18.10.2012 - 2 Gutachterliche Berichterstattung über "Segeberg...
Grunddaten
- TOP:
- Ö 2
- Gremium:
- Jugendhilfeausschuss
- Datum:
- Do., 18.10.2012
- Status:
- gemischt (Sitzungsgeld freigegeben)
- Uhrzeit:
- 16:00
- Anlass:
- Sitzung
Wortprotokoll
Der Vorsitzende des Hauptausschusses verweist einführend auf die Historie des Falles seit den ersten Presseberichten am 13. Juni und die anschließende Diskussion in den politischen Gremien. Der Hauptausschuss habe in seiner Sitzung am 25.09.12 einstimmig den Beschluss gefasst, dass ein unabhängiger Gutachter mit der Überprüfung des Falls beauftragt werden soll. Dabei habe man sich auf Vorschlag der Verwaltung für Herrn Prof. Dr. Wolff entschieden. Anschließend erläutert Herr Prof. Dr. Wolff dem Ausschuss sein Gutachten mittels einer PowerPoint Präsentation. Diese ist dem Protokoll angefügt. Dabei weist er einführend daraufhin, dass alle Bürger das Recht darauf hätten, dass ihre Daten und ihre Lebensgeschichte nicht in der Öffentlichkeit ausgebreitet werden würden. Dies gelte auch für die in diesem Fall betroffene Familie und daher könne nicht das gesamte Gutachten öffentlich sein. Daneben erläutert er, dass das Thema Kinderschutz in den vergangenen 30 Jahren eine stetige Entwicklung durchlaufen habe und die Öffentlichkeit speziell in den letzten 15 Jahren sehr viel sensible für die Frage, ob die professionellen Hilfesysteme richtig arbeiten würden, geworden sei. Er spreche sich dafür aus, dass Thema in einem offenen und gemeinsamen Dialog zu beraten. Die in der Presse und im Fernsehen verbreitete Aufregung sei wenig hilfreich zur Aufarbeitung dieses Themas.
Anschließend geht er auf den konkreten Fall ein und führt aus, dass es sich dabei um ein sehr komplexes Geschehen handle, da viele Akteure mit unterschiedlichen Interessen an diesem beteiligt seien. Man müsse sehr viele Informationen verarbeiten, um die komplexen Zusammenhänge verstehen zu können. Bei der Untersuchung des Falls müssten die unterschiedlichen Ebenen betrachtet werden. Es dürfte nicht nur eine einzelne Ebene, wie beispielweise die Fachkräfte, herausgestellt werden. Weiterhin erläutert er den Ausschüssen die Situation im Jugendamt des Kreises. So seien die Arbeitsfülle und die Qualitätsanforderungen in der Vergangenheit stetig gestiegen, die Arbeitssituation sei aber nicht entsprechend angepasst worden. Die finanzielle Ausstattung sei trotz gestiegener Anforderungen fast unverändert geblieben.
Zur gutachterlichen Aufarbeitung des Falls habe er zunächst alle vorhandenen Daten gesichtet und Rückblickgespräche mit den beteiligten Fachkräften geführt. Mit den Eltern habe er nicht sprechen können, dafür allerdings mit den beiden ältesten Töchtern. Die Eltern der Kinder hätten deren Wohl nicht gefährden wollen, sie seien jedoch nicht in der Lage gewesen, dieses zu sichern, da diese selbst durch ihre eigene Lebensgeschichte belastet seien. In der Geschichte des Falles komme es wiederholt zu einer Ambivalenz zwischen objektivem Hilfebedarf und angstvoller Hilfeabwehr. Dies führe dazu, dass es nicht möglich sei, ein Vertrauensverhältnis mit der Familie zur Sicherung des Kindeswohls herzustellen.
