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ALLRIS - Auszug

19.02.2015 - 3.5 Antrag Fraktion Neue Liberale/Piraten: Ergänzun...

Beschluss:
geändert beschlossen
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Wortprotokoll

Der Vorsitzende erläutert, dass sich die politischen Gremien sowie die Verwaltung bereits in 2013 auf Antrag der Piratenfraktion mit dem Thema „Übertragung der Kreistagssitzungen“ ohne Ergebnis befasst hatten. Seinerzeit gestaltete sich die Umsetzung eines solchen Vorhabens jedoch bereits aus rechtlichen Gründen schwieriger, da noch eine andere Rechts-/Gesetzeslage galt. Auf Grund von zwischenzeitlich in 2014 erfolgten Gesetzesänderungen in der Gemeinde- und Kreisordnung werde die Umsetzung nun erleichtert und liegt letztlich in der Selbstorganisation des Kreistages, der über Medienöffentlichkeit und Mediennutzung grundsätzlich durch eine Regelung in der Hauptsatzung selbstständig darüber entscheiden könne.

 

Herr Köppen begründet den Antrag seiner Fraktion. Angesichts der Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie und eines entsteht zunehmend auch auf Kreisebene gegenüber den Kreistagen eine gewisse Erwartungshaltung, mit der Zeit zu gehen und sich neuer Medien zu bedienen. Es ist –gekoppelt mit den heute zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten- ein zunehmendes Bedürfnis der Öffentlichkeit zu erkennen, unmittelbar mitzuwirken, teilzuhaben und möglichst schrankenlos teilzunehmen und dabei die grundsätzliche Transparenz und Offenheit im Informationszugang vorauszusetzen. Das bisherige Öffentlichkeitsverständnis, den Einwohnern/innen lediglich die Möglichkeit des freien Zutritts zum Verhandlungsraum vor Ort unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Platzes einzuräumen, sei allein nicht mehr zeitgemäß. Auch der Kreis müsse ein gesteigertes Interesse daran haben, der Politikverdrossenheit entgegenzuwirken und Menschen auch zum Mitmachen zu animieren. Menschen, denen die Teilnahme an öffentlichen Sitzungen des Kreistages ganz oder teilweise nicht möglich sei, könnten mit einer Übertragung in Bild und Ton die Möglichkeit eingeräumt werden, sich zu informieren, ohne unter Umständen lange und ggfs. im Einzelfall unnötige Fahrwege in Kauf zu nehmen. Dies könnte ein Beitrag für mehr Bürgernähe, Transparenz, Steigerung des Interesses an der Selbstverwaltung und Aktivierung der Öffentlichkeit für die kreispolitische Arbeit sein. Neben Privatpersonen dürften aber gleichermaßen auch Medienvertreter ein Interesse haben, von erleichterten Zugangsmöglichkeiten zu Informationsquellen zu partizipieren. Der Neue Liberale/Piratenfraktion geht es mit dem jetzt erneut eingebrachten Antrag darum, entsprechende Prüfaufträge an die Verwaltung zu richten, um dann auf dieser Grundlage darüber zu diskutieren und abschließend politisch für den Kreistag des Kreises Segeberg zu entscheiden. Auf Nachfrage bestätigt Herr Köppen, dass sich der Antrag zunächst nur auf die Kreistagssitzungen (und nicht auf die Fachausschusssitzungen) beziehen soll.

 

