weise gerecht werden können, gleichwohl einzelne der geforderten Kriterien nicht erfüllt werden.
Bei Vertiefungsinteresse wird auf die „Fachlichen Standards für das Pflegekinderwesen in Schleswig-Holstein“ verwiesen.
Das Adoptionswesen im Kreis Segeberg
- Rechtsgrundlagen
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AdVermiG ist die Adoptionsvermittlung Aufgabe des Jugendamtes und des Landesjugendamtes. Das Jugendamt muss entweder allein oder kooperativ mit benachbarten Jugendämtern eine Adoptionsvermittlungsstelle einrichten. Freie Träger bedürfen einer staatlichen Anerkennung für die Adoptionsvermittlung.
- Personelle Voraussetzungen
Eine Adoptionsvermittlungsstelle ist mit mindestens zwei Vollzeitkräften oder der entsprechenden Anzahl von Teilzeitfachkräften zu besetzen, wobei die Fachkräfte nicht überwiegend mit vermittlungsfremden Aufgaben befasst sein dürfen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 AdVermiG). Neben der Konzentration der Vermittlungstätigkeit soll mittels dieser Maßgabe sichergestellt werden, dass wenigstens zwei Fachkräfte ständig in maßgeblichem Umfang das Adoptionsgeschehen bearbeiten. Durch einen regelmäßigen Austausch können die Fachkräfte die Qualität ihrer Vermittlungsarbeit sichern und verbessern.
Eine Zusammenführung der Aufgabengebiete Pflegekinderdienst und Adoptions-vermittlung ist statthaft, sofern hierbei die Anforderungen des § 3 Abs. 1 und 2 AdVermiG erfüllt sind.
Mit der Adoptionsvermittlung dürfen ausschließlich Fachkräfte befasst sein, welche hierzu auf Grund ihrer Persönlichkeit, ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung geeignet sind (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AdVermiG). Voraussetzung sind sichere Kenntnisse der einschlägigen Rechtsvorschriften sowie Erfahrungen im Bereich der Vermittlung und Verwaltung.
Fachkräfte in der Adoptionsvermittlung sind üblicherweise staatlich anerkannte SozialarbeiterInnen/Sozialpädagogen/innen mit einschlägiger Berufserfahrung. Die Bereitschaft zur kontinuierlichen Fortbildung sowie zur Supervision wird zwingend vorausgesetzt. Bei den in der Adoptionsvermittlung tätigen Fachkräften soll es sich um lebenserfahrene Menschen mit stabiler Persönlichkeit handeln.
Vor dem Hintergrund, dass die Adoptionsvermittlung oft in schwierigen Lebenssituationen mit weitreichenden rechtlichen und sozialen Konsequenzen stattfindet, ist es unabdingbar, dass die Fachkräfte in jeder Vermittlungsphase in der Lage sind, sowohl das eigene Handeln als auch jenes der übrigen Beteiligten zu reflektieren, um eine fundierte Entscheidung im Interesse des Kindes treffen zu können.
- Notwendige Arbeitsbedingungen
Hinsichtlich der Organisation der Adoptionsvermittlungsstelle ist zu gewährleisten, dass eine allgemeine und einzelfallbezogene kollegiale Beratung möglich ist. Die Fachkräfte können ihren Auftrag nur dann erfüllen, wenn ausreichend Arbeitsmittel sowie genügend Zeit zur Verfügung stehen. Diensträume sollen vertrauliche Beratungsgespräche ermöglichen.
- Aufgaben der Fachkräfte
Mitarbeiter der Adoptionsvermittlungsstelle sind für die gesamte Vermittlungstätigkeit verantwortlich, welche sich von der Beratung der leiblichen Eltern, der Überprüfung von Adoptionsbewerbern und Auswahl bestimmter Bewerber für das konkrete Kind bis hin zur Beratung und Unterstützung nach Abschluss der Adoption inklusive der Berichterstattung zum Integrationsverlauf bei internationalen Adoptionen gemäß § 9 Abs. 2 AdvermiG erstreckt. Die Tätigkeit erfordert u.a. eine enge Zusammenarbeit mit Familiengerichten, Ausländerbehörden und Standesämtern.
