23.11.2017 - 3.2 Ermittlung von Angemessenheitsgrenzen bei den K...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 3.2
- Gremium:
- Sozialausschuss
- Datum:
- Do., 23.11.2017
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 18:00
- Anlass:
- Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Drucksache
- Federführend:
- Grundsatz- und Koordinierungsangelegenheiten Soziales und Integration
- Bearbeitung:
- Beate Zierke
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Wortprotokoll
Herr Beeth gibt den Vorsitz an Herrn Pohlmann ab.
Herr Giesecke führt in das Thema ein und verweist insbesondere auf seine an die Mitglieder des Sozialausschusses am 22.11.2017 versandte E-Mail, in der teilweise höhere Angemessenheitsgrenzen vorgeschlagen werden als die in der Vorlage genannten Werte. Grund dafür ist die Tatsache, dass eine gesonderte Überprüfung der von einem Wohnungsunternehmen für die Stadt Wahlstedt zur Verfügung gestellten Daten zum Ergebnis hatte, dass die den Daten zugrunde liegenden Wohnungen alle in einer Straße liegen. Da es aber nicht Sinn von Angemessenheitsgrenzen sei, dass alle Bezieher/-innen von Transferleistungen, deren Unterkunftskosten unangemessen sind, in die gleiche Straße oder den gleichen Wohnblock ziehen und zudem nach der Rechtsprechung des BSG bei der Ermittlung von Angemessenheitsgrenzen im Rahmen eines „Schlüssigen Konzeptes“ eine Ghettobildung verhindert werden soll, wurde eine Neuberechnung der Angemessenheitsgrenzen ohne die Daten der Wohnungsunternehmen vorgenommen. Damit das Konzept insgesamt „schlüssig“ bleibt, musste allerdings in allen Vergleichsräumen entsprechend verfahren werden.
Auf Nachfrage weist Herr Giesecke darauf hin, dass es sich bei den Angemessenheitsgrenzen um eine „Nichtprüfungsgrenze“ handelt. D. h. lediglich bei Wohnungen, die höhere Kosten aufweisen als die Angemessenheitsgrenze, erfolgt eine Einzelfallprüfung, ob dennoch die Kosten übernommen werden können. Möchte eine leistungsberechtigte Person eine Wohnung anmieten, die günstiger, aber ggf. sehr klein ist oder schlechter ausgestattet ist, ist dies allein seine Entscheidung. Eine Begrenzung der Kosten erfolgt in diesem Fall nicht, deswegen braucht auch keine untere Grenze des unteren Wohnungsmarktes definiert zu werden.
Ferner weist er darauf hin, dass es im Rahmen eines „Schlüssigen Konzeptes“ lediglich erforderlich ist, dass im gewählten Vergleichsraum Wohnungen zu den angemessenen Kosten verfügbar sind (abstrakte Verfügbarkeit). Erst im Rahmen einer Einzelfallprüfung muss nachgewiesen werden, dass im sozialen Umfeld der leistungsberechtigten Person angemessene Wohnungen vorhanden sind (konkrete Verfügbarkeit).
Herr Weihe weist darauf hin, dass es sich bei den Angemessenheitsgrenzen um eine Nichtprüfungsgrenze handelt und immer dann, wenn Unterkunftskosten über die Grenzen hinausgehen, auch weiterhin eine Einzelfallprüfung erforderlich ist.
Herr Beeth regt an, dass der Verwaltung bei Fortschreibung der Werte nicht nur im Sozialausschuss berichtet, sondern diesen beteiligt.
Beschlussvorschlag:
- Die Angemessenheitsgrenzen nach § 22 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bzw. § 35 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) werden ab dem 01.12.2017 wie folgt festgelegt:
Gebiet | eine Person | zwei Personen | drei Personen | vier Personen | fünf Personen |
I - Norderstedt | 530,00 | 600,00 | 710,00 | 820,00 | 920,00 |
II - Süd (Gemeinden Ellerau, Henstedt-Ulzburg, Alveslohe) | 470,00 | 560,00 | 660,00 | 720,00 | 810,00 |
III - West (Ämter Kisdorf, Itzstedt, Kaltenkirchen-Land [ohne Alveslohe], Bad Bramstedt-Land, Stadt Bad Bramstedt) | 410,00 | 460,00 | 560,00 | 610,00 | 690,00 |
IV - Ost (Ämter Trave-Land, Boostedt-Rickling, Leezen, Bornhöved, Stadt Wahlstedt | 380,00 | 430,00 | 490,00 | 560,00 | 610,00 |
V – Bad Segeberg | 410,00 | 480,00 | 560,00 | 660,00 | 710,00 |
VI - Kaltenkirchen | 430,00 | 520,00 | 600,00 | 690,00 | 760,00 |
- Bestandsschutz:
Sofern bisher im Einzelfall bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII höhere Unterkunftskosten berücksichtigt wurden, werden auch weiterhin diese Aufwendungen zugrunde gelegt, sofern in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person keine Änderung eintritt und eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:
a) bei Neuanmietungen während des Bezuges von Leistungen:
die Wohnung wurde mit Zustimmung des Jobcenters/ des Sozialamtes angemietet.
b) bei Wohnungen, die bereits beim erstmaligen Bezug von Leistungen genutzt wurden:
die Berücksichtigung der höheren Unterkunftskosten erfolgte nicht lediglich aufgrund
der Feststellung, dass kein angemessener Wohnraum verfügbar war.
- Die Verwaltung wird gebeten, die Angemessenheitsgrenzen zum 01.01.2020 – ggf. mit Unterstützung eines Dienstleisters – fortzuschreiben. Der Sozialausschuss ist zu beteiligen.
Abstimmungsergebnis:
mehrheitlich
Zustimmung: 11Ablehnung: Enthaltung: 1
Herr Giesecke berichtet abschließend, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 10.10.2017 (Az. 1 BvR 617/14) ausgeführt hat, dass keine Bedenken dagegen bestehen, dass § 22 Abs. 1 SGB II, wonach lediglich die „angemessenen“ Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden können, verfassungsgemäß ist. Die Entscheidung wird dem Protokoll beigefügt.
Herr Beeth übernimmt wieder den Vorsitz.