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30.08.2022: Kielexkursion des Radverkehrsbeirates


Ein nahezu vollständiges Netz von 13 Velorouten sowie der Premiumveloroute 10 inspirieren Mitglieder des Radverkehrsbeirates Segeberg auf ihrer Exkursion in die Landes- und Fahrradhauptstadt Kiel.

Eine Delegation des Radverkehrsbeirats des Kreises Segeberg besuchte unlängst die Landehauptstadt Kiel und ließ sich vom Radverkehrsbeauftragten Uwe Redecker (seit 1997 im Amt) zeigen, wie die Stadt es geschafft hat den Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr auf über 22 Prozent zu steigern.

Zum Vergleich: der Kreis Segeberg hat nur einen Anteil von ungefähr 10 Prozent!

Kiel hat sich schon zu Beginn der 90er Jahre auf den Weg zur Fahrradstadt gemacht: Seitdem gibt es einen hauptamtlichen Radverkehrsbeauftragten und im Zuge der Jahre auch ein Team von Mitarbeiter*innen, die sich hauptamtlich der Radverkehrsförderung widmen. Seit 1994 gibt es auch die erste Fahrradstraße im Land (Hansastraße), über 30 weitere folgten. Inzwischen existiert ein fast lückenloses Radwegenetz, eine große Fahrradstation am Bahnhof, ein modernes Fahrradleihsystem (Sprottenflotte), weit über 10.000 Fahrradbügel zum sicheren Fahrradparken und die Öffnung sämtlicher Einbahnstraßen für den Radverkehr.

So ist es natürlich kein Wunder, dass Kiel im jährlichen bundestweiten Fahrradklimatest immer einen der vorderen Plätze belegt (zum Vergleich: Bad Segeberg liegt regelmäßig an letzter Stelle).

Am eindrucksvollsten war allerdings Kiels neuer Premiumradweg: Die Veloroute 10.

Der auf der Trasse des ehemaligen Gütergleises West errichtete Radweg von circa 4,5 Kilometer Länge und 4 Meter Breite von Kiel-Hassee bis zur Universität und dem Holsteinstadion ist seit September 2019 fertig und lockt inzwischen täglich durchschnittlich 7.000 Radfahrer*innen zur Nutzung: Autofrei, staufrei, klimafreundlich, naturnah, entspannt und sicher.

Die Mitglieder des Radverkehrsbeirates waren begeistert von der durchgängigen Qualität des Weges, der nahezu kreuzungsfrei verläuft und auch viele Skater, Rollschuhfahrer*innen und Radfahranfänger*innen anzieht.

Dabei liegt die Velo-Rote 10 mit Kosten von circa 5 Millionen Euro deutlich unter dem für Radschnellwege üblichen Durchschnittswert von 1,5 Millionen Euro pro Kilometer.

Uwe Redecker berichtete, dass die Nutzer*innenzahlen jährlich steigen und die Kieler*innen ungeduldig auf die weitere Fortführung der Premiumroute drängen. Weitere sollen folgen.

"Man konnte – selbst bei trübem Wetter – sehen, wie gut sichere und attraktive Fahrradinfrastruktur angenommen wird, wie sie sich positiv auf das gesamte Verkehrssystem auswirkt und Lust auf mehr macht", so Zeruja Hohmeier, Radverkehrsbeauftragte des Kreises und Vorsitzende des Radverkehrsbeirates, die diese Exkursion organisiert hatte.

Und Hans-Jürgen Maass, stellvertretender Vorsitzender des Radverkehrsbeirates, sah sich bestätigt in seiner Auffassung, dass insbesondere die Führung der Route im Grünen, abseits des Autoverkehrs ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Veloroute 10 darstellt: "Man sieht allen Radfahrenden an, wie viel Spaß das Fahren hier macht: Alle sind bester Laune und entspannt."

Diese Qualität wünscht er sich auch für den geplanten Radschnellweg Hamburg - Bad Bramstedt, zu dem aktuell gerade eine Kosten-/Nutzen-Analyse erstellt wird.

Neu für die Beiratsmitglieder war auch die konsequente Verwendung der sogenannte "Piktogrammkette: Ein auf der Fahrbahn aufgemaltes Fahrrad-Piktogramm in circa 30-Meter-Abständen überall dort, wo kein baulich getrennter Radweg oder eine sogenannte "protected bikelane" möglich war, um den Autofahrer*innen deutlich zu signalisieren, dass die Fahrbahn im rücksichtsvollen Miteinander mit Radfahrer*innen geteilt wird – was erstaunlich gut funktioniert.

Nach Exkursionen nach Dänemark (Kopenhagen), die Niederlande (Utrecht) und nun Kiel zeigt sich, dass eine fahrradfreundliche Stadt beziehungsweise Region kein Hexenwerk (wohl aber viel Arbeit und ein jahrzehntelanger Prozess) ist, sondern Ergebnis professioneller Planung, klaren verkehrspolitischen Prioritäten und engagierten und beharrlichen Akteuren in Politik und Verwaltung.

Auf jeden Fall motivierten die guten Beispiele aus der Praxis die Exkursionsteilnehmer*innen sich weiterhin engagiert für mehr und besseren Radverkehr im Kreis einzusetzen, der in Zeiten der Klima- und Energiekrise wichtiger denn je ist.

30.08.2022