Herr Kuhlbrodt (Datenschutzbeauftragter) erläutert die rechtlichen und technischen Aspekte. Bis zur Änderung der kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften in 2014 waren Tonband- und/oder Filmaufnahmen in den öffentlichen Sitzungen generell nicht zulässig, sondern sie waren nach der Rechtsprechung von der Einwilligung jede/s einzelnen Mandatsträgers/in abhängig. Begründet wurde dies damit, dass kommunale Mandatsträger/innen anders als Bundes- oder Landtagsabgeordnete keine berufsmäßigen Parlamentarier sind (sondern ehrenamtlich Tätige im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung). Der geordnete kommunale Sitzungsbetrieb könnte beeinträchtigt sein, wenn sich einzelne ehrenamtliche Mandatsträger/innen durch Tonband- und/oder Filmaufnahmen psychologisch gehemmt fühlen. Denn es sei nicht auszuschließen, dass weniger redegewandte Mandatsträger/innen in dem Bewusstsein eines Ton- und Filmmitschnitts ihre Spontaneität verlieren, ihre Meinung nicht mehr geradeheraus vertreten oder schweigen, da jede Nuance ihrer Redebeiträge einschließlich rhetorischer Fehlleistungen oder sprachlicher Unzulänglichkeiten oder Gemütsbewegungen öffentlich und ggfs. dauerhaft aufgezeichnet werden. Problematisch an solchen Aufnahmen sei der Aspekt, dass diese immer wieder abgespielt werden können. Eine Reproduzierbarkeit der Aufzeichnungen sei möglich. Unbedarfte Äußerungen während der Beschlussfassung können somit, einmal öffentlich zugänglich gemacht, immer wieder abgespielt werden. Dies könne im Einzelfall zu Recht als störend empfunden, soll doch eine Beschlussfassung möglich sein, ohne dass jederzeit darüber nachgedacht werden müsse, ob diese oder jene Äußerung in der jeweiligen Situation gerade besonders passend ist. Eine Aufnahme führe schließlich dazu, dass jede Äußerung dem Beteiligten immer wieder vorgehalten werden könne.

Die neue, in die Gemeinde- und Kreisordnung aufgenommene Bestimmung lege nun in Umkehr der bis dahin gelten Regelung im Sinne einer gesetzlichen Ermächtigung rahmenartig fest, dass die Hauptsatzung bestimmen könne, dass in öffentlichen Sitzungen Film- und Tonaufnahmen mit dem Ziel der Veröffentlichung grundsätzlich zulässig seien (sog. genereller Erlaubnisvorbehalt mit Widerspruchsmöglichkeit). Den Kreistagen in ihrer Gesamtheit werde nun vor Ort in eigener Verantwortung das Bestimmungsrecht zuerkannt, ob bzw. inwieweit sie Film- und Tonaufnahmen gestatten. Es werde also den Mandatsträgern/innen vor Ort überlassen, die Hauptsatzung entsprechend anzupassen, wenn sie die Aufzeichnungen und/oder Internetübertragung wollen. Entsprechendes gelte dann auch hinsichtlich der weiteren Einzelheiten (technische Umsetzung, Archivierung, etc.).

Die pauschale Zulassung ohne Ausnahmen wäre jedoch nicht zulässig, da Einzelfälle auftreten können und auch zu schützende Persönlichkeitsrechte Einzelner in eine Hauptsatzungsregelung aufzunehmen wären. Auch nach der neuen Rechts-/Gesetzeslage sei jede/r Mandatsträger/in aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes berechtigt, entsprechenden Aufnahmen schriftlich zu widersprechen.

Rein technisch (Einbau einer oder mehrerer fester Kameras in Richtung Pult oder Plenum; Installation von roten Lampen und Bedienungsvorrichtungen, etc.) wäre die Umsetzung im Grunde kein Problem. Hier seien mehrere Varianten mit unterschiedlich zu veranschlagenden Kosten denkbar. Dies seien dann eher Kostenfragen und Fragen des Handlings. Audioprotokolle von Sitzungen könnten bereits jetzt technisch ohne Zusatzkosten durch Mitschnitt angefertigt werden.

 

Herr Dieck weist darauf hin, dass es bei der Betrachtung zwei Dimensionen zu unterscheiden gebe, zum einen die Frage nach dem grundsätzlichen Ermöglichen und zum anderen die konkreten technischen und sonstigen Umsetzungsparameter (inklusive Kostenbetrachtung). Herr Dieck spricht sich dafür aus, die Ton- und Bildübertragungen sowie Ton- und Bildaufzeichnungen öffentlicher Sitzungen des Kreistages durch Hauptsatzungsregelung für zulässig zu erklären und die weiteren Voraussetzungen im Detail durch die Verwaltung als Prüfaufträge für eine erneute politische Befassung vorbereiten zu lassen. Man könne sich auch als ehrenamtlich tätiger Kreispolitiker dem gesellschaftspolitischen Wandel und dem Zeitgeist angesichts der technischen Möglichkeiten und Erwartungshaltungen der Öffentlichkeit nicht wirklich entziehen. Der individuelle Persönlichkeitsschutz könne dabei zudem auch gewährleistet werden.