- Die Adoptionsvermittlung
Es wird unterscheiden zwischen drei Adoptionsformen: der Inkognitoadoption, der offenen Adoption sowie der Adoption durch Verwandte oder Stiefeltern.
Bei der Inkognitoadoption gemäß § 1747 Abs. 2 Satz 2 BGB erfahren die leiblichen Eltern weder Namen noch Adresse der Adoptiveltern, was auf den einseitigen Schutz der neu zu begründenden Familie (§ 1758 BGB) vor unerwünschten Einwirkungen der leiblichen Eltern, deren Verwandten oder Dritten abzielt. Wünsche der leiblichen Eltern sollten möglichst trotzdem berücksichtigt werden. Die Adoptiveltern erhalten dagegen Informationen über die leiblichen Eltern des aufzunehmenden Kindes.
Bei der offenen Adoption werden die Adoptivbewerber frühzeitig dahingehend beraten, dass positive Beziehungen im Leben des Kindes beibehalten werden sollen, sofern es dieses wünscht und seinem Wohl dienlich ist.
Die Adoption durch Verwandte oder Stiefeltern ist zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient und absehbar ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht, wobei die Adoptionsvoraussetzungen sowie die Adoptionseignung mit der gleichen Sorgfalt wie bei Fremdadoptionen zu prüfen sind.
Bei allen Formen der Adoption sind die leiblichen Eltern umfassend über den Verfahrensablauf und die Auswirkungen zu beraten. Haben sich Eltern entschlossen, ihr Kind zur Adoption frei zu geben, überzeugen sich die Fachkräfte davon, dass diese Entscheidung bewusst und frei von sachfremden Einflüssen getroffen worden ist und alternative Hilfsmöglichkeiten bedacht worden sind.
Im Interesse des Kindeswohls ist es unabdingbar, den bestmöglichen Informationsstand über das Kind anzustreben (§ 7 Abs. 1 AdVermiG). Um einen umfassenden und fundierten Kenntnisstand zu erhalten, sind ggf. externe Fachleute hinzuzuziehen.
§ 1743 BGB regelt das Mindestalter für eine Adoption. Starre Altersgrenzen existieren nicht, jedoch sollte der Altersabstand zwischen Kind und Adoptionsbewerber nicht größer als 40 Jahre sein.
Hält die Adoptionsvermittlungsstelle einen Bewerber für geeignet, fasst sie das Ergebnis der Prüfung in einem Bericht zusammen, wobei die Feststellung der Eignung ein Ergebnis eines internen Prüfverfahrens ohne unmittelbare Außenwirkung ist und somit keinen Verwaltungsakt darstellt.
Werden für ein Kind Adoptiveltern gesucht, ist es Aufgabe der Fachkräfte, die für das Kind am besten geeigneten Bewerber auszuwählen.
Nach positivem Ablauf der Adoptionspflegezeit gemäß § 1744 BGB findet seitens der Adoptionsvermittlungsstelle sowohl die Unterstützung und Beratung der leiblichen Eltern statt als auch die Beratung und Unterstützung des Kindes und er Adoptiveltern. Eine wesentliche Aufgabe der Adoptionsvermittlung stellt außerdem die Suche von und nach Adoptierten dar.
Bei Vertiefungsinteresse wird auf die „Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter verwiesen.
Fallzahlen und personelle Ausstattung des Adoptions- und Pflegekinderdienstes
Die Arbeitssituation des Adoptions- und Pflegekinderdienstes im Kreis Segeberg stellt sich seit Jahren in höchstem Maße unbefriedigend für Fachkräfte und Klientel dar. So liegen seit dem Jahre 2006 durchgängig Überlastungsanzeigen der MitarbeiterInnen vor.
