Bericht der Verwaltung - DrS/2024/130
Grunddaten
- Betreff:
-
Ergebnisse aus Jugend im Kreistag vom November 2023 / AG 6: Situation von Jugendlichen: Was gibt es – Was braucht es – Gleiche Chancen für alle;
hier: Antrag „Einrichtung eines Freizeitnetzwerkes im Kreis Segeberg“
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Bericht der Verwaltung
- Federführend:
- FB Jugend und Bildung
- Bearbeitung:
- Barbara Lüneburg-Prieß
- Beteiligt:
- Finanzen und Finanzcontrolling; Kita, Jugend, Schule, Kultur
- Verfasser 1:
- Lüneburg-Prieß, Barbara
- Ziele:
- 3. Ziel 3 - gesundes und soziales Aufwachsen; 5. Ziel 5 - Zusammenleben aller Menschen; 6. Ziel 6 - inklusive Bildungschancen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport
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Kenntnisnahme
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10.09.2024
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Geplant
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Hauptausschuss
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Kenntnisnahme
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08.10.2024
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Sachverhalt
Zusammenfassung:
Der Antrag wurde im Rahmen von Jugend im Kreistag 2023 erarbeitet und beschlossen. Er umfasst die Erstellung einer App mit Chat-Funktion; zusätzlich soll eine sozialpädagogische Koordinierungsfachkraft eingestellt werden, die die App aktuell hält und die Information über jugendspezifische Angebote gleichmäßig verteilt über das Kreisgebiet sichert. Dafür sollen auch Sach- und Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.
Die in diesem Zusammenhang der Koordinierungskraft zugeordneten Aufgaben entsprechen zu großen Teilen denen einer / eines (Kreis-)Jugendpflegerin/s.
Sachverhalt:
Ausgangssituation:
Von einer Diskussion in der AG 6 JiKT über sehr unterschiedliche, stark vom Wohnort abhängige Mobilitätsbedingungen der Jugendlichen ausgehend, stellten diese fest, dass die Chancen auf Teilhabe an Sport, Kultur, Freizeit und außerschulischer Bildung für Jugendliche im Kreis Segeberg sehr ungleich seien.
- Chancen auf soziale Teilhabe und Entwicklung von Jugendlichen im Kreis Segeberg - Mobilität
Die Jugendlichen konstatierten, dass es für ‚Fahrschüler vom Dorf‘ teils schwer bis unmöglich sei, sich am Nachmittag und erst recht bei schlechter Witterung oder gen Abend mit Schulfreunden aus anderen Orten zu treffen, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Selbst wenn die Dörfer nahe beieinanderlägen, scheitere dies oft an (nicht-vorhandenen oder unpassenden) ÖPNV-Verbindungen, auch wegen fehlender guter Radwege. Viele Jugendliche seien abhängig von den Möglichkeiten bzw. dem Willen zum Auffangen im Elternhaus (z.B. Möglichkeit für Fahrdienste am Nachmittag, familieninterne Werte und Priorisierungen der Eltern).
Das bei Jugendlichen wachsende Entwicklungsbedürfnis nach Unabhängigkeit und Eigenständigkeit sei so erschwert umsetzbar.
- Jugendbezogene / -spezifische Freizeitangebote
Die Jugendlichen beschreiben das Freizeitangebot in vielen Dörfern als recht eingeschränkt und vielerorts bestehend aus Angeboten von Kirche, Feuerwehr und Sportvereinen mit festen wöchentlichen Terminen. Dies treffe nicht die Wünsche, Neigungen und Interessen aller Jugendlichen. Ein Ausweichen auf umliegende Angebote sei u.a. aus obigen Gründen vielfach nicht möglich.
Unverbindliche Spontaneität und das Zusammensein in Cliquen sind jugendtypisch. Es sei von Jugendlichen nicht gewünscht, sich immer festen Gruppen anzuschließen. Sie würden sich vielfach lieber weniger verpflichten (im Verein) und spontan bzw. unverbindlicher agieren. Es fehle aber insbesondere an vereins- und institutionsungebundenen Angeboten.
