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ALLRIS - Auszug

13.09.2012 - 17 Bericht der Landrätin über einen Jugendhilfefal...

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Wortprotokoll

Die Landrätin berichtet zum Jugendhilfefall und drückt zunächst ihre Erschütterung aus. Dem dreijährigen Jungen und den beiden Geschwistern gehe es gut. Im Anschluss schildert sie den Sachverhalt und die konkrete räumliche Situation der Familienwohnung. Weiterhin macht sie auf den besonderen Datenschutz in diesem Fall aufmerksam.

 

In der Jugendhilfeausschusssitzung am 06.09.2012 und der Hauptausschusssitzung am 11.09.2012 sei zu dem Kinderschutzfall berichtet worden, der zurzeit in Politik, Medien und Öffentlichkeit viele Fragen aufwerfe. Beide Gremien hätten von dem Angebot, sich in  nicht-öffentlicher Sitzung weitere Details aufzeigen zu lassen, ausdrücklich keinen Gebrauch gemacht. Es sei bekannt, dass es für ein Jugendamt oberste Priorität habe, mit ihm anvertrauten Schicksalen, Sachverhalten und Daten vertrauensvoll umzugehen. Das Jugendamt müsse Tag für Tag mit Menschen in schwierigen Lebenslagen, freien Trägern, Gerichten und hoch belastetem eigenen Personal arbeiten. Nur der vertrauliche Umgang mit den vertraulichen Informationen mache diese Arbeit möglich.

 

Weiterhin hält sie folgende Kernaussagen fest:

 

  • Dem dreijährigen Kind und den übrigen Kindern gehe es gut. Körperliche Schäden seien durch die Ärzte nach der Herausnahme nicht festgestellt worden. Soweit die Kinder sich für die Aufnahme in Pflegefamilien eignen, werde zurzeit nach geeigneten Pflegestellen gesucht, damit die Kinder eine dauerhafte kontinuierliche beschützte Erziehung erfahren.
     
  • Das Hilfesystem habe nach den gesetzlichen Vorgaben und den familiengerichtlich gesetzten Rahmenbedingungen gearbeitet. Aber das Hilfeangebot habe nicht zu dem erstrebten Erfolg geführt. Ziele wären gewesen, die Eltern zu stützen, selbständig die Erziehung in die Hand zu nehmen und zugleich eine Gefährdung des Kindeswohls auszuschließen. Beide Ziele seien nicht erreicht worden.
     
  • Die Eltern hätten viel umfangreichere Hilfe erhalten können. Geeignete Träger und Finanzmittel im Budget des Jugendamtes ständen zur Verfügung. Dies sage sie auch im Hinblick auf die Öffentlichkeitswirkung der Fall-Berichte: Wer sich auf engen Kontakt zum Jugendamt einlasse, habe keinen Grund, das mit Furcht zu betrachten. Solche Eltern würden Hilfe bekommen, wie sie nötig sei, und ihre Kinder würden bei ihnen bleiben.

 

Zu den hauptsächlich gestellten Einzelfragen führt sie aus, dass die Betreuungsdichte der beiden Familienhelfer in den letzten Wochen vor dem in den Medien geschilderten erschreckenden Vorfall sehr hoch gewesen sei. Die Stundeneinsätze vor Ort in der Familie hätten nach dem jeweils kurzfristig eingeschätzten Bedarf geschwankt, wären aber relativ gleichmäßig über die Wochentage der Monate verteilt. Sie verliest den Kreistagsmitglieder die Einsätze aus Mai 2012 und Juni 2012. Alle Besuche der freien Träger seien dokumentiert.

 

Außerdem hätte die Vermieterin der Wohnung dem Jugendamt von sich aus noch einmal bestätigt, dass der Kellerraum, der nicht zur Wohnung gehöre, von den Familienhelfern nicht hätte entdeckt werden können, weil der Zugang verdeckt war.

 

Alles in allem stelle sich die Frage, ob die Einschätzung der Erziehungsfähigkeit der Eltern durch das Familiengericht aber auch durch ihre Mitarbeiterschaft, die mit dem Familiengericht zusammenarbeite, falsch war. Im Nachhinein werde man dies sagen müssen, denn aus den jetzt bruchstückhaft zusammenkommenden Informationen zeichne sich ab, dass die Eltern den Helfern ihre eigene Wirklichkeit dargestellt haben. Sie hätten im Sinne des Wortes abgeschirmt. Sie hätten versucht, sich der offensichtlich so empfundenen Belastung zu entziehen, ein kleines Kind ständig um sich zu haben, das nach Kontakt, Spiel, Bewegung usw. ruft.

 

Details über die Dauer und Häufigkeit des Eingesperrtseins des Kindes in dem Kellerraum seien nicht bekannt. An diesem Feld arbeite die Staatsanwaltschaft und Polizei.

 

Immer wieder werde nach der Zuverlässigkeit des freien Trägers und seiner Mitarbeiterschaft gefragt. Hier hätte sie bisher keinen Anlass zu zweifeln. Insbesondere sei er bereit, komplizierte Fälle zu übernehmen. Das sei nicht bei jedem Träger der Fall. Sein Auftragsvolumen beim Kreis sei so groß, dass er auf ein „Festhalten an Einzelfällen“ nicht angewiesen ist.

 

Bei dem derzeitigen Personalbestand des Jugendamtes könne es nicht anders sein, als dass vor Ort zu begleitende Fälle rasch und umfänglich in Trägerhand gegeben werden müssten. Die vorgestern im Hause abgesprochene nächste Stellenausschreibung drehe sich um 4 ½ zu besetzende sozialpädagogische Stellen aus dem laufenden Haushalt, die durch Absagen und Fluktuation frei geworden seien. Dabei spreche sie noch nicht von den Vorschlägen zum Stellen­plan 2013; auch nicht von der Frage, wie man sich personell ausstatten müsse, um die im Bericht für den Jugendhilfeausschuss am 06.09.2012 angesprochenen 20 bis 30 ständigen Problemfamilien enger durch das Jugendamt zu betreuen. Eine selbstkritische Betrachtung, die auch eindringlich im Jugendhilfeausschuss besprochen worden sei, drehe sich dabei um die Frage, wie intensiv man mit Eltern arbeiten könnte und müsste, um deren Leben und Lebenslage aufzuarbeiten, damit sie die Erziehungsaufgabe anders annehmen könnten. Der Kreis Segeberg stehe bei der Einhaltung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ im Benchmarking der Kreise gut da. Zurück zu mehr Heimunterbringung, zu mehr Pflegefamilien als voreilige Konsequenz möchte sie nicht. Das wäre auch gegen die Vorgaben des Jugendhilfeausschusses.

 

Sie sei dabei, die offenen Fragen, die sich auch ihr stellen, noch zu klären.

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