Eine im Jahre 2009 durchgeführte Organisations-Untersuchung zur Personalbemessung hat einen erheblichen Stellenmehrbedarf ergeben. Errechnet wurde ein Stellenmehrbedarf von 3,69 Vollzeitkräften bei damals vorhandenen 3,5 Vollzeitstellen, d.h. ein Gesamtbedarf von 7,19 Vollzeitkräften. Die aktuelle Situation des Sachgebiets wird mit Blick auf den Stellenplan 2014 mittels Vorlage Drs/2013/161 dargestellt. Bei dem darin angemeldeten Mehrbedarf von 1,5 Vollzeitstellen handelt es sich um die mindestens erforderliche Personalverstärkung.
Zur Erreichung einer Entlastung erfolgte zum 01.09.2012 die Ausgliederung der Betreuung von 108 auswärtigen Pflegekindern gemäß § 86 Abs. 6 SGB VIII an einen freien Träger der Jugendhilfe, wobei eine mögliche Stellenersparnis von 1,57 VK berechnet wurde. Vor dem Hintergrund, dass im Pflegestellenwesen zahlreiche hoheitliche Aufgaben anfallen, welche nicht zu übertragen sind und damit beim Jugendamt verbleiben müssen (Amtshilfeersuchen Dritter, Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren, Hilfeplanung, Überwachung des freien Trägers, Garantenstellung, Krisenintervention, Einschreiten bei Kindeswohlgefährdung u.a.m.), sind die geplanten Einsparungen an Stellenbedarfen nicht, wie zum damaligen Zeitpunkt berechnet, eingetreten. Zudem hat die Phase der Fallübergabe an den freien Träger im 4. Quartal 2012 sowie im 1. Quartal 2013 erhebliche Zeit- und Kraftressourcen der MitarbeiterInnen im Adoptions- und Pflegekinderdienst in Anspruch genommen. Auch weiterhin müssen erhebliche Kooperationszeiten zwischen Pflegekinderdienst und freiem Träger zugrunde gelegt werden.
Auch im Adoptionsbereich sind seit der Organisations-Untersuchung aus 2009 zunehmend Entwicklungen zu verzeichnen, die einen Personalmehrbedarf rechtfertigen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass der Kreis Segeberg die Standards an eine Adoptionsvermittlungsstelle nicht erfüllt, d.h. vor dem Hintergrund mangelnder personeller Ressourcen wird der gesamte Adoptionsbereich von lediglich zwei Mitarbeiterinnen, welche bereits mit den Aufgaben aus dem Pflegestellenwesen ausgelastet sind, „nebenbei“ bearbeitet, was ein verantwortliches Bedienen des Arbeitsfeldes de facto unmöglich macht. Insofern verletzt der Kreis Segeberg § 3 Abs. 2 Satz 1 AdVermiG.
Erschwerend hinzu kommt eine deutliche Steigerung des Arbeitsanfalles in folgenden Aufgabengebieten:
- Zunahme von Anträgen auf Anerkennung als Adoptivbewerber aufgrund der zunehmenden psychogen bedingten Kinderlosigkeit.
- Einbindung in Auslandsadoptionsverfahren nach dem Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit mit Auslandsvermittlungsstellen auf dem Gebiet der internationalen Adoption, insbesondere in der Erstellung der Sozialberichte über Bewerber, der Nachberichterstattung an die Auslandsvermittlungsstellen, welche häufig über viele Jahre hinweg eingefordert werden, sowie der Stellungnahmen bei der Umwandlung der ausländischen Adoption gemäß § 3 AdWirkG.
- Der Zuwachs der Stiefkindadoptionen durch gesellschaftliche Tendenz zu Patchworkfamilien verbunden mit veränderten qualitativ höheren Anforderungen an die fachliche Äußerung gemäß § 189 FamFG erfordern einen höheren zeitlichen Aufwand in der Bearbeitung bei eng gesetzten Fristen seitens der Gerichte im Zuge der Einführung des FamFGs.
- Zunahme von hochstrittigen rechtlichen Auseinandersetzungen im Verfahren bei Stiefkindadoptionen.
- Durch die inzwischen überwiegend praktizierte halboffene oder offene Adoption erhöht sich der Zeitaufwand der Fachkräfte im Vergleich zur damals üblichen Inkognitoadoption für die Ausgestaltung signifikant. In diesen Fällen kommt hinzu, dass Fachkräfte über viele Jahre hinweg zuständig sind für die Weitergabe von Berichten und Fotos über das Adoptivkind an die leiblichen Eltern in Verbindung mit vermittelnden Gesprächen zwischen der abgebenden und annehmenden Seite.