Zusammenfassend führt er aus, dass die Fachkräfte die Fach- und Verfahrensstandards beachtet hätten. Es habe keine Verstöße und fachlichen Fehler gegeben. Problematisch in diesem Fall sei gewesen, dass die Familie von Anfang intensive Hilfe benötigt hätte, diese aber abgelehnt habe, bis eine Situation großer Not eingetreten sei. Sobald sich die Situation leicht verbessert habe, sei weitere Hilfe wieder abgelehnt worden. Dieses Schwanken ziehe sich durch den gesamten Fall und es sei keine Einigung zwischen den verschieden Hilfesystemen möglich gewesen. Davon sei auch das Oberlandesgericht erfasst gewesen. Anschließend gibt er den Ausschüssen einige Empfehlungen zur Optimierung der Arbeit des Jugendamtes. Diese beziehen sich insbesondere auf die Steigerung der Fachkompetenz in Hinblick auf die Betreuung von Familien, die Hilfeleistungen abwehren würden. Daneben spricht er sich zur Durchführung einer Qualitätswerkstatt aus, in welcher man den Fall aufarbeiten solle. Er bietet an, den Kreis dabei mit Hilfe von weiteren anonymisierten Fällen zu unterstützen. Die Ausschüsse danken für den Bericht und die klare Aufarbeitung des Falles.
Anschließend beantwortet Herr Prof. Dr. Wolff die Fragen der Ausschussmitglieder. Dabei erläutert er auf Nachfrage von Herrn Miermeister, dass die Arbeit des Jugendamtes insgesamt als noch befriedigend zu bewerten sei. Sie hätte besser sein können, es habe jedoch keine Fehler gegeben. Das Jugendamt habe mit den vorhandenen Möglichkeiten das Mögliche unternommen. Herr Dieck dankt für die klare Darstellung, welche zur Beruhigung der Verwaltung und der Politik beigetragen habe. Gleichzeitig sei aber deutlich geworden, dass ein solcher Fall nie komplett auszuschließen sei, wenn eine Familie sich gegen die vorhandenen Hilfeleistungen verwehre. Dazu erläutert Herr Prof. Dr. Wolff, dass ein wichtiges Mittel, um das Risiko eines weiteren Falls zu mindern, Reflexionsgespräche der unterschiedlichen Beteiligten seien. Daneben spricht er sich für die Einrichtung einer speziellen Beschwerdemanagementstelle aus.
Herr Kaldewey verweist darauf, dass in der Vergangenheit ausgeführt worden sei, dass es keine unangekündigten Besuche gegeben habe. Heute sei jedoch ausgeführt worden, dass solche doch stattgefunden hätten. Dazu kritisiert die Landrätin, dass stets gesagt worden sei, dass auch unangekündigte Besuche stattgefunden hätten. Dies sei auch aus den Unterlagen ersichtlich.
Nachdem Herr Prof. Dr. Wolff weitere Einzelfragen zu dem Fall beantwortet hat, erläutert die Verwaltung die rechtliche Situation für das weitere Vorgehen. An einer nichtöffentlichen Sitzung des Jugendhilfeausschusses dürften nur die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses teilnehmen, nicht jedoch die übrigen Kreistagsabgeordneten. Dies ergebe sich aus § 41 Abs. 9 der Kreisordnung. In diesem Fall sei der Jugendhilfeausschuss aufgrund seiner gesetzlichen Kompetenz der einzige Ausschuss der sich mit den nichtöffentlichen Fragen befassen dürfe. Der Vorsitzende des Hauptausschusses erklärt dazu, dass er als Kreistagsabgeordneter, welcher die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses mit wähle, es als unbefriedigend empfinde, dass er weniger Rechte habe, als die vom ihm gewählten Mitglieder. Jedoch akzeptiere er die gesetzlichen Regelungen. Anschließend schließt der Vorsitzende des Hauptausschusses die Sitzung des Hauptausschusses mit Dank an alle Beteiligen. Der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses erklärt, dass die Sitzung des Jugendhilfeausschusses nach einer kurzen Unterbrechung nichtöffentlich fortgeführt werde.
Pause von 19:10 Uhr – 19:30 Uhr.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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