An einigen Orten im Kreisgebiet gebe es Jugendzentren, die aber kein für alle Jugendlichen geeignetes Angebot vorhielten.
Diese Situation führe oft zur Nutzung von Online-Spielen oder anderen Aktivitäten im Internet. Auf diese Weise sei auch eine gemeinsame Freizeitgestaltung über Distanzen hinweg realisierbar.
Es werde pädagogisch gefordert, weniger Soziale Medien zu nutzen. Jugendliche würden auch gern direkt sozial interagieren, bräuchten aber geeignete Möglichkeiten.
- Unterschiedliche Freizeitbedingungen im Flächenkreis
Die Jugendlichen stellen fest, dass die Infrastruktur im Ostbereich des Kreises besonders für Jugendliche ungenügend sei. Hier müssten ggf. jugendbezogene Angebote oder Vernetzungen geschaffen werden.
Für Jugendliche in den Städten bzw. im Westkreis, direkt an der AKN-Linie, sei die Situation besser. Hier könnten viele Jugendliche auch auf Angebote außerhalb des Kreises ausweichen. Eine Ungleichheit sei aber auch dort gegeben.
- Bekanntheit von Angeboten kreisweit / jugendspezifische Öffentlichkeitsarbeit
Die Jugendlichen merken an, dass Angebote für Heranwachsende oft nicht über die Dorfgrenzen hinweg bekannt seien und ‚Werbung‘ vielfach nur über Aushänge am Ort gemacht werde.
Andere Informationsquellen im Kreis seien i.d.R. auf Erwachsene zugeschnitten, nicht auf den bei Jugendlichen üblichen Soziale-Mediengebrauch. Anders als Erwachsene würden sich Jugendliche nicht über Suchfunktionen im Internet informieren, sondern über soziale Netzwerke, spezifische Apps und entsprechende Nachrichtenfunktionen.
- Bedarf für eine App
Im Zuge der Antragsbefassung und Vorstellung im Gesamt-Plenum vertraten die Jugendlichen mehrheitlich die Auffassung, dass ein Bedarf für die vorgeschlagene App bestehe.
Mit dieser ließe sich eine bessere Informationslage über Angebote herstellen – auch für neu hinzuziehende Jugendliche. Auch wäre es Veranstaltungsanbietern möglich, die Zielgruppe Jugendliche und junge Heranwachsende direkt und unkompliziert zu erreichen.
Schnell würde so offenbar, wo es Angebote gäbe und wo es an solchen mangele. Z.B. Filmvorführungen gebe es im Kreis kaum (nur ein Kino), selten Musikveranstaltungen oder öffentliche Partys mit der Zielgruppe Jugendliche, Literaturveranstaltungen (z.B. Lesenächte oder Lesezirkel) eigentlich nicht.
Die begleitende Diskussion war nicht geprägt vom ‚Ob?‘, sondern vom ‚Wie?‘.
- Anforderungen an eine App
Besonders wichtig war den Jugendlichen die Einrichtung einer Chatfunktion, mittels derer z.B. Fahrgemeinschaften organisierbar wären. Diese könnte unmittelbar eine höhere Eigenständigkeit bei der Freizeitgestaltung mit sich bringen. Auch könnten sich Interessengruppen so zusammenfinden.
Diskutiert wurde auch ein großes Bedürfnis nach Sicherheit: „Wie kann erreicht werden, dass die App mit ihren Funktionen nicht missbräuchlich genutzt wird?“. „Wie ist sichergestellt, dass angebotene Fahrgemeinschaften sicher sind?“
- Beratungs- und Anlaufstellen für Jugendliche
Jugendliche machen darauf aufmerksam, dass ein großes Informationsbedürfnis nach und auch Bedarf an jugendspezifischen Beratungs- und Anlaufstellen im Kreisgebiet zur individuellen Beratung und Unterstützung bestünde. Die App sollte auch diese Angebote für Jugendliche umfassen.