- Steigerung der Nachfragen von Adoptierten, leiblichen Eltern oder Adoptiveltern nach Auflösung des Inkognitos, welche seitens der Adoptionsvermittlungsstelle unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes aller Beteiligten durchgeführt wird.
- Signifikant höhere Qualitätsanforderungen an die Pflegekinderdienste seitens Gesellschaft und Politik (u.a. zusammenhängend mit dem Fall „Chantal“ aus Hamburg) hinsichtlich der Überprüfung von Bewerbern, der Vermittlung von Pflegekindern , der Betreuung von Pflegefamilien, der Regelung von Umgangskontakten zwischen Pflegekindern und deren Herkunftsfamilien sowie dem Erfordernis, für Pflegekinder vermehrt ergänzende Hilfen zur Bewältigung ihrer oft schwierigen Lebenslagen einzuleiten.
Im Adoptions- und Pflegekinderdienst des Kreises Segeberg sind derzeit 5,5 Vollzeitkräfte beschäftigt, wobei ein langjähriger Mitarbeiter Mitte Dezember 2013 in den Ruhestand eintritt und drei Fachkräfte erst kurze Zeit im Pflegekinderdienst tätig sind (seit 01.02.13, 01.03.13, 16.09.13). Zudem ist aktuell eine halbe Stelle vakant, an einer Wiederbesetzung wird gearbeitet.
Den gesamten Adoptionsbereich des Kreises Segeberg können momentan nur zwei langjährig erfahrene Fachkräfte -neben ihrer Arbeit im Pflegekinderwesen und gleichzeitig zum Einarbeitungsaufwand für die neuen Fachkräfte- „nebenbei“ mit abdecken. Die Folge ist, dass Adoptionsbewerber regelmäßig abgewiesen werden müssen, was wiederum vermehrt zu Beschwerden führt, welche aufwändig zu beantworten sind. Beide Fachkräfte haben inzwischen Überstunden von jeweils rund 100 Stunden angehäuft.
Eine Vollzeitkraft im Pflegekinderdienst Segeberg hat im Schnitt rund 50 Pflegekinder zu betreuen, was jedoch nur einen Teil des Aufgabengebietes ausmacht. Wie zuvor erwähnt kommt neben diversen weiteren Aufgaben der gesamte, sehr aufwändige Adoptionsbereich noch hinzu.
Auch im Rahmen der Sozialraumorientierung ist der Kreis Segeberg gehalten, die personelle Situation im Adoptions- und Pflegekinderdienst zu verbessern, da aufgrund des Mangels an zeitlicher Ressource eine Pflegestellenakquise, wie sie beispielsweise im Kreis Dithmarschen stattfindet, nicht erfolgen kann, was zur Folge hat, dass teilweise Kleinstkinder in weit entfernten stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht werden müssen, da vor Ort keine Pflegestellen existieren. Diese Vorgehensweise ist sowohl aus fachlicher als auch aus finanzieller Sicht nicht tragbar.
Im noch nicht veröffentlichten aktuellen Benchmarking-Bericht der Kreisjugendämter Schleswig-Holsteins wird für den Kreis Segeberg der landesweit niedrigste Anteil von Hilfen in Pflegefamilien gemäß § 33 SGB VIII an allen stationären Hilfen zu Erziehung ausgewiesen (26,7 % bei einem landesweiten Schnitt von 44,9 %). Gemessen an den ansonsten guten bis durchschnittlichen Positionen des Kreisjugendamtes Segeberg im Benchmarking ist der Befund erlaubt, dass es sich beim Pflegekinderwesen um eine verbesserungsbedürftige Schwachstelle des Fachamtes handelt. Auch vor diesem Hintergrund erscheint die Notwendigkeit einer personellen Aufstockung des Adoptions- und Pflegekinderdienstes im Kreis Segeberg unabweisbar.
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