 

Frau Lessing entgegnet, dass in ihrer Fraktion nach interner Beratung erhebliche Bedenken bestehen, dem Vorhaben zuzustimmen. Zu den grundlegenden Voraussetzungen eines geordneten Sitzungsbetriebes gehört es, eine möglichst freie Sitzungsatmosphäre zu schaffen. Die bereits genannten Argumente, dass sich ehrenamtlich tätige Mandatsträger/innen auf Grund von ggfs. fehlender Redegewandtheit in dem Bewusstsein eines Ton- und Filmmitschnitts psychologisch gehemmt fühlen, nicht mehr spontan ihre Meinung vertreten mögen oder schweigen, seien als gewichtige Gegenargumente zu berücksichtigen. Sofern aus der Fraktion oder aus dem Kreistag insgesamt zu viele Mandatsträger/innen von der schriftlichen Widerspruchsmöglichkeit Gebrauch machen sollten, wäre zudem eine Zerstückelung der Übertragungen/ Aufzeichnungen die Folge und damit der Zusammenhang der Sitzungen zumindest teilweise unterbrochen. Die SPD-Fraktion werde den Anträgen nicht zustimmen.

 

Auf Nachfrage von Herrn Dr. Krauß nach dem konkreten Bedarf für diese Übertragungen und Aufzeichnungen wirft Herr Köppen ein, dass die kreisfreien Städte Kiel und Lübeck als Kommunen bereits in der Praxis von der Möglichkeit der Übertragung und Aufzeichnung Gebrauch machen. Dort könnten die konkreten Zugriffszahlen eruiert werden. Er gehe aber davon aus, dass angesichts der häufig leeren Sitzreihen im Zuschauerbereich des KT-Saales hier jeder zusätzliche Abruf via Internet ein Gewinn wäre.

 

Herr Schnabel spricht sich wie die CDU-Fraktion für eine grundsätzliche Ermöglichung des Vorhabens aus. Dem Zeitgeist könne man sich nicht widersetzen. Zudem habe der Landesgesetzgeber mit seiner neuen Regelung auch eine tendenzielle Entscheidung in Richtung Medienöffentlichkeit und Mediennutzung getroffen. Die Frage der Zerstückelung von Kreistagssitzungen durch ggfs. länger unterbrochene Abschnitte wäre jedoch zu bedenken. Die Verwaltung solle nun zunächst im Detail weiter prüfen und dem Hauptausschuss die Angelegenheit mit konkreten Informationen erneut vorlegen. Eine Befassung des Kreistages erfolgt dann erst zu gegebener Zeit.

 

Anschließend lässt der Vorsitzende über folgenden Beschlussantrag abstimmen:

 

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Beschlussvorschlag:

Der Hauptausschuss beschließt,

 

  1. Ton- und Bildübertragungen sowie Ton- und Bildaufzeichnungen öffentlicher Sitzungen des Kreistages sind zulässig.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt,

 

  1. die rechtlichen Voraussetzungen für die Aufzeichnung und Bereitstellung des öffentlichen Teils von Kreistagssitzungen als Audioprotokoll sowie für Übertragungen und Bereitstellung des öffentlichen Teils von Kreistagssitzungen über das Internet zu prüfen;

 

  1. die dafür nötigen technischen Voraussetzungen und finanziellen Aufwendungen zu prüfen;

 

  1. auf der Grundlage der Prüfergebnisse einen Beschlussvorschlag zur Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen zu erarbeiten und dem Hauptausschuss/Kreistag möglichst zeitnah vorzulegen.

 

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Abstimmungsergebnis:

mehrheitlich

Zustimmung: 8Ablehnung: 4Enthaltung: -