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Strukturelle Rahmenbedingungen
- Planung / Koordinierung von Angeboten für Jugendliche
Angebote für Jugendliche und junge Menschen zur Freizeitgestaltung werden im Kreis Segeberg i.d.R. ortsbezogen in den einzelnen Städten, Ämtern und Gemeinden von den dortigen Vereinen und Institutionen geplant bzw. angeboten und auch beworben oder werden im freien Markt (z.B. Kino) angeboten.
Bereits in der JiKT-Sitzung stellte sich heraus, dass die Liste der Jugendzentren (JUZ), die die Jugendlichen dem Antrag beigefügt haben, nicht stimmt. Es sind tatsächlich wohl weniger JUZn aktiv. Aktuelle, zuverlässige Daten liegen dazu in der Kreisverwaltung nicht vor, ebenso wenig zu den Angeboten zur Nutzer*innenstruktur oder Auslastung der JUZn.
- Zielgruppenspezifische übergeordnete Planung / Koordinierung von Angeboten auf Kreisebene
Durch den FB V werden präventive Angebote koordiniert und auch gefördert, die sich an Familien mit Kindern von 0-3 Jahren (Frühe Hilfen) bzw. bis in das Grundschulalter (Familienzentren) richten. Weiter werden –auch präventive- Angebote geplant und vorgehalten für Eltern mit Erziehungshilfebedarf bzw. im Bereich des erzieherischen Jugendschutzes.
Zudem erfolgen neben der Jugendhilfeplanung die Kita-Bedarfsplanung und Schulbedarfsplanung.
Fachbereich III leistet Planungen z.B. im Bereich Gesundheit, Flucht- und Migration, Pflege, soziale Unterstützung u.a.
Eine speziell auf die Zielgruppe ‚Jugendliche bzw. junge Menschen‘ bezogene übergeordnete Planung oder Koordinierung von Angeboten erfolgt nicht, obwohl der Gesetzgeber dies ausdrücklich vorgibt.
Die Jugendlichen stellen hier einen (ungedeckten) Bedarf für ihre Altersgruppe fest.
- Zielgruppenspezifische Beratung für Jugendliche
Die Beratungsträger „Erziehungsberatung“ im Kreisgebiet haben auch angesichts einer Corona-nachfolgend festgestellten gesteigerten Bedarfslage an Jugendberatung damit begonnen, entsprechende spezielle Angebotsformen zu entwickeln. Auch z.B. Angebote der Suchthilfe könnten Jugendliche unmittelbar nutzen.
Die Beratungsstellen mit ihren Angeboten scheinen bei der Zielgruppe ‚Jugendliche‘ allerdings unzureichend bekannt. Eine konkrete Datenlage dazu liegt nicht vor.
- Feedback des Kreisjugendamtes
Die Verwaltung des Jugendamtes sieht -- neben dem grundsätzlich unbedingten Erfordernis nach mehr Jugendbeteiligung in allen diese Zielgruppe betreffenden Themenfeldern -- ausdrücklich auch den Bedarf einer auf Jugendliche besser zugeschnittenen Informationsübermittlung zu jugendspezifischen Angeboten.
Im Rahmen der aktuell durch das Jugendamt / AG 78 (stationäre und ambulante Hilfen) betriebenen Weiterentwicklung der Sozialraumorientierung erstellt die JHP Landkarten zu Angeboten und Trägerstrukturen für ambulante und stationäre Leistungen.
Es wäre möglich, eine entsprechende Karte auch für Träger mit Angeboten, die sich an Jugendliche richten, zu erstellen, die über die Kreis-Internetseite einsehbar wäre. Dieses wäre jedoch kein Abbild aller jeweils aktuellen Angebote, insbesondere bei einmaligen oder projektbezogenen Aktionen und würde gegenwärtig Jugendliche auch nicht in geeigneter Weise erreichen. Die gewünschte APP wäre deutlich zielgruppenspezifischer. Jugendliche könnten zudem an der Entwicklung beteiligt werden.
Ebenso wird das Erfordernis nach jugendspezifischer Angebotskoordinierung auf Kreisebene (in Analogie zu den Frühen Hilfen / Familienzentren) gesehen. Es bedarf offenkundig einer sozialpädagogisch orientierten Kreis-Jugendpflege, die (neben der Jugendhilfeplanung und ggf. Koordinierungsstelle) Nachfragen ortsnah ermittelt und ggf. kurzfristige und/oder situations- bzw. interessenbezogene oder Kommunen-übergreifende Angebote schafft.
Bisher wurde die Einwerbung von Stellenanteilen auf Kreisebene für Jugendpflege zugunsten andere Bedarfe zurückgestellt. Dieses ist nun angesichts des Antrages der Jugendlichen und dem gesetzlichen geschuldeten Beteiligen von Zielgruppen nach SGB VIII zu überdenken.
Die Funktion der Kreisjugendpflege, deren Aufgabenspektrum ein Anteil der von den Jugendlichen eingeforderten Leistungen zugeordnet werden könnte, ist im Kreis Segeberg nicht ausgefüllt. Diese Funktion wird aktuell nur verwaltend wahrgenommen, nicht aber gestaltend / koordinierend.
Der VJKA ist nur mit möglichen Teilaufgaben von Jugendpflege betraut.
Es erscheint daher angeraten, die übergeordnete Planung und Koordinierung von entwicklungsförderlichen und präventiven Angeboten für Jugendliche bei der Kreisverwaltung vorzunehmen und gemeinsam mit anderen Planungs- und Koordinierungsangeboten die infrastrukturelle Versorgung mit möglichst passgenauen Angeboten auch an dieser Stelle zu sichern.
- Kostenermittlung
- Jugendfreizeitnetzwerk-App
Sollte der Kreistag dem Antragsteil der Jugendlichen bzgl. der Einrichtung einer Jugendfreizeitnetzwerk-App folgen, wären die Kosten, die für die Entwicklung der Software für eine Jugendfreizeitnetzwerk-App entstehen würden, zu konkretisieren bzw. zu prüfen (IUK), ob die von den Jugendlichen veranschlagten Kosten zutreffend sind und/oder ob geeignete Software eingekauft und ggf. günstiger weiterentwickelt werden könnte.
Ebenfalls wäre eine konkretisierende Personalkostenermittlung erforderlich - auch zur weiteren Pflege der App.
Es wäre ggf. zu prüfen, ob es inhaltlich sinnvoll sein könnte, im VJKA die Pflege einer App, wie sie von den Jugendlichen gewünscht wird, zu verorten und welche Mehraufwände ggf. entstehen würden.
- Sozialpädagogische Koordinierung und Sachmittelausstattung
Sollte der Kreistag dem Antragsteil der Jugendlichen nach einer sozialpädagogischen Fachkraft mit Aufgaben der Koordinierung von Angeboten für Jugendliche und Schließen von Angebotslücken (auch Kreisjugendpflege) folgen und hier ebenfalls einen Bedarf sehen, wäre zu konkretisieren, wie diese Stelle sinnvollerweise ausgestaltet und verortet werden sollte bzw. mit welchen Stellenanteilen die unterschiedlichen Arbeitsanteile ausgestattet sein müssten. Zusätzlich wäre eine Abgrenzung zum Aufgabenfeld des VJKA vorzunehmen.
Eine zusätzliche Ausstattung mit Sachmitteln scheint geboten, wäre aber erst bei weiterer Konkretisierung der Aufgabenbeschreibung, -zuordnung und -verortung zu beziffern.
Inwieweit eine Realisierung der dargestellten Leitungen erfolgen könnte, steht unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklungen der Konsolidierung des Kreishaushaltes und kann insoweit nicht vor Abschluss der Haushaltsberatungen für den Kreishaushalt 2025 entschieden